Polizei räumt Flensburger Bahnhofswald

Räumung des Bahnhofswalds: Hunderte UnterstützerInnen der BesetzerInnen bringen lautstark ihren Protest zum Ausdruck – Foto: Jörg Pepmeyer

Polizeisprecherin: Räumung der letzten besetzten Baumhäuser wird voraussichtlich bis weit in die Abendstunden dauern

Ein Beitrag von Jörg Pepmeyer

Amtshilfersuchen der Oberbürgermeisterin für die polizeiliche Räumung des Bahnhofswalds

Entgegen des vor zwei Tagen gegebenen Versprechens der Oberbürgermeisterin die drei  verbliebenen Baumhäuser nicht räumen zu lassen, begann heute Morgen der letzte Akt der Tragödie um den Bahnhofswald. Am späten Samstagabend hatte die Oberbürgermeisterin ein Amtshilfeersuchen an die Polizei für die Räumung des Bahnhofswalds gestellt. Begründet wurde das Ersuchen mit der Pandemie-Lage in Flensburg und den bereits einen Tag zuvor per Allgemeinverfügung erlassenen Kontaktbeschränkungen sowie der Weigerung der BaumbesetzerInnen ihre Baumhäuser freiwillig zu verlassen. Ebenfalls am Samstagabend untersagte die Oberbürgermeisterin durch eine Allgemeinverfügung die Fortführung einer angemeldeten Mahnwache ab 0 Uhr, die sich in unmittelbarer Nähe des Walds im Carlisle-Park befand.

Hunderte PolizistInnen sperrten dann heute Morgen das Gelände um den ehemaligen Bahnhofswald ab, während auf der anderen Seite im Carlisle-Park hunderte WaldschützerInnen und Sympathisanten der BesetzerInnen lautstark ihren Protest zum Ausdruck brachten.

„Wer hat uns verraten? – Simone Lange, Politiker und Bürokraten!“

Katrine Hoop, Nicolas Jähring, Luca Grimminger und Daniela Bollman vom Kreisvorstand DIE LINKE im Gespräch mit Ralf Kock, Leiter des 2. Polizeireviers –  Foto: Jörg Pepmeyer

Großes Unverständnis herrschte bei den Protestierenden über die Entscheidung von Simone Lange. Viele Menschen im Carlisle-Park warfen ihr Wortbruch und Verrat vor. Die Glaubwürdigkeit der Oberbürgermeisterin, der KommunalpolitikerInnen und der Verwaltung ist bei den Protestierenden angesichts der Ereignisse am Freitag und des heutigen Vorgehens gegen die BaumbesetzerInnen auf dem Nullpunkt angelangt. Und dass die Investoren vor zwei Tagen ohne Wissen der Stadt, der Politik und der Oberbürgermeisterin, geschützt von einer Privatarmee, mit illegalen Rodungsarbeiten im Bahnhofswald beginnen konnten, bezweifeln die meisten.

Lebhafte Diskussionen gab es auch mit dem Leiter des 2. Polizeireviers Flensburg, Ralf Kock, der eigentlich für seine moderate und umsichtige Art allgemein geschätzt wird. Er musste sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sich die Polizei zum Helfershelfer der Investoren machen lasse und sie die Rechtsbrüche am Freitag während der Rodungsaktion nicht konsequent verhindert habe.

„Entzug der Baugenehmigung!“

Auch die SprecherInnen der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel, Christiane Schmitz-Strempel und Günter Strempel, zeigten sich zutiefst enttäuscht von der Entscheidung der Oberbürgermeisterin. Die Bürgerinitiative will aber trotzdem weiter versuchen, auf dem Rechtsweg gegen die Investoren und die Stadt vorzugehen. Gleichzeitig will die BI, dass den Investoren aufgrund der Ereignisse am Freitag und der menschengefährdenden Rechtsbrüche die Baugenehmigung für ihr Hotel-Projekt entzogen wird.

Protest gegen die Investoren – Foto: Jörg Pepmeyer

Ähnlich hat sich auch DIE LINKE Flensburg in einer Stellungnahme von gestern positioniert. Sie fordert: „den Hotelinvestoren Hansen und Duschkewitz die Baugenehmigungen wegen Selbstjustiz und Gefährdung von Menschenleben zu entziehen.“

In einem Tweet auf Twitter hat Rasmus Andresen, Flensburger und Abgeordneter der Grünen im Europa-Parlament die Stadt Flensburg aufgefordert, die Zusammenarbeit mit den Hotelinvestoren zu beenden: „Egoistische Investoren, die Geschäftsinteressen skrupellos über den Schutz der Flensburger*innen vor Covid & dem Allgemeinwohl stellen, sollten keine Baupartner der Stadt Flensburg sein. Die Stadt sollte die Reißleine ziehen.“

Helmreich Eberlein, Mitstreiter der Bürgerinitiative, hatte gestern in einem Offenen Brief an Ralf Neuendorf von der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) Flensburg massive Verstöße der Investoren gegen den Arten- und Umweltschutz beklagt und fordert harte Sanktionen gegen Ralf Hansen und Jan Duschkewitz.

Spezialkräfte der Polizei mit Kletterausrüstung versuchen BesetzerInnen aus Baumhaus heraus zu holen. Foto: Jörg Pepmeyer

Auf dem fast völlig gerodeten Gelände des ehemaligen Bahnhofswalds waren währenddessen Polizisten damit beschäftigt, die BewohnerInnen aus den drei letzten besetzten Baumhäusern heraus zu holen. Bereits am frühen Nachmittag verließen zwei BesetzerInnen nach Verhandlungen mit der Polizei über eine Leiter freiwillig ihr Baumhaus. Die Polizei nahm lediglich ihre persönlichen Daten auf, und erteilte Ihnen Platzverbot. Die Räumung der letzten beiden Baumhäuser dürfte sich nach Einschätzung einer Sprecherin der Polizei wohl noch bis weit in die Abendstunden hinziehen, die Polizei agiere vorsichtig und wolle die BaumhausbesetzerInnen nicht durch unnötige Gewaltanwendung gefährden. Sie setze zudem auf das Gespräch und die Einsicht der BesetzerInnen, doch noch freiwillig die Baumhäuser zu verlassen. 

Es gab zudem im Tagesverlauf keine Konflikte zwischen Protestierenden und der Polizei, keine Festnahmen oder Anzeigen. Die Polizei-Sprecherin bezeichnete die Atmosphäre um das heutige Geschehen am Bahnhofswald herum als „friedlich und entspannt“. Eine polizeiliche Beendigung der Protest-Versammlung im Carlisle-Park sei ebenso nicht beabsichtigt. Es habe auch kein Ersuchen der Stadt gegeben aufgrund der Pandemie-Lage und der Kontaktbeschränkungen die Menschen aufzufordern, den Carlisle-Park und den Bahnhofsvorplatz zu verlassen.

Nachtrag: Am späten Nachmittag entschied die Polizei aufgrund der einbrechenden Dunkelheit die Räumung am Montagmorgen fortzusetzen.

Protestbanner im Carlisle-Park – Foto: Jörg Pepmeyer

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Veröffentlicht am 21. Februar 2021 in Ökologie, Bahnhofsviertel, Bahnhofswald Flensburg, Bürgerbeteiligung, Daten und Zahlen, Flensburg News, Rat & Ausschüsse, Soziales, Stadtplanung, Wirtschaft und mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , getaggt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 3 Kommentare.

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