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Kommunale Klimakämpfe: Bahnhofswald Flensburg – Klüngel und Widerstand

Ein spannender Artikel von Hanna Poddig und Irene Thesing in der SoZ vom März 2024 über den Stand der Dinge beim Flensburger Bahnhofswald:

„Wie viele andere Städte auch versucht sich Flensburg mit repräsentativen Bauprojekten »aufzuwerten«: aktuell mit einem Bahnhofshotel samt Parkhaus. Auf dem Baugrund direkt neben dem Bahnhof stand jedoch ein kleiner Wald, der für das Millionenprojekt weichen sollte. Im Winter 2020/2021 war er für mehrere Monate besetzt, wurde dann geräumt und der sichtbarste Teil des Waldes gerodet.

Momentan besteht ein Baustopp und das zuständige Oberverwaltungsgericht hält den Bebauungsplan aller Voraussicht nach für rechtswidrig. Was mit dem Restwald passiert, ist noch unklar, denn kommunale Akteure und Investoren haben weiterhin Interesse, Hotel und Parkhaus zu bauen. Der bisherige Konflikt um das Wäldchen bestätigt zahlreiche Klischees über Kommunalpolitik und Bauwirtschaft, wie sie mutmaßlich in vielen Städten zu finden sind. …“ Weiterlesen hier: https://www.sozonline.de/2024/03/kommunale-klimakaempfe/

Dritter Jahrestag des Ratsbeschlusses zum Hotelprojekt am Flensburger Bahnhofswald

Bahnhofswald im September 2019: Das Flensburger Naturhabitat beherbergte unter anderem über 140 Jahre alte Bäume und geschützte Fledermäuse.  – Foto: Marco Johns

Am 25. Juni 2020 stimmte die Flensburger Ratsversammlung mehrheitlich für das Hotelprojekt am Bahnhofswald. Am 26. Mai 2023 hat das Oberverwaltungsgericht Schleswig (OVG) in einem Eilverfahren die Beschwerden der Stadt Flensburg und des Investors gegen eine Verfügung eines Baustopps des geplanten Intercity-Hotels durch das Verwaltungsgericht am 18 Juli 2022 nicht nur als unbegründet zurückgewiesen, sondern gleichzeitig schon vor dem Hauptverfahren seine „durchgreifenden Zweifel“ an der Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans geäußert.

Angesichts des Beschlusses des Oberwaltungsgerichts möchten wir den interessierten LeserInnen deshalb nochmal einen Beitrag von Jörg Pepmeyer vom 4. Juli 2020 zum Ablauf der Ratsversammlung, der Debatte und dem Abstimmungsverhalten der Fraktionen in Erinnerung rufen. Bereits im Bauleitverfahren für den zum Hotelprojekt zugehörigen Bebauungsplan „Hauptpost“ (303) hatten die BI Bahnhofsviertel Flensburg und Naturschutzverbände, wie der BUND und der NABU ihre fachlich sehr gut begründeten Zweifel und Bedenken hinsichtlich eines ausreichenden Schutzes des Bahnhofswalds als ökologisch wichtiges Biotop und Habitat vorgetragen. Und viele dieser Zweifel zum Arten- und Biotopschutz teilt auch das OVG in seiner umfangreichen, 34-seitigen Begründung zum aktuellen Baustopp-Beschluss.  Daher können die beteiligten Kommunalpolitiker jetzt nicht behaupten, ihnen sei bei ihrer Entscheidung für das Projekt nicht klar gewesen, auf was sich sie sich möglicherweise einlassen und welche Folgen dies haben könnte. Das betrifft nicht nur die unnötige Rodung und gewaltsame Räumung des besetzten Baugeländes am 21. Februar 2021, sondern insbesondere auch die Gefahr millionenschwerer Regressansprüche der beiden Hotelinvestoren Jan Duschkewitz und Ralf Hansen an die Stadt Flensburg, sollte auch im Hauptverfahren durch das Verwaltungsgericht festgestellt werden, dass der Bebauungsplan Hauptpost (303) und die Baugenehmigung für das Hotelprojekt angesichts der umweltrechtlichen Verstöße und Versäumnisse insgesamt rechtswidrig sind und somit nicht umgesetzt werden können. Untenstehend nun der angekündigte Beitrag:

Ratsversammlung stimmt für Hotelprojekt am Bahnhofswald

Auch Grüne stimmen mehrheitlich für den Bebauungsplan Hauptpost und damit für das Ende des Bahnhofswalds

Ein Beitrag von Jörg Pepmeyer

4. Juli 2020

Bevor es untenstehend zu einem Bericht über die Sitzung der Ratsversammlung am 25.06.2020 geht, vorab das Abstimmungsergebnis: Die Beschlussvorlage zum Satzungsbeschluss über den B-Plan Hauptpost (303 ), Hotel- und Parkhausprojekt am Bahnhofswald,  wurde mit 17 gegen 9 Stimmen ohne Enthaltung angenommen. Die Ja-Stimmen kamen von CDU, FDP, SPD (jeweils alle), Grüne (3), SSW (1), die Nein-Stimmen von WiF, Linke, Flensburg Wählen (jeweils alle), SSW (3), Grüne (1).  Ein Ergänzungsantrag von Flensburg Wählen! wurde mehrheitlich abgelehnt.
Die Bürgerinitiative Bahnhofsviertel Flensburg hat bereits angekündigt gegen den Satzungsbeschluss juristisch vorzugehen.

Einwohnerfragestunde: Keine Antworten auf eindeutige Fragen

Bereits in der Einwohnerfragestunde gab es mehrere Fragen von Bürger*innen zum Thema Hotelprojekt am Bahnhofswald, die von der Leiterin der städtischen Planungsabteilung, Claudia Takla Zehrfeld beantwortet wurden. Dabei wurde die besondere ökologische Bedeutung des Bahhofswaldes als innenstadtnahes Biotop von ihr heruntergespielt und konnten die Antworten die Bedenken und Zweifel der Fragestellenden an dem Bauvorhaben auch nicht annähernd ausräumen. Und auf die Frage, ob und welche Ratsmitglieder sich überhaupt vor Ort informiert hätten, gab es keine oder besser gesagt eine überaus lässige Antwort von Claudia Takla Zehrfeld. Für die Entscheidung der Kommunalpolitiker*innen lägen ausreichend Expertisen und Gutachten vor, die sähen aber keine ökologische Bedenklichkeit des geplanten Hotelprojektes angesichts der vorgelegten Planungen und Ausgleichsmaßnahmen. Anderereseits wurden die zahlreichen kritischen Stellungnahmen der Umweltverbände und der unteren Naturschutzbehörde von ihr noch nicht mal erwähnt. Die Frage, welche Kommunalpolitiker*innen denn nun das betreffende Gebiet tatsächlich in Augenschein genommen hätten, konnte oder wollte Claudia Takla Zehrfeld ebensowenig beanworten.

Mangelhafte Beteiligungsverfahren und Demokratiedefizit: Oberbürgermeisterin wehrt sich gegen Vorwürfe von Bürgerinitiativen

Anschließend nahm Oberbürgermeisterin Simone Lange die Sitzung zum Anlass, um von der Bürgerinitiative Flensburger Hafen eine öffentliche Entschuldigung zu fordern. Die Bürgerinitiative hatte in einer Broschüre das Verfahren der Bürgerbeteilung zum Hafen-Ost scharf kritisiert und insbesondere einen Mitarbeiter des städtischen Sanierungsträgers direkt angegriffen. Allerdings hatten mehrere Bürgerinitiativen, darunter auch die Bürgerinitiative Bahnhofsviertel Flensburg einen Tag vor der Ratsversammlug in einem Offenen Brief an Simone Lange und Stadtpräsident Hannes Fuhrig eine ähnliche Kritik an den Bügerbeteiligungsverfahren der Stadt formuliert und ein massives Demokratiedefizit konstatiert, jedoch von persönlichen Angriffen abgesehen. Die Initiativen hatten in dem Brief ebenso Simone Lange und Hannes Fuhrig um ein Gespräch gebeten. Simone Lange hat sich bereit erklärt, sich nach ihrem Urlaub im Juli mit den Vertreter*innen der Bürgerinitiativen zu treffen.

Die im Offenen Brief formulierte Kritik war auch in der Debatte zum Hotelprojekt am Bahnhofswald Thema. Man solle doch in die Parteien gehen und dort mitarbeiten oder gleich selber eine Partei gründen, war der wenig konstruktive Vorschlag von einigen Ratsmitgliedern. Dass aber viele Bürger*innen und zivilgesellschaftliche Akteur*innen partout ohne sich einer Partei anschließen zu wollen, ein Mehr an Demokratie in der Stadt und zusätzliche Mitwirkungs-, Mitsprache- und Anhörungsrechte fordern, wie es die schleswig-holsteinische Gemeindeordnung ausdrücklich vorsieht, das ist vielen Mitgliedern der Ratsparteien sichtlich lästig, fürchten sie offensichtlich um ihren politischen Geltungs- und Machtanspruch. Das zeigte vor einigen Wochen exemplarisch ja auch die Diskussion zur neuen Geschäftsordnung der Ratsversammlung. Anders ausgedrückt, viele Menschen trauen aufgrund ihrer schlechten Erfahrungen den Parteien einfach nicht mehr.

Hotelprojekt am Bahnhofswald: Argumente, Bedenken und Zweifel der Bürger*innen werden nicht ernstgenommen

Die Debatte in der Ratsversammlung um das Hotelprojekt an der Hauptpost war vor allem durch die Verharmlosung der ökologischen Folgen für den Bahnhofswald und der Bedenken der Anlieger*innen der Schleswiger Straße gekennzeichnet. Natürlich durfte das Totschlagsargument „Arbeitsplätze“ ebensowenig fehlen, wurde die ökonomische und städtebauliche Wichtigkeit des Projekts für die Stadt und das Bahnhofsviertel enorm aufgeblasen. Dabei wäre Platz genug auf der anderen Seite des Carlisle-Parks am Mühlendamm. Das  erinnerte stark an die Debatte um das Bauvorhaben von Gerd Theilen und Hermann Höft am Rathaus (ebenfalls ein Hotelprojekt), bei dem seit über acht Jahren Stillstand herrscht.

Hubert Ambrosius von der WiF sprach sich in seinem sehr gut formulierten Beitrag grundsätzlich gegen das Projekt aus, benannte sehr umfänglich die ökologischen Risiken und erläuterte die Bedenken und Befürchtungen der Anlieger*innen und die Gefahr von Hangrutschungen, falls man das im Bebauungsplan vorgesehene Gebiet entwaldet. Daran schloss sich die Frage an, wer dann für die Schäden haftbar gemacht würde.

Siegmund Pfingsten vom SSW machte ebenfalls auf die Bedenken und Expertise des Naturschutzbeirats aufmerksam, er möchte den Wald erhalten, wünscht sich aber, dass das Hotelprojekt in anderer Form realisiert werden kann.

Feuchtbiotop mit Quelle im Bahnhofswald. Ursprünglich führte sogar eine Bach durch das Gebiet, der später verrohrt wurde. – Foto: Dr. Helmreich Eberlein

Grüne mit hilflosem Versuch der Schadensbegrenzung

Wenig überzeugend war der das Hotelprojekt über den Klee lobende Beitrag von Clemens Schmidt von den Grünen. Die waren mit vier Ratsmitgliedern auf der Sitzung vertreten, jedoch allesamt Befürworter*innen des Bauvorhabens an der Hauptpost. Clemens Schmidt stimmte trotzdem als einziger gegen die Beschlussvorlage, um, wie er es sinngemäß formulierte, die Meinungsvielfalt in den Grünen zu diesem Thema abzubilden. Das war zwar dann eine nette Alibi-Kosmetik, aber an der Tatsache, dass die Grünen mehrheitlich in der Abstimmung ihre Hand für das Ende des Bahnhofswalds hoben, ändert das natürlich nichts. Wie formulierte Theodor W. Adorno so schön: „Es gibt kein richtiges Leben im falschen.“

Auch LINKE-Ratsfrau Gabi Ritter machte ihre Ablehnung gegen das Projekt deutlich. Es werde sich über die Bedenken der Anwohner*innen hinweggesetzt und sie stellte wütend fest: „Wir bedienen, bedienen und bedienen die Investoren!“. Das Misstrauen in der Bevölkerung sitze tief. Zugleich kritisierte sie die Intervention von Oberbürgermeisterin Simone Lange zugunsten der Investoren beim Umweltministerium in Kiel, nachdem die untere Naturschutzbehörde in Flensburg Naturschutzgründe gegen das Projekt geltend gemacht hatte. Den Vorwurf von Gabi Ritter verbat sich zwar Simone Lange, allerdings gibt es zu diesem Vorgang einen ausführlich dokumentierten Schriftverkehr, der erhebliche Fragen aufwirft. (Der liegt auch der Redaktion des AKOPOL-Blogs vor)

Auch wenn Marc Paysen von Flensburg Wählen! zum Prügelknaben und zur Projektionsfläche zahlreicher Ratsmitglieder geworden ist, war sein Beitrag sehr vernünftig. Er kritisierte, dass es im Rahmen des B-Plans Hauptpost überhaupt keine angemessene Gesamtplanung für das Bahnhofsumfeld und -viertel gibt. Einzelvorhaben von Investoren würden genehmigt, ohne das Ganze im Auge oder ein städtebauliches Konzept zu haben. Dabei biete das Gebiet mit seinen großen Brachflächen die Chance auf die Entwicklung eines völlig neuen Stadteils. Darüber mache man sich aber in der Planungsabteilung und Politik keine Gedanken und überlasse diese eigentlich öffentliche Aufgabe kapitalkräftigen Investoren.

Auf Erfahrung und Wissen der Bürg*innen wird nur Wert gelegt, wenn es den Parteien und ihren Interessengruppen nützt

Zudem zeigte sich nicht nur an den Beiträgen zum Thema Bahnhofswald, dass viele Ratsmitglieder das bürgerschaftliche Engagement vieler Menschen nur dann schätzen, wenn sie es für ihre eigenen parteipolitischen Zwecke oder die Ziele ihrer jeweiligen Interessengruppe nutzen können. Ein wirklich ergebnisoffener Diskurs, bei dem sie sich kritischen Fragen und der Expertise der Bürger*innen stellen müssen, wird von ihnen gemieden. Geantwortet wird auf Kritik und Fragen häufig mit nichtssagenden, rhetorischen Phrasen.

Eine größere Bereitschaft der Kommunalpolitiker*innen, den Dingen bei strittigen Angelegenheiten selbst auf den Grund zu gehen und sich mit den Bürger*innen ein eigenes Bild über deren Argumente und Anliegen zu machen, wäre außerordentlich wünschenswert. Stattdessen wird sich meistens auf die Versprechungen von Investoren und auf städtische Stellungnahmen und Gutachten verlassen, die aus Zeitmangel oft gar nicht gelesen werden. Und am Ende vertrauen viele Ratsmitglieder bei ihrer Entscheidung vor allem auf die Empfehlung der Verwaltung oder einer beteiligten Interessengruppe.

Mit dieser Haltung sind Konflikte mit den Bürger*innen geradezu vorprogrammiert, verlieren die kommunale Demokratie und ihre Institutionen an Glaubwürdigkeit und Akzeptanz. Angesichts der sich in den nächsten Monaten verschärfenden wirtschaftlichen und sozialen Krise, zu deren Bewältigung die Erfahrung und das Wissen aller Bürger*innen benötigt wird, ist das überaus bedenklich.

Als abschließendes Resümee zur Entscheidung für das Hoteprojekt und im Abstand von drei Jahren der folgende Stadtblog-Beitrag vom 31. Mai 2023 mit einem Auftrag an die neu gewählte Ratsversammlung:

Baustopp am Bahnhofswald: Klüngel, Überheblichkeit, Ignoranz und die Rathaus-Blase

Tatort Bahnhofswald am 14. Juli 2022: Die Reste des Quellbiotops werden abgebaggert. – Foto: Günter Strempel

Es muss sich grundlegend etwas in Flensburg ändern!

Ein Beitrag von Jörg Pepmeyer

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts zum Baustopp des Hotelprojekts am Bahnhofswald vom 26. Mai ist geradezu eine Ohrfeige für die Stadt Flensburg und die mit dem Hotelprojekt befassten Fachabteilungen der Stadtverwaltung, wie auch für die Kommunalpolitiker, die dem Projekt in den Ausschüssen und der Ratsversammlung ihren Segen gaben. Denn ein Investor, wie aber auch die interessierte Öffentlichkeit müssen sich darauf verlassen können, dass ein städtischer Bebauungsplan und eine Baugenehmigung für ein geplantes Bauprojekt den Normen entspricht und rechtssicher aufgestellt ist. Offenbar gibt es beim Bebauungsplan Hauptpost (303) erhebliche Zweifel daran, wie das Oberverwaltungsgericht mit seinem Beschluss deutlich macht.

Überforderung oder Absicht?

 

 

Dass die Stadt Flensburg und ihre Planungsabteilung sich jetzt auf Regressforderungen seitens der Investoren einstellen müssen, falls das Verwaltungsgericht im Hauptverfahren  ebenfalls zum gleichen Schluss kommt, was sehr wahrscheinlich ist, vermittelt den Eindruck einer nicht nur mit diesem Projekt und seinen Fallstricken völlig überforderten und kopflosen Verwaltungsabteilung.

Völlig unnötig: Räumung und Rodung des Bahnhofswalds am 19. Februar 2021. Polizisten und angeheuerte private Sicherheitsleute gehen gegen Baum-Besetzer vor. – Foto: Jörg Pepmeyer

Das und den die Stadtgesellschaft spaltenden Konflikt um das Hotelvorhaben, mitsamt Besetzung und polizeilicher Räumung des Bahnhofswalds, hätte man sich bei einer entsprechenden sorgfältigeren Prüfung der umweltrechtlichen Bedenken und Einwände und bei einer vorsichtigeren politischen Herangehensweise ersparen können. Und dass die meisten Kommunalpolitiker kritiklos die Verwaltungsvorlagen abgewunken haben, ohne sich die Mühe zu machen, sich selber vor Ort zu informieren und sachkundig zu machen, ist kein gutes Zeichen. Sollen sie doch in den politischen Gremien auch das Handeln der Verwaltung gewissenhaft kontrollieren.

Kritisches Nachfragen der Politik und Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft auf Augenhöhe sind notwendig

Wenn sich jetzt einzelne Kommunalpolitiker aus der Deckung herauswagen und sich in den sozialen Medien darauf berufen, es habe ja entsprechende Gutachten gegeben, die die umweltrechtliche Problematik des Hotelvorhabens und die damit verbundenen Eingriffe in den Bahnhofswald als gering einschätzen, ist das eine faule Ausrede. Welche „Gutachten“? Etwa jene, die die Verwaltung oder die ihr zugehörige und weisungsgebundene untere Naturschutzbehörde im Rathaus selber erstellt haben? Das ist lächerlich. Die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen anderer und kritischer Gutachten wurden kaum bis gar nicht in der politischen Debatte und den Planungen für das Hoteprojekt berücksichtigt oder unzulässig verkürzt und relativiert. Das gilt ebenso für die von den Naturschutzverbänden vorgetragenen Bedenken und fachlich sehr gut begründeten Zweifel hinsichtlich eines ausreichenden Schutzes des Bahnhofswalds mitsamt der Quelle als ökologisch wichtiges Biotop und Habitat. Und viele dieser Zweifel zum Arten- und Biotopschutz teilt auch das OVG in seiner Begründung zum Baustopp-Beschluss.

Überheblich und unverschämt: Verwaltung, Politik und Investoren vs. Zivilgesellschaft

Die Kritik der Umweltschützer interessierte in der Politik und der Stadtverwaltung so gut wie keinen und ebenso wenig die damalige Oberbürgermeisterin. Und die verletzende Überheblichkeit und Ignoranz der verantwortlichen Verwaltungsmitarbeiter und Fachbereichsleiter, wie auch zahlreicher Kommunalpolitiker gegenüber den zivilgesellschaftlichen Akteuren und ihren Argumenten, war vor allem in den Sitzungen der politischen Gremien geradezu greifbar. Die wirtschaftlichen Interessen der beiden stadtbekannten und gut vernetzten Investoren Jan Duschkewitz und Ralf Hansen galt es offensichtlich zügig zu bedienen, da störten kritische Umweltschützer nur und wurden als ewig nörgelnde Fortschrittsverweigerer denunziert. Dumm nur, dass die jetzt trotz allem einen Sieg auf ganzer Linie errungen haben.

Durchsichtige Strategie von Stadt und Investoren zur Abwendung des völligen Projekt-Aus

 

Tatort Bahnhofswald am 14. Juli 2022: Abschließende Begutachtung durch Jan Duschkewitz und Mitarbeiter der Abbruchfirma – Foto: Claus Kühne

Und bevor ein von beiden Seiten, also BI Bahnhofsviertel, BUND SH und Investoren benannter unabhängiger Gutachter zum Thema Sickerquelle wie vereinbart seine Arbeit aufnehmen konnte, haben Jan Duschkewitz und Ralf Hansen illegal am 14. Juli 2022 auf dem Baugelände vollendete Tatsachen schaffen lassen. Damit war ein wesentlicher Beweis für die Existenz einer Quelle zumindest temporär erstmal vernichtet.

Trotz aller Krokodilstränen der Stadt über dieses Vorgehen war ihr das offenbar recht. Denn wenn der Gutachter die bereits vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) Anfang August 2020 kartierte und unter Biotopschutz gestellte Quelle bzw. eine Sickerquelle im Bahnhofswald bestätigt hätte, wäre das auch für die Stadt zu einem echtem Problem geworden.

Die wird sich daher mit Zähnen und Klauen auch in der Hauptverhandlung vor dem Verwaltungsgericht dagegen wehren, dass ihr „Bebauungsplan Hauptpost (303)“ und die Baugenehmigung wegen grundlegender umweltrechtlicher Verstöße und Versäumnisse zerlegt und endgültig für rechtsunwirksam erklärt werden. Neben der damit verbundenen Blamage könnten dann nämlich die Hotel-Investoren, wie bereits erwähnt, die Stadt auf Regress verklagen, und das dürfte sehr teuer werden. Und wahrscheinlich werden sie dann versuchen, weil auf dem Gelände kein Bauvorhaben mehr möglich ist, die Stadt gerichtlich auch auf Rückabwicklung des Kaufs der beiden Flurstücke an der Bahnhofstraße zu zwingen.

Kommunalpolitiker und Verwaltung dürfen sich nicht zu einseitigen Sachwaltern von Investoreninteressen machen

Wie naiv, intellektuell limitiert und/oder investorenfreundlich muss man daher als Kommunalpolitiker sein, wenn man diese Zusammenhänge nicht durchschaut oder bewusst ausblendet und blindlings der Argumentation der Stadt, der Rechtsabteilung des Rathauses und der Leiterin der Planungsabteilung vertraut, die ernsthaft behauptete, bei der Quelle handele es sich lediglich um eine „Pfütze“? Wo bleibt da der prüfende und gesunde Menschenverstand?

Nur eine Pfütze? Sickerquelle mit neuem Bewuchs auf dem abgeräumten Gelände am Bahnhofswald – Foto: Jörg Pepmeyer, 28. Mai 2023

 

Umso mehr sollte die neue Ratsversammlung das Thema noch mal in aller Tiefe beleuchten, das Verwaltungshandeln besonders kritisch unter die Lupe nehmen und sich dazu mit der 34 Seiten umfassenden Begründung des OVG-Beschlusses vom 26. Mai intensiv auseinandersetzen. Damit werden den Kommunalpolitikern hoffentlich die Augen geöffnet.

Und Oberbürgermeister Fabian Geyer sollte sich dringenst über notwendige, fachbereichsübergreifende Personalumbesetzungen in der Stadtverwaltung Gedanken machen.

Gleichzeitig braucht es eine grundsätzlich andere Haltung und Einstellung von Politik und den Verantwortlichen in der Verwaltung gegenüber den Akteuren der Zivilgesellschaft, schließlich sind sie mit ihrem Engagement und ihrer Expertise ein außerordentlich wichtiger Motor für Veränderung und die Demokratie in unserem Land.

Offener Brief der BI Bahnhofsviertel am 16. Juni 2023 an den Oberbürgermeister Dr. Fabian Geyer, die Leiterin der Planungsabteilung Claudia Takla-Zehrfeld und die Mitglieder der Flensburger Ratsversammlung

Ein Gericht spricht Klartext – Sie aber schweigen

Nachdem das Oberverwaltungsgericht mit seinem Beschluss vom 26. Mai den Baustopp für das geplante Intercity-Hotel am Bahnhof Flensburg bis zum Hauptverfahren bestätigt  und gleichzeitig Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans hat, steht die Zukunft des Hotelprojekts und Baugeländes nun in den Sternen.  Aus diesem Grund hat die Bürgerinitiative Bahnhofsviertel einen Offenen Brief vom 16. Juni 2023 an den Oberbürgermeister Dr. Fabian Geyer, die Leiterin der Planungsabteilung Claudia Takla-Zehrfeld und die Mitglieder der Flensburger Ratsversammlung adressiert:

Flensburger Bahnhofswald: Sickerquelle trotzt städtischem Dementi

Fotos vom 28. Mai dokumentieren Wasseraustritt auf breiter Fläche

Ein Beitrag mit Fotos von Jörg Pepmeyer

Im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts zum Baustopp des Hotelprojekts am Bahnhofswald vom 26. Mai und insbesondere in der 34-seitigen Begründung zum Beschluss macht das Gericht erhebliche Zweifel hinsichtlich eines ausreichenden Schutzes des Bahnhofswalds mitsamt der Quelle als ökologisch wichtiges Biotop und Habitat deutlich. Die Existenz einer Quelle bestreitet jedoch die Stadt Flensburg bis heute. Dabei hatte bereits das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) Anfang August 2020 eine Quelle kartiert und unter Biotopschutz gestellt. Die Leiterin der Flensburger Planungsabteilung behauptete sogar, es handle sich hierbei ledich um eine „Pfütze“.

Offensichtlich haben die Rodungs- und Erdarbeiten in dem Arreal  dafür gesorgt, dass sich der Wasseraustritt  verstärkt hat. Die Sandfläche auch im weiteren Umfeld des Quellgebiets war beim Fototermin am 28. Mai trotz einer zweiwöchigen Regenpause sogar so feucht, dass man aufpassen musste, nicht knöcheltief einzusinken. Ebenso haben sich bereits wasserliebende Pflanzen angesiedelt.

Und auf dem Foto mit dem Wasserablauf Richtung Postparkplatz sind bei einer  Vergrößerung lauter kleine Ahorn- wie auch einzelne Weidensämlinge zu erkennen, zwischen 5 und 6 Zentimetern hoch. Die ganze Fläche ist förmlich übersät damit. Diese Baumsämlinge  brauchen zu Beginn ihres Wachstums ordentlich Wasser, was sie offensichtlich ausreichend haben. Würde die Fläche nicht gestört, würden in spätestens vier bis fünf Jahren überall kleine Bäumchen wachsen und irgendwann später mal wieder ein Wald entstehen. Dazu die untenstehenden Fotos vom 28. Mai 2023:

Nur eine Pfütze?  Sickerquelle mit neuem Bewuchs auf dem abgeräumten Gelände am Bahnhofswald

Quellgebiet mit großflächigem Wasseraustritt

Wasserliebende Vegetation im Umfeld der Sickerquelle

Wasserablauf des Quellgebiets Richtung Postparkplatz. Bei einer  Vergrößerung des Fotos (Doppelklick) sind lauter kleine Ahorn- wie auch einzelne Weidensämlinge zu erkennen

Bahnhofswald im Mai 2020: Ehemaliges Quellgebiet und Feuchtbiotop. Ursprünglich führte sogar eine Bach durch das Gebiet, der später verrohrt wurde. Nach Ansicht der Stadt Flensburg nicht schützenswert. Das sah das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) vollkommen anders und stellte  Anfang August 2020 das Quellgebiet unter gesetzlichen Biotopschutz Foto: Dr. Helmreich Eberlein

Baustopp am Bahnhofswald: Klüngel, Überheblichkeit, Ignoranz und die Rathaus-Blase

Tatort Bahnhofswald am 14. Juli 2022: Die Reste des Quellbiotops werden abgebaggert. – Foto: Günter Strempel

Es muss sich grundlegend etwas in Flensburg ändern!

Ein Beitrag von Jörg Pepmeyer

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts zum Baustopp des Hotelprojekts am Bahnhofswald vom 26. Mai ist geradezu eine Ohrfeige für die Stadt Flensburg und die mit dem Hotelprojekt befassten Fachabteilungen der Stadtverwaltung, wie auch für die Kommunalpolitiker, die dem Projekt in den Ausschüssen und der Ratsversammlung ihren Segen gaben. Denn ein Investor, wie aber auch die interessierte Öffentlichkeit müssen sich darauf verlassen können, dass ein städtischer Bebauungsplan und eine Baugenehmigung für ein geplantes Bauprojekt den Normen entspricht und rechtssicher aufgestellt ist. Offenbar gibt es beim Bebauungsplan Hauptpost (303) erhebliche Zweifel daran, wie das Oberverwaltungsgericht mit seinem Beschluss deutlich macht.

Überforderung oder Absicht?

Völlig unnötig: Räumung und Rodung des Bahnhofswalds am 19. Februar 2021. Polizisten und angeheuerte private Sicherheitsleute gehen gegen Baum-Besetzer vor. – Foto: Jörg Pepmeyer

Dass die Stadt Flensburg und ihre Planungsabteilung sich jetzt auf Regressforderungen seitens der Investoren einstellen müssen, falls das Verwaltungsgericht im Hauptverfahren  ebenfalls zum gleichen Schluss kommt, was sehr wahrscheinlich ist, vermittelt den Eindruck einer nicht nur mit diesem Projekt und seinen Fallstricken völlig überforderten und kopflosen Verwaltungsabteilung.

Das und den die Stadtgesellschaft spaltenden Konflikt um das Hotelvorhaben, mitsamt Besetzung und polizeilicher Räumung des Bahnhofswalds, hätte man sich bei einer entsprechenden sorgfältigeren Prüfung der umweltrechtlichen Bedenken und Einwände und bei einer vorsichtigeren politischen Herangehensweise ersparen können. Und dass die meisten Kommunalpolitiker kritiklos die Verwaltungsvorlagen abgewunken haben, ohne sich die Mühe zu machen, sich selber vor Ort zu informieren und sachkundig zu machen, ist kein gutes Zeichen. Sollen sie doch in den politischen Gremien auch das Handeln der Verwaltung gewissenhaft kontrollieren.

Kritisches Nachfragen der Politik und Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft auf Augenhöhe sind notwendig

Wenn sich jetzt einzelne Kommunalpolitiker aus der Deckung herauswagen und sich in den sozialen Medien darauf berufen, es habe ja entsprechende Gutachten gegeben, die die umweltrechtliche Problematik des Hotelvorhabens und die damit verbundenen Eingriffe in den Bahnhofswald als gering einschätzen, ist das eine faule Ausrede. Welche „Gutachten“? Etwa jene, die die Verwaltung oder die ihr zugehörige und weisungsgebundene untere Naturschutzbehörde im Rathaus selber erstellt haben? Das ist lächerlich. Die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen anderer und kritischer Gutachten wurden kaum bis gar nicht in der politischen Debatte und den Planungen für das Hoteprojekt berücksichtigt oder unzulässig verkürzt und relativiert. Das gilt ebenso für die von den Naturschutzverbänden vorgetragenen Bedenken und fachlich sehr gut begründeten Zweifel hinsichtlich eines ausreichenden Schutzes des Bahnhofswalds mitsamt der Quelle als ökologisch wichtiges Biotop und Habitat. Und viele dieser Zweifel zum Arten- und Biotopschutz teilt auch das OVG in seiner Begründung zum Baustopp-Beschluss.

Überheblich und unverschämt: Verwaltung, Politik und Investoren vs. Zivilgesellschaft

Die Kritik der Umweltschützer interessierte in der Politik und der Stadtverwaltung so gut wie keinen und ebenso wenig die damalige Oberbürgermeisterin. Und die verletzende Überheblichkeit und Ignoranz der verantwortlichen Verwaltungsmitarbeiter und Fachbereichsleiter, wie auch zahlreicher Kommunalpolitiker gegenüber den zivilgesellschaftlichen Akteuren und ihren Argumenten, war vor allem in den Sitzungen der politischen Gremien geradezu greifbar. Die wirtschaftlichen Interessen der beiden stadtbekannten und gut vernetzten Investoren Jan Duschkewitz und Ralf Hansen galt es offensichtlich zügig zu bedienen, da störten kritische Umweltschützer nur und wurden als ewig nörgelnde Fortschrittsverweigerer denunziert. Dumm nur, dass die jetzt trotz allem einen Sieg auf ganzer Linie errungen haben.

Durchsichtige Strategie von Stadt und Investoren zur Abwendung des völligen Projekt-Aus

Tatort Bahnhofswald am 14. Juli 2022: Abschließende Begutachtung durch Jan Duschkewitz und Mitarbeiter der Abbruchfirma – Foto: Claus Kühne

Und bevor ein von beiden Seiten, also BI Bahnhofsviertel, BUND SH und Investoren benannter unabhängiger Gutachter zum Thema Sickerquelle wie vereinbart seine Arbeit aufnehmen konnte, haben Jan Duschkewitz und Ralf Hansen illegal am 14. Juli 2022 auf dem Baugelände vollendete Tatsachen schaffen lassen. Damit war ein wesentlicher Beweis für die Existenz einer Quelle zumindest temporär erstmal vernichtet.

Trotz aller Krokodilstränen der Stadt über dieses Vorgehen war ihr das offenbar recht. Denn wenn der Gutachter die bereits vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) Anfang August 2020 kartierte und unter Biotopschutz gestellte Quelle bzw. eine Sickerquelle im Bahnhofswald bestätigt hätte, wäre das auch für die Stadt zu einem echtem Problem geworden.

Die wird sich daher mit Zähnen und Klauen auch in der Hauptverhandlung vor dem Verwaltungsgericht dagegen wehren, dass ihr „Bebauungsplan Hauptpost (303)“ und die Baugenehmigung wegen grundlegender umweltrechtlicher Verstöße und Versäumnisse zerlegt und endgültig für rechtsunwirksam erklärt werden. Neben der damit verbundenen Blamage könnten dann nämlich die Hotel-Investoren, wie bereits erwähnt, die Stadt auf Regress verklagen, und das dürfte sehr teuer werden. Und wahrscheinlich werden sie dann versuchen, weil auf dem Gelände kein Bauvorhaben mehr möglich ist, die Stadt gerichtlich auch auf Rückabwicklung des Kaufs der beiden Flurstücke an der Bahnhofstraße zu zwingen.

Kommunalpolitiker und Verwaltung dürfen sich nicht zu einseitigen Sachwaltern von Investoreninteressen machen

Wie naiv, intellektuell limitiert und/oder investorenfreundlich muss man daher als Kommunalpolitiker sein, wenn man diese Zusammenhänge nicht durchschaut oder bewusst ausblendet und blindlings der Argumentation der Stadt, der Rechtsabteilung des Rathauses und der Leiterin der Planungsabteilung vertraut, die ernsthaft behauptete, bei der Quelle handele es sich lediglich um eine „Pfütze“? Wo bleibt da der prüfende und gesunde Menschenverstand?

Nur eine Pfütze? Sickerquelle mit neuem Bewuchs auf dem abgeräumten Gelände am Bahnhofswald – Foto: Jörg Pepmeyer, 28. Mai 2023

Umso mehr sollte die neue Ratsversammlung das Thema noch mal in aller Tiefe beleuchten, das Verwaltungshandeln besonders kritisch unter die Lupe nehmen und sich dazu mit der 34 Seiten umfassenden Begründung des OVG-Beschlusses vom 26. Mai intensiv auseinandersetzen. Damit werden den Kommunalpolitikern hoffentlich die Augen geöffnet.

Und Oberbürgermeister Fabian Geyer sollte sich dringenst über notwendige, fachbereichsübergreifende Personalumbesetzungen in der Stadtverwaltung Gedanken machen.

Gleichzeitig braucht es eine grundsätzlich andere Haltung und Einstellung von Politik und den Verantwortlichen in der Verwaltung gegenüber den Akteuren der Zivilgesellschaft, schließlich sind sie mit ihrem Engagement und ihrer Expertise ein außerordentlich wichtiger Motor für Veränderung und die Demokratie in unserem Land.

Baustopp am Flensburger Bahnhofswald: Stellungnahme des BUND SH zum Beschluss des Oberverwaltungsgerichts

Aktuell: Sickerquelle und sich neu bildendes Feuchtbiotop auf dem abgeräumten Gelände am  ehemaligen Bahnhofswald. Das Wasser läuft in einem breiten Streifen auf den oben zu sehenden Parkplatz. – Foto Günter Strempel, 25. Mai 2023.

Flensburger Bahnhofswald gerettet?

  • Oberverwaltungsgericht bestätigt Baustopp für das geplante Intercity-Hotel am Bahnhof Flensburg bis zum Hauptverfahren

  • Das Gericht hat seine „durchgreifenden Zweifel“ an der Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans geäußert

Flensburg. Am 26. Mai hat das Oberverwaltungsgericht Schleswig (OVG) in einem Eilverfahren die Beschwerden der Stadt Flensburg und des Investors gegen eine Verfügung eines Baustopps des geplanten Intercity-Hotels nicht nur als unbegründet zurückgewiesen, sondern gleichzeitig schon vor dem Hauptverfahren seine „durchgreifenden Zweifel“ an der Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans geäußert.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Schleswig-Holstein e.V. (BUND SH) hatte gegen die im Januar 2021 erteilte Baugenehmigung der Stadt Flensburg zum Bebauungsplan Nr. 303 „Hauptpost“ im November 2021 Klage eingereicht und damit einen vorläufigen Baustopp bewirkt. Da der Projektträger JARA Immobilien GmbH trotzdem illegalerweise mit massiven Erdarbeiten im Bereich des Baufeldes begann, war der BUND SH gezwungen beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht, um einen einstweiligen Rechtsschutz nachzusuchen. Dem folgte das OVG damals und verfügte umgehend eine Baustilllegung. Dagegen legten die Stadt Flensburg sowie JARA am 25. Juli 2022 Beschwerde ein, über die das OVG nun in seinem richtungsweisenden Urteil verfügte.

Denn nach Ansicht des Gerichts ist voraussichtlich schon die zugrundeliegende Bauleitplanung der Stadt Flensburg aus verschiedenen Gründen unwirksam. Im Vordergrund stehen Verstöße gegen den gesetzlichen Biotop- und Artenschutz sowie eklatante Abwägungsfehler. Unabhängig davon erweise sich die angefochtene Baugenehmigung zudem wegen einer defizitären Artenschutzfestsetzungen als voraussichtlich rechtswidrig.

Ole Eggers, Landesgeschäftsführer des BUND SH

„Mehr geht kaum!“ freut sich Ole Eggers, Landesgeschäftsführer des BUND SH. „In der Begründung zur Ablehnung sind die wesentlichen Rechtszweifel zu der Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans, die den BUND SH zur Klageerhebung veranlasst haben, vollumfänglich aufgenommen. Dem anstehenden Hauptverfahren sehen wir nun mit einer gewissen Gelassenheit entgegen“. Weiterhin betont Eggers, dass der Umweltverband trotz der rabiaten Wald- und Biotopvernichtung der JARA im Februar 2021 in der Folgezeit mehrfach das Gespräch mit dem Projektträger gesucht habe, um einen außergerichtlichen Ausgleich zu bewirken.

Christiane Schmitz-Strempel und Günter Strempel von der mit dem BUND SH kooperierenden Bürgerinitiative Bahnhofsviertel Flensburg ergänzen: „Wir sind erleichtert, dass nach den vielen Jahren engagierten Widerstands endlich auch gerichtlich Klarheit über die große Bedeutung des Biotops geschaffen wurde. Wir hoffen, dass die Stadt Flensburg nun ihren B-Plan zurücknimmt und wirkungsvolle Maßnahmen ergreift um das Quellgebiet und ehemaligen Bach zu renaturieren und den für die Stadt so notwendigen Biotopverbund zu sichern.“ 

BUND

Der BUND  auf seinen sozialen Medien:
bei Twitter unter @SHBUND, bei Facebook unter @BUNDSchleswigHolstein und bei Instagram unter @bund_sh und auf seiner Website unter: https://www.bund-sh.de/


Weitere Infos der Stadtblog-Redaktion zum Hintergrund der  Entscheidung des OVG:

14. Juli 2022: Die Reste des geschützten Quellbiotops werden im Auftrag der Hotel-Investoren Jan Duchkewitz und Ralf Hansen rechtswidrig weggebaggert. – Foto: Günter Strempel

Der BUND und die BI Bahnhofsviertel sammelten bereits seit dem Jahr 2020 Belege dafür, dass sich auf dem vorgesehenen Baugelände eine schützenswerte Sickerquelle befindet. Die Ergebnisse dieser Nachforschungen wurden den Investoren mitgeteilt. Daraufhin gab es Gespräche, die bereits soweit gediehen waren, dass man sich auf einen renommierten Gutachter verständigte, der im Juli 2022 seine Arbeit aufnehmen sollte. Das allerdings wurde am 14. Juli 2022 durch eine Aktion der Investoren unmöglich gemacht, mit der sie offensichtlich Fakten schaffen wollten. Die beauftragten nämlich eine Abbruchfirma, die die Fläche mit dem geschützten Quellbiotop abbaggerte und planierte. Anschließend wurde das Ganze mit einer 50 Zentimeter dicken Sandschicht zugedeckt.

Tatort Bahnhofswald am 16. Juli 2022: Die mit Sand aufgefüllte Fläche des zerstörten und geschützten Quellbiotops – Links am Bildrand die vom Bagger zusammengeschobenen Reste der Biotop-Vegetation – Foto: Jörg Pepmeyer

Schon Monate zuvor hatte der BUND bereits Klage gegen die erteilte Baugenehmigung für das Hotel erhoben. Als Reaktion auf die Vorgänge am 14. Juli  2022 wandten sich der BUND wie auch die BI Bahnhofsviertel noch am gleichen Tag mit einem Eilantrag gegen die (sofortige) Vollziehung der Baugenehmigung an das Verwaltungsgericht in Schleswig und hatten Erfolg: der erkennende Vorsitzende Richter beurteilte die Interessen des BUND an der objektiven Rechtmäßigkeit des Baus, wobei umweltbezogene Rechtsvorschriften des Bundes, des Landes und der EU zu prüfen seien, als vorranging gegenüber dem Vollzugsinteresse der beigeladenen Immobiliengesellschaft. Das Gericht verfügte einen sofortigen Baustopp und legte bei seiner Entscheidung ebenso  maßgeblich zugrunde, dass bereits seitens der Stadt Flensburg als Antragsgegnerin ein Baustopp verfügt worden sei.

Mit dem Beschluss vom 26. Mai 2023 bestätigt das Oberverwaltungsgericht nun die Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 14. Juli, macht aber in seiner ganz am Ende dieses Beitrags folgenden Pressemitteilung explizit deutlich, dass der Bebauungsplan „Hauptpost“ (303) und die Baugenehmigung für das Hotelprojekt angesichts der naturrechtlichen Verstöße insgesamt rechtswidrig sind und somit nicht umgesetzt werden dürfen.

Ehemaliges Quellgebiet und Biotop im Bahnhofswald. Ursprünglich führte sogar eine Bach durch das Gebiet, der später verrohrt wurde. Nach Ansicht der Stadt Flensburg nicht schützenswert. Das sah das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) vollkommen anders und stellte  Anfang August 2020 das Quellgebiet unter gesetzlichen Biotopschutz .  Foto: Dr. Helmreich Eberlein

Mehr zum Eilantrag des BUND vom 14. Juli 2022 in dem Stadtblog-Beitrag vom 20. Juli 2022: Verwaltungsgericht stoppt Bauarbeiten im Bahnhofswald Flensburg – Eilantrag des BUND erfolgreich! unter: https://akopol.wordpress.com/2022/07/20/verwaltungsgericht-stoppt-bauarbeiten-im-bahnhofswald-flensburg-eilantrag-des-bund-erfolgreich/

Und ebenso in dem Stadtblog-Beitrag vom 15.07.2022: Bahnhofswald Flensburg: Plötzlich rollen die Bagger – BUND hält dagegen! unter: https://akopol.wordpress.com/2022/07/15/bahnhofswald-flensburg-plotzlich-rollen-die-bagger-bund-halt-dagegen/

Die Beschlussvorlage (RV-51/2020) und alle weiteren Unterlagen zum Bebauungsplan Hauptpost (303) findet man hier 

Der Planentwurf Bebauungsplan „Hauptpost“ (Nr. 303) https://akopol.files.wordpress.com/2020/07/planentwurf-zur-vorlage-rv-51-2020-.pdf

Spannend auch das Entwässerungsgutachten für das Plangebiet, das auch den ehemaligen Bach erwähnt

 

Es hängt! – Neues Banner im Bahnhofswald

Gestern Nachmittag war es endlich soweit: Das neue  „Wald“-Banner fand seinen Platz!

Im Bild Aktivist*innen der BI Bahnhofsviertel, unterstützt von einem professionellen Baumkletterer.

Mahnwache zum Erhalt des Bahnhofswaldes jeden Donnerstag

Seit Mai letzten Jahres sind Mitglieder der BI Bahnhofsviertel  regelmäßig in der Bahnhofsstraße und halten ihre Mahnwache am Bahnhofswald. – Jeden Donnerstag von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr stehen sie bereit, um Passanten und interessierte Besucher:innen über den aktuellen Stand der Dinge zu informieren.

Die Sprecherin der BI Christiane Schmitz-Strempel erklärt: “Es gibt zahlreiche Fragen und nicht zuletzt die, welche Folgen die inzwischen vom BUND eingereichte Klage für den geplanten Bau von Hotel und Parkhaus haben wird. Wir geben Auskunft, so gut wir können.”

Zudem hat die Bürgerinitiative eine gänzlich neue Webseite eingerichtet. “Wir heißen ja mit gutem Grund nicht BI Bahnhofswald, sondern BI Bahnhofsviertel,” so Schmitz-Strempel, “Dem versuchen wir gerecht zu werden, indem wir auf unserer Webseite ein breites Spektrum von Themen aufgreifen. Da geht es um den gegenwärtigen Konflikt um den Bahnhofswald , aber ebenso um Vergangenheit und Zukunft des gesamten Bahnhofsviertels. Noch ist vieles zu erarbeiten, aber unser Ziel ist, eine Informationsquelle bereitzustellen, die interessierten Bürger:innen die Möglichkeit bietet, sich umfassend zu informieren ” – Alle, die sich für das weitere Schicksal des Bahnhofswaldes und den aktuellen Stand der Dinge interessieren, finden alles Wissenswerte auf der Webseite der BI:  https://www.bahnhofsviertelflensburg.de/

Jahresgabe: Gemälde als Erinnerung an die Ereignisse am Bahnhofswald

Dr. Thomas Gädeke überreicht die Jahresgabe von Frauke Gloyer an Oberbürgermeister Dr. Fabian Geyer

Oberbürgermeister Fabian Geyer nimmt die von Frauke Gloyer geschaffene Jahresgabe entgegen

Ein Beitrag von Günter Strempel, BI Bahnhofsviertel Flensburg

Im Februar 2021 eskalierten die Auseinandersetzungen um den Bahnhofswald. Bäume wurden gerodet, Baumhäuser gewaltsam geräumt. Zwei Jahre danach erinnert die Flensburger Malerin Frauke Gloyer mit einem von ihr geschaffenen Ölgemälde an die damaligen Ereignisse. Ihr Bild zeigt eines der Baumhäuser, erbaut in luftiger Höhe und von üppigem Grün umrankt.

Gespräch mit Mitgliedern der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel

Oberbürgermeister Dr. Fabian Geyer nahm das Gemälde, das der Stadt Flensburg als Jahresgabe zugedacht ist, dankend entgegen. Die Übergabe fand in Anwesenheit zahlreicher Mitglieder der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel statt, in der auch Frauke Gloyer aktiv ist. Weil die Künstlerin krankheitsbedingt nicht anwesend sein konnte, wurde ihr Werk stellvertretend von Dr. Thomas Gädeke überreicht. Frauke Gloyer liege daran, das damals Geschehene nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. „Vor allem aber fordert sie die heute für die Stadtentwicklung Verantwortlichen auf, zukünftig ganz andere Möglichkeiten der Einwohner:innenbeteiligung zu entwickeln. Nur so könne verhindert werden, dass eine Katastrophe wie die am Bahnhofswald sich noch einmal wiederholt. Sachkundige Einwendungen und Einsprüche von Bürgerinnen und Bürgern seien damals einfach weggewischt worden. Wahrgenommen wurden letztlich die kleinen Hütten in den Wipfeln der Bäume. In denen hielten junge Leute den ganzen Herbst und Winter hindurch aus und setzten so ein wirksames Zeichen für den Erhalt der Natur.“

Oberbürgermeister Geyer nutzte die Gelegenheit zu einem informativen Gespräch mit den Vertreter:innen der BI. Er äußerte Verständnis für deren Anliegen und erläuterte seine Vorstellungen im Hinblick auf zukünftige Stadtplanungen.

Bahnhofswald-Jahrestag in Flensburg – Unterhaltsame Protestveranstaltung bei bestem Wetter im Carlisle-Park

Umweltaktivistin Cordelia Feuerhake spricht vor über hundert Teilnehmer*innen auf der Veranstaltung im Carlisle-Park – Foto: Jörg Pepmeyer

Scharfe Kritik am Handeln der Stadt und der Kommunalpolitik durch Umweltaktivist*innen

Ein Beitrag mit Fotos von Jörg Pepmeyer und Franziska von Gadow

Anlässlich des 2. Jahrestags der Räumung und Rodung am Bahnhofswald beteiligten sich am Sonntag mehr als 100 Menschen an zwei Kundgebungen an der Hafenspitze und im Carlisle-Park in Flensburg. Aufgerufen hatten jeweils die Flensburger Gruppe von Ende Gelände und die Bürgerinitiative Bahnhofsviertel Flensburg.

Gedenken zu Ehren der Opfer von Hanau an der Hafenspitze – Foto: Jörg Pepmeyer

An der Hafenspitze wurde von Sprecher*innen der Ende Gelände Gruppe Flensburg in Beiträgen das Vorgehen von Stadt, Investoren und der Polizei am 19. Februar 2021 anlässlich der Räumung und Rodung am Bahnhofswald heftig kritisiert  Gleichzeitig wurde der profitorientierte Umgang mit Mensch und Natur verurteilt. Anschließend gedachten die Anwesenden mit einer Schweigeminute Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kalojan Velkov.
Diese neun Männer und Frauen waren am 19. Februar 2020 Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau geworden.

Die Teilnehmer*innen der Kundgebung marschierten dann durch die Stadt zum Carlisle-Park. Dort hatten sich auf der von der BI Bahnhofsviertel organisierten Protestveranstaltung bereits zahlreiche Menschen versammelt.

Keine weitere Zerstörung der Umwelt in Flensburg!

Cordelia Feuerhake – Foto: Franziska von Gadow

Cordelia Feuerhake, Architektin, Mitstreiterin der BI Bahnhofsviertel und im Verschönerungsverein aktiv,  machte in ihrer Begrüßungsrede vor den mehr als 100 Zuhörer*innen klar, dass man die weitere Zerstörung von wertvollen Grünflächen in Flensburg nicht weiter hinnehmen werde.
Der Bahnhofswald stehe exemplarisch für einen rücksichtslosen Umgang nicht nur mit der Natur, sondern auch mit den Bürger*innen dieser Stadt. Auch die Planungen für die zukünftige Entwicklung des Bahnhofsviertels gingen ohne Änderungen, wirkliche Beteiligung und Berücksichtigung der Kritik der Bürger*innen weiter wie gehabt. Dies gelte insbesondere auch für das Wohnungsbauvorhaben auf dem Gelände der KITA Schwedenheim an der Helenenallee und die geplante Blockrandbebauung mit Wohnhäusern an der Bahnhofstraße. So dürfe es nicht weitergehen.

IntercityHotel am Bahnhof rückt in weite Ferne

Leider konnte Karl-Heinz Christiansen vom BUND nicht kommen. Er übermittelte aber durch Cordelia Feuerhake Grußworte an die Versammlung. Er wies darauf hin, dass der Bau des geplanten Hotels an der Bahnhofstraße mittlerweile in den Sternenen stehe. Die Bürgerinitiative und der BUND haben gegen die Genehmigung des Bauvorhabens geklagt, das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht dauere weiterhin an. Die Investoren mussten zudem auf Nachfrage des Gerichts weitere Stellungnahmen und Unterlagen beibringen, da offensichtlich beim Gericht erhebliche Unklarheiten zum Bauprojekt und Zweifel an der Erfüllung der in der Baugehmigung auferlegten Vorgaben durch die Investoren bestehen. Somit sei eine zeitnahe Entscheidung des Gerichts nicht zu erwarten. Das dürfte den möglichen Baubeginn, wenn er denn überhaupt noch stattfinde, erheblich verzögern.

Kommunalpolitiker*innen und Verwaltung handeln verantwortungslos

Dr. Helmreich Eberlein – Foto: Franziska von Gadow

Dr. Helmreich Eberlein von der BI Bahnhofsviertel kritisierte zudem scharf das Handeln der Kommunalpolitiker*innen und der Verwaltung. Umstrittene Planungsvorhaben würden ohne Rücksicht auf die ökologischen Folgen und die Bedenken der Bürger*innen durch die politischen Gremien gewunken um vorrangig private Wirtschaftsinteressen zu bedienen. Zum gleichen Thema hatte die Bürgerinitive bereits vor einigen Tagen eine umfangreiche, öffentliche Anfrage an die Ratsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, CDU, FDP, SSW, und SPD gestellt. Die hatten damals für das Hoteprojekt am Bahnhofswald und die Abholzung der Bäume gestimmt. Eine Antwort hat die BI jedoch noch nicht erhalten.

Ebenso kritisierte er das Vorgehen von Politik und Stadtverwaltung im Zusammenhang mit der geplanten Verlagerung von Jacob Cement an die Nordstraße nahe Wees unweit eines Naturschutzgebietes. Das Projekt hat ebenso die Anwohner*innen auf den Plan gerufen, die heftigst gegen das Vorhaben protestieren und mit einem Plakat auch auf der Kundgebung vertreten waren.

Kommunalwahl als Nagelprobe

Eberlein machte ebenso deutlich, dass angesichts der Kommunalwahl am 14. Mai die Parteien und ihrer Politiker*innen endlich Farbe bekennen müssten. Der Erhalt der städtischen Grünflächen und der nachhaltige Umgang mit ihnen sei angesichts des Klimawandelns wichtiger, denn je. Das und der Streit um den Bahnhofswald und weitere umstrittene Planungsvorhaben im Bahnhofsviertel, wie auch das Projekt Hafen-Ost könnten für viele Flensburger*innen eine wichtige Rolle bei der Abgabe ihrer Stimme bei der Kommunawahl spielen und damit wahlentscheidend sein.

Kulturprogramm sorgt für gute Stimmung – Band im Exil

DIE BLÖDE BUNNIES BAND – Foto: Jörg Pepmeyer

Begleitet wurde die Veranstaltung im Carlisles-Park auch von einem unterhaltsamen, kulturellem Rahmenprogramm. Mit dabei neben Üze Oldenburg mit seiner Drehleier und seinem Dudelsack, auch DIE BLÖDE BUNNIES BAND, die sich aus exilierten Aktivist*innen des ehemaligen naturpädagogischen Projekts Bunnies Ranch, wie Sängerin Hanna Kalkutschke, zusammensetzt. Das Projekt hatte die Stadt ohne große Not im letzten Jahr von seinem Standort in der Nähe des Kühlhauses verjagt (Mehr dazu hier). Auch das wurde im Zusammenhang mit den Planungen für das Bahnhofsviertel kritisiert. Es stehe gleichsam für die Rücksichtlosigkeit der Stadt, kulturelle Freiräume zu vernichten, um profitgierigen Investoren preiswert, planierte und baureife Grundstücke anbieten zu können.

Menschenkette zur KITA Schwedenheim

Menschenkette auf dem Weg zur KITA Schwedenheim – Foto: Franziska von Gadow

Anschließend zogen die Teilnehmer*innen der Kundgebung im Rahmen einer Menschenkette zur Kindertagesstätte Schwedenheim an der Helenenallee.
Dort nahm der Naturschutzbeauftragte Dr. Ralph Müller Stellung zu den aktuellen Planungen, denn die Kita soll mitsamt ihrem ökologisch wertvollen Baumbestand dem Neubau von Wohnungen weichen.
Dies und den Verkauf des ehemals städtischen Geländes hatte der Umwelt- und Planungsausschuss sowie die Mehrheit der Ratsverssammlung schon vor einiger Zeit im Rahmen der Sanierungspläne für das Bahnhofsviertel beschlossen. Verhandlungen mit den neuen Eigentümern über den Erhalt des Kindergartens und der Bäume scheiterten bisher.

Vor kurzem hat Dr. Ralph Müller nach einem Jahr in seiner neuen Funktion als Naturschutzbeauftrager und Mitglied des Naturschutzbeirats seinen ersten Jahresbericht für 2022 vorgestellt. Darin finden der 66-jährige Arzt und sein Gremium „mindestens fünf Gründe“, weshalb sie den Verkauf des Grundstückes Bahnhofstraße/Ecke Helenenallee „für eine schwere Fehlentscheidung“ halten. Dabei spielt auch die kulturhistorische Bedeutung der KITA, die eine Schenkung der schwedischen Kinderhilfsorganisation Räddar Barnen aus dem Jahre 1950 ist, eine wichtige Rolle. Diese Kritk wiederholte er dann auch vor den Anwesenden an der KITA Schwedenheim. (Mehr zum Thema und seiner Kritik hier )

Stadtplanung im Bahnhofsviertel nach Gutsherrenart?

Zu den Planungen im Bahnhofsviertel ein paar zusätzliche Hintergrundinfos: Im Jahr 2014 gab es bereits schon die Absicht den Kindergarten und das zugehörige Gelände im Rahmen der Sanierungspläne für das Bahnhofsviertel zu verkaufen und zu planieren. Verantwortlich dafür ein ehemaliger Leiter der Planungsabteilung, der sich seiner besonderen Kontakte zur lokalen Immobilien- und Bauwirtschaft rühmte. Der hatte schon 2012 die Kommunalpolitiker*innen mit hochfliegenden Plänen zur Bebauung des Bahnhofsviertels lecker gemacht. Wenig später fiel ihm dann ein, dass man am Bahnhofswald auch noch ein Hotel bauen könnte. Er trug auch die Verantwortung dafür, dass nach der Insolvenz des VfB Nordmark der Sport- und Fußballplatz am Mühlendamm mitsamt den zugehörigen intakten Gebäuden und der Infrastruktur  dem Erdboden gleichgemacht wurde. Im Juli 2016 war der Verkauf des mehrere Hektar großen Geländes an die Stadt Flensburg durch die Deutsche Bahn erfolgt und im September rollten bereits die Bagger an. Obwohl der Sportplatz auch von anderen Vereinen hätte genutzt werden können, und das Ganze völlig unnötig war, gab es bis auf wenige Ausnahmen kein Veto der Kommunalpolitiker*innen. Anschließend geriet dann das Kulturzentrum Kühlhaus in den Fokus des umtriebigen Stadtplaners.

Dr. Ralph Müller spricht zu den Anwesenden am Schwedenheim. Neben ihm Dr. Helmreich Eberlein und Aktivist*ìnnen, die im Rahmen des geplanten Umzugs von Jacob Cement gegen die Gefährdung des Naturschutzgebiets Slotten Heck mobil machen – Foto: Jörg Pepmeyer

Neue Konflikte drohen

Zurück zu Ralph Müller. Der warnte angesichts des Konflikts um den Bahnhofswald daher vor einer Neuauflage eines ähnlichen Konfliktes im Zusammenhang mit dem geplanten Wohnungsbauprojekt auf dem Gelände der KITA Schwedenheim, das ja nicht alleine stehe, sondern im Zusammenhang mit der geplanten Blockranbbebauung in der Bahnhofstraße, zu der auch das Grundstück der  Fahrschule Simon gehört, das jetzt an die Stadt Flensburg verkauft wurde. Das gelte ebenso für die Verlagerung von Jacob Cement Richtung Wees. Auch er machte dabei deutlich, dass sich die Politik im offenen und ehrlichen Dialog auf die Bürger*innen zu bewegen müsse und nicht von Ihnen weg.

Bürgerinitiative zufrieden mit Veranstaltung

Günter Strempel von der BI Bahnhofsviertel freute sich im Gespräch mit dem Stadtblog über die äußerst gelungene Veranstaltung im Carlisle-Park. Man habe ursprünglich gefürchtet, dass das Ganze witterungsbedingt ins Wasser fallen könnte, aber das Wetter sei ja wie geschaffen für das eigene Anliegen gewesen. Er sei überrascht gewesen, wie hoch die Sensibiltät der Bürger*innen hinsichtlich des Themas Bahnhofswald immer noch ist. Und neue Planungsprojekte ließen erahnen, wo die nächsten Konfliktlinien verlaufen werden. Das im Zeichen der bevorstehenden Kommunalwahl, bei der, so Strempel, die Flensburger*innen jetzt ganz genau hinsehen sollten, wem sie angesichts der Probleme und Konflikte in der Stadt ihre Stimme geben.

P. S.: Solidarität heißt gemeinsam handeln – Ein Austausch ist notwendig

Abschließend möchten wir als Stadtblog-Redaktion ausdrücklich darauf hinweisen, dass es sich bei den Veranstaltungen an der Hafenspitze und im Carlisle-Park um zwei unterschiedliche Veranstaltungen handelte. Unglücklicherweise wird  das in der heutigen Berichterstattung im Flensburger Tageblatt bzw auf der Webseite des shz nicht ganz sauber getrennt.

Leider hatten es die Organisatoren der Hafenspitzen-Veranstaltung versäumt, in solidarischer Partnerschaft mit der BI Bahnhofsviertel frühzeitig ein gemeinsames Konzept für die Veranstaltungen zu vereinbaren. Das ist bei etlichen Umweltaktivist*innen auf deutliche Kritik gestoßen. Einige fühlen sich und ihr Anliegen durch die schwarzgekleideten Akteur*innen der „Ende Gelände“-Gruppe instrumentalisiert. Diese seien zudem in den tagespolitischen Auseinandersetzungen und Kämpfen in Flensburg unauffällig und würden keine wirklich unterstützende Rolle spielen. Auch der Kontakt zur BI Bahnhofsviertel, so der Eindruck von Beobachter*innen, sei von ihnen nicht wirklich gewünscht. Dies erschwere ein gemeinsames und solidarisches Vorgehen gegen die Umweltzerstörung in der Stadt Flensburg oder mache es umnmöglich. Es sei nicht hilfreich, wenn einzelne Gruppen meinen, ihr eigenes Süppchen kochen zu müssen, weil sie glauben sonst in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommmen werden.

Die Aktion von Mitgliedern dieser Gruppe gegen Neonazis oder angebliche „Schwurbler“, wie den Ratsherrn Marc Paysen von Flensburg Wählen! im Carlisle-Park, über die das Flensburger Tageblatt heute ausführlich berichtet, war zudem nicht mit den Organisator*innen der Carlisle-Park-Veranstaltung bzw. der BI abgesprochen.

Untenstehend weitere Fotos von Franziska von Gadow und Jörg Pepmeyer

2. Jahrestag der Räumung und Rodung am Bahnhofswald – Kundgebung und Aktion am 19. Februar im Carlisle-Park

Räumung des Bahnhofswalds am 19. Februar 2021: Hunderte UnterstützerInnen der BesetzerInnen bringen lautstark ihren Protest zum Ausdruck – Foto: Jörg Pepmeyer

Die BI Bahnhofsviertel lädt alle ein am Sonntag den 19.02.2023 um 14 – 16 Uhr in den Carlisle Park

In Kürze jährt sich die Räumung und Rodung am Bahnhofswald zum zweiten Mal. Am 19. Februar 2021 kulminierte der Streit um den Bahnhofswald mit einem Akt der Selbstjustiz, den die Investoren verübten. Sie schickten einen privaten Sicherheitsdienst und einen Trupp Baumsäger, die damit begannen, die durch Aktivisten in Baumhäusern besetzten Bäume abzusägen.

Der Flyer zum Download

Die Polizei stoppte das erst nach Stunden, setzte dann aber mit einem der größten Polizeieinsätze der Flensburger Geschichte über mehrere Tage die Räumung und Rodung des Gehölzes fort. Man sorgte damit für eine große Ansammlung der schockierten Flensburger*innen – mitten in der Corona-Welle samt nächtlicher Ausgangssperre für die Stadtbewohner. Die Aktion spaltete die Stadtgesellschaft.

Inzwischen sprach das Amtsgericht einen der angeklagten Aktivisten frei: Seine Hausbesetzung sei wegen „rechtfertigendem Notstand“ straffrei. Klimaschutz habe Verfassungsrang und gehe vor dem Eigentumsrecht der Investoren. Der am Bahnhofswald geplante Hotelbau steckt bis heute wegen einer Klage des BUND gegen die Baugenehmigung fest.

Am Sonntag den 19.2.2023 erinnert die Bürgerinitiative an diese Ereignisse mit einer Veranstaltung im Carlisle-Park (direkt gegenüber der Kahlschlagsfläche).
Jedermann und jedefrau ist eingeladen teilzunehmen.
Beginn ist um 14 Uhr. 

Mit MUSIK von

ÜZE OLDENBURG Drehleier/Dudelsack

LEON MANCILLA voc., guit.

DIE BLÖDE BUNNIES BAND voc., guit., bass

Mit REDEBEITRÄGEN und einer AKTION,

mit der auf eine neue geplante Umweltsünde in der Nähe aufmerksam gemacht wird:
Auch die Baumgruppe auf dem Gelände der Kita Schwedenheim in der Helenenallee soll einer Blockrandbebauung weichen. (Mehr dazu mit Fotos hier und in einem Beitrag der BI Bahnhofsviertel )

Die BI Bahnhofsviertel legt allen Flensburger*innen nahe, bei der Kommunalwahl im Mai die Ereignisse am Bahnhofswald zu bedenken:

Die repräsentative Demokratie funktioniert nur, wenn die Parteien sich für ihr Handeln verantworten müssen.

Eine Veranstaltung der BI Bahnhofsviertel Flensburg www.bahnhofsviertelflensburg.de

Dazu auch ein Stadtblog-Beitrag vom 6. Februar 2023 Hotelprojekt: Die Märchenerzähler von Flensburg

Trotz naturrechtlichem Schutz dem Erdboden gleichgemacht: Ehemaliges Quellgebiet und Feuchtbiotop im Bahnhofswald – Die Stadt Flensburg bestritt die Existenz einer Quelle und berief sich auf eigene Gutachten. Das sah das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) vollkommen anders und stellte das Quellgebiet am 5. August 2020 unter gesetzlichen Biotopschutz (Das entsprechende Schreiben gibt es hier: https://akopol.files.wordpress.com/2020/08/quelle_erfassungsbogen-und-lage.pdf ). – Foto: Dr. Helmreich Eberlein, Anfang Mai 2020

Das Böömdorp im besetzten Bahnhofswald am 17. Januar 2021 – Foto: Jörg Pepmeyer

2. Jahrestag der Räumung und Rodung am Bahnhofswald – Kundgebung und Aktion am 19. Februar in Flensburg

Räumung des Bahnhofswalds am 19. Februar 2021: Hunderte UnterstützerInnen der BesetzerInnen bringen lautstark ihren Protest zum Ausdruck – Foto: Jörg Pepmeyer

Die BI Bahnhofsviertel lädt alle ein am Sonntag den 19.02.2023 um 14 – 16 Uhr in den Carlisle Park

In Kürze jährt sich die Räumung und Rodung am Bahnhofswald zum zweiten Mal. Am 19. Februar 2021 kulminierte der Streit um den Bahnhofswald mit einem Akt der Selbstjustiz, den die Investoren verübten. Sie schickten einen privaten Sicherheitsdienst und einen Trupp Baumsäger, die damit begannen, die durch Aktivisten in Baumhäusern besetzten Bäume abzusägen.

Der Flyer zum Download

Die Polizei stoppte das erst nach Stunden, setzte dann aber mit einem der größten Polizeieinsätze der Flensburger Geschichte über mehrere Tage die Räumung und Rodung des Gehölzes fort. Man sorgte damit für eine große Ansammlung der schockierten Flensburger*innen – mitten in der Corona-Welle samt nächtlicher Ausgangssperre für die Stadtbewohner. Die Aktion spaltete die Stadtgesellschaft.

Inzwischen sprach das Amtsgericht einen der angeklagten Aktivisten frei: Seine Hausbesetzung sei wegen „rechtfertigendem Notstand“ straffrei. Klimaschutz habe Verfassungsrang und gehe vor dem Eigentumsrecht der Investoren. Der am Bahnhofswald geplante Hotelbau steckt bis heute wegen einer Klage des BUND gegen die Baugenehmigung fest.

Am Sonntag den 19.2.2023 erinnert die Bürgerinitiative an diese Ereignisse mit einer Veranstaltung im Carlisle-Park (direkt gegenüber der Kahlschlagsfläche).
Jedermann und jedefrau ist eingeladen teilzunehmen.
Beginn ist um 14 Uhr. 

Mit MUSIK von

ÜZE OLDENBURG Drehleier/Dudelsack

LEON MANCILLA voc., guit.

DIE BLÖDE BUNNIES BAND voc., guit., bass

Mit REDEBEITRÄGEN und einer AKTION,

mit der auf eine neue geplante Umweltsünde in der Nähe aufmerksam gemacht wird:
Auch die Baumgruppe auf dem Gelände der Kita Schwedenheim in der Helenenallee soll einer Blockrandbebauung weichen. (Mehr dazu mit Fotos hier und in einem Beitrag der BI Bahnhofsviertel )

Die BI Bahnhofsviertel legt allen Flensburger*innen nahe, bei der Kommunalwahl im Mai die Ereignisse am Bahnhofswald zu bedenken:

Die repräsentative Demokratie funktioniert nur, wenn die Parteien sich für ihr Handeln verantworten müssen.

Eine Veranstaltung der BI Bahnhofsviertel Flensburg www.bahnhofsviertelflensburg.de

Dazu auch ein Stadtblog-Beitrag vom 6. Februar 2023 Hotelprojekt: Die Märchenerzähler von Flensburg

Trotz naturrechtlichem Schutz dem Erdboden gleichgemacht: Ehemaliges Quellgebiet und Feuchtbiotop im Bahnhofswald – Die Stadt Flensburg bestritt die Existenz einer Quelle und berief sich auf eigene Gutachten. Das sah das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) vollkommen anders und stellte das Quellgebiet am 5. August 2020 unter gesetzlichen Biotopschutz (Das entsprechende Schreiben gibt es hier: https://akopol.files.wordpress.com/2020/08/quelle_erfassungsbogen-und-lage.pdf ). – Foto: Dr. Helmreich Eberlein, Anfang Mai 2020

 

Öde Ausgleichsfläche mit krüppeligen Baumsetzlingen statt lebendiger Bahnhofswald

Vernichtetes geschütztes Quellgebiet und Feuchtbiotop im Bahnhofswald. Die Stadtverwaltung leugnet bis heute den schutzwürdigen Status, obwohl die Quelle vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) am 05.08.2021 kartiert und unter gesetzlichen Biotopschutz gestellt wurde (siehe die entsprechenden Unterlagen des LLUR). – Foto: Helmreich Eberlein, Anfang Mai 2020

Anlässlich unseres Beitrags vom 6. Februar: Hotelprojekt: Die Märchenerzähler von Flensburg erreichte uns eine Nachricht mitsamt Foto von Sabine Scholl und Birte Lohmann, die sich auf die Suche nach der Ausgleichsfläche für die gerodeten Bäume des Bahnhofswalds gemacht haben.

Die Investoren des geplanten Hotels, Ralf Hansen und Jan Duschkewitz, hatten sich in einem Brief vom 13.02.2020  an die Mitglieder des Umwelt- und Planungsausschusses verpflichtet, „die vierfache Anzahl der Bäume neu anzupflanzen, die für das Bauvorhaben entnommen werden müssen“. Das müssten angesichts der im Bahnhofswald gefällten und massiv geschädigten Bäume demnach mehrere hundert Bäume und somit ein richtig großer neuer Wald sein.

Und tatsächlich haben die beiden Waldkundschafter*innen eine eingezäunte Fläche südlich vom Friedenshügel gefunden. Dort soll durch Neuanpflanzungen ein „Ausgleich“ für die gefällten Bäume des Bahnhofswalds geschaffen werden. Von einem lebendigen Wald mit entsprechender Waldvegetation oder sogar einem Feuchtbiotop wie im ehemaligen Bahnhofswald, ist allerdings nichts zu sehen, lediglich ein paar armselige und krüppelige Baumsetzlinge. Ob die im Frühjahr die hungrigen Kaninchen überstehen, die sich gerne über frische Knospen und Triebe hermachen, bleibt abzuwarten. Ebenso, ob der nächste heiße Sommer den empfindlichen Bäumchen ohne zusätzliche Bewässerung nicht den Garaus macht.

Bis auf der Fläche einmal ein naturnahes, artenreiches und vergleichbares Biotop, wie am Bahnhof ensteht, dürften – wenn überhaupt – Jahrzehnte vergehen. Und auch die Zahl der Baumsetzlinge steht offensichtlich nicht im Verhältnis zum Versprechen der Investoren. Dass man dazu aus Kostengrunden keine größeren und gegen Verbiss geschützten Bäume, die eine erheblich höhere Überlebenschance hätten, gepflanzt hat, spricht Bände. Wer aus Profitgründen einen intakten kleinen Wald mitsamt Feuchtbiotop vernichtet, der hat offensichtlich kein Interesse der Natur das zurückzugeben, was er ihr genommen hat. Schade, dass die Stadt Flensburg dabei mitspielt.

Dazu auch der begleitende Text zum untenstehenden Foto der beiden Waldkundschafter*innen und Umweltaktivist*innen Sabine Scholl und Birte Lohmann:
„Hier wurde sogar Vegetation gerodet, um den dürftigen „Wald“ anzupflanzen. Man sieht die dürren Gewächse auf der Wiesenfläche kaum.
Birte und ich waren da und echt beeindruckt vom Ersatzwald 😆
Abgesehen davon wäre auf DER Fläche von allein Wald entstanden.“

Eingezäunte Ausgleichsfläche südlich des Friedenshügels – Von einem Wald ist nichts zu sehen, außer ein paar krüppelige Baumsetzlinge. Foto: Sabine Scholl/Birte Lohmann

Anmerkungen zum Freispruch für Bahnhofswald-Aktivisten

Solidaritätskundgebung am 7.11. für den Bahnhofswald-Aktivisten und Baumbesetzer vor dem Amtsgericht in Flensburg. Das Verfahren endet mit einem überraschenden Freispruch. – Foto: Günter Strempel

Zum Freispruch eines Bahnhofswald-Aktivisten und Baumbesetzers am 7.11. vor dem Flensburger Amtsgericht ein Kommentar von Boje Maaßen

Anmerkungen zum Freispruch für Baumbesetzer

Auffassungen,  dass die Klimabewegung härter angefasst werden müsse oder gar, dass sie demokratiefeindlich sei, weil sie den motorisierten Individualverkehr oder die Interessen von Investoren behindere, kann ich nicht nachvollziehen. Geht man davon aus, dass der Klimawandel mehr als eine bedrohliche Realität ist,  sondern letztlich die Erdzerstörung zur Folgen haben wird, ist der angemessene Einsatz für die Natur ein Muß, auch wenn er wie im Fall der Baumbesetzer bestehendes Recht verletzt. Sklaverei, Kinderarbeit und Frauenunterdrückung, die wohl keiner zurückwünscht, waren zu ihrer Zeit ebenfalls rechtens. Andererseits ist das Recht ein hohes Gut, das wissen wir aus der dunkelsten Zeit der deutschen Geschichte. Bestehendes Recht darf nur in den Fällen verändert werden, wenn es schweres Unrecht schützt. Selbstverständlich müssen die Methoden des Protests human sein – was ja von den Baumbesetzern eingehalten wurde. Kein Mensch, bis auf die Interessen der Investoren und ihrer Unterstützer, wurde in seiner Freiheit und in seinen Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt.

Mehr dazu auch in dem Stadtblog-Beitrag vom 7.11.:

Freispruch am Amtsgericht in Flensburg – Waldbesetzung fällt unter Rechtfertigenden Notstand 

Das Flensburger Amtsgericht sorgte heute für eine ziemliche Überraschung und sprach einen Aktivisten aus dem Kontext des Bahnhofswaldes frei. Als Begründung zog die Richterin den § 34 StGB heran, den rechtfertigenden Notstand. Weiterlesen

Zur Frage der Legitimität von kalkulierten Rechtsübertretungen im Rahmen des zivilgesellschaftlichen Protests auch ein Stadtblog-Beitrag vom 7. Oktober 2019: Hausbesetzung und Stadtwerke-Blockade: Was darf der zivilgesellschaftliche Protest in Flensburg? unter: https://akopol.wordpress.com/2019/10/07/hausbesetzung-und-stadtwerke-blockade-was-darf-der-zivilgesellschaftliche-protest-in-flensburg/