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Neues Zentralklinikum in Flensburg: Aus der Traum?

Nicht fusionsfähiges und insolventes DIAKO-Krankenhaus in Flensburg: Mehr als 110 Mitarbeitende sollen gehen – Foto: Jörg Pepmeyer
Die Fusionsinszenierung – Wieso, Weshalb, Warum?
Ein Beitrag von Jörg Pepmeyer
Es ist schon erstaunlich, wie vor sechs Jahren im Landtagswahlkampf von interessierten Kreisen und einem CDU-Kandidaten eine neue Sau durchs Dorf, sprich Flensburg, getrieben wurde. Geradezu euphorisiert waren Oberbürgermeisterin Simone Lange, viele Kommunalpolitiker, Baunternehmer und auch unzählige Laien von der Vorstellung, dass ein nigelnagelneues Krankenhaus dem verstaubten Flensburg endlich dem ihm gebührenden Platz bei der weiteren Privatisierung und Ökonomisierung des Gesundheitswesens, ganz im neoliberalen Geiste, sichern könnte. Schick, modern, effizient und profitabel. Und natürlich mit einer viel besseren Versorgung der Patienten.
Dieser Trigger wirkte offenbar äußerst benebelnd und nachhaltig. Vor allem nachdem die Krankenhausleitungen von DIAKO und Franziskus sich den Wünschen der unverzagt kratzenden Lobbyisten für ein Zentralklinikum beugten. Das, obwohl die DIAKO-Geschäftsführung im April 2017 von Noch-SPD-Ministerpräsident Torsten Albig den Bescheid für ein millionenschweres Förderpaket vom Land überreicht bekam, um damit das Krankenhaus fit für die Zukunft zu machen. Albig lobte dabei gleichzeitig die Entscheidung der Flensburger Krankenhausträger, sich auf bestehendem Grund zu erneuern. Was ja auch im Sinne der viel geforderten Suffizienz ist…
Das interessierte wenig später jedoch keinen mehr so richtig und ebenso wenig, dass bei einer möglichen Fusion der beiden Flensburger Krankenhäuser und dem Neubau eines Zentralklinikums auf dem Peelwatt diese Förder-Millionen eigentlich wieder zurückgezahlt werden müssten. Und schließlich war bei Beginn der Debatte 2017 sogar von 220-230 Mio. Euro für den Klinikneubau die Rede, für die die neue schwarz-gelb-grüne Landesregierung im Sommer 2017 ebenso eine hohe Förderbeteiligung von -zig Millionen in Aussicht stellte und FDP-Gesundheitsminister Heiner Garg persönlich seine Unterstützung für das Projekt zusicherte. Da rieben sich die üblichen Verdächtigen in Flensburg schon erwartungsfroh die Hände. Und alle Beteiligten wollten natürlich, dass jetzt alles ganz, ganz schnell geht und drückten ab Mai 2017 mächtig auf die Tube. Wer sich dieser Überrumpelungstatktik in der Kommunalpolitik und anderswo widersetzte, galt trotz guter Argumente unversehens als ewiggestriger Nörgler und Modernisierungsverweigerer.

Protestaktion am 18.11.2019 vor dem Flensburger Rathaus während der Runde Tisch tagt – Foto: Ursula Vonberg
Und die laute Kritik von Frauen an der Ankündigung der Malteser, dass es im gemeinsamen, neuen Zentralklinikum keine Schwangerschaftsabbrüche geben werde, erschien dann als eher vernachlässigbar, ohne dass sich tatsächlich bemüht wurde, eine zufriedenstellende Lösung oder Alternative für das Problem zu finden.
Angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Entwicklung dürfte allerdings die ursprünglich genannte Summe für den Klinikneubau bei weitem nicht mehr ausreichen und legt nun dem Ganzen erhebliche Fesseln an. Und dass mit dem pleiten DIAKO-Krankenhaus, dessen prekäre Situation schon längere Zeit bekannt und Thema der öffentlichen Berichterstattung war, kein Staat mehr zu machen ist, hat die Geschäftsleitung des Franziskus-Krankenhauses dazu bewogen, auf Abstand zu gehen.
Auf Abstand zu einer Fusion ging auch DIAKO-Chef Ingo Tüchsen, der auf einer DGB-Veranstaltung vor wenigen Tagen kleinlaut zugeben musste, dass die hochfliegenden Pläne wohl erst mal auf Eis gelegt werden müssen. Bis klar ist, wie es mit dem insolventen Krankenhaus überhaupt weitergeht, das gezwungen ist, mehr als 15 Mio. Euro jährlich im Betrieb einzusparen. Von einer zeitnahen Fusion spricht nun auch keiner mehr. Vielleicht 2030, vielleicht auch später oder vielleicht auch gar nicht. Ganz zu schweigen von einem Termin für den Baubeginn des neuen Krankenhauses.
Währenddessen hat die Politik alles dafür getan, um mit den Stimmen der Grünen am Peelwatt eine wertvolle Grünfläche mit Bachlauf zu vernichten und die dort jahrzehntelang beheimateten Kleingärtner zu verjagen, ohne wirklich Ersatz zu schaffen. Völlig unnötig, wie sich jetzt herausstellt. Auch der Ratsbeschluss über den überaus preiswerten Verkauf der Fläche am Peelwatt an die neue Krankenhausbetreibergesellschaft, dem sich nur ganz wenige Fraktionen widersetzten, erscheint ebenfalls überflüssig und unsinnig. Und gleichzeitig wurde im Rahmen des Planungsverfahrens bereits jetzt schon viel städtisches Geld buchstäblich in den Sand gesetzt. Das erinnert an andere Projekte in Flensburg, aus denen nach großspurigen Ankündigungen nichts wurde, aber vorab von der Politik und Verwaltung im vorauseilenden Gehorsam unumkehrbar vollendete Tatsachen geschaffen wurden.
Während die Euphorie nun einem ausgewachsenen Kater weicht, bangen mehr als 110 Mitarbeitende um ihre Jobs im DIAKO-Krankenhaus und darüber hinaus. Es ist schon bemerkenswert, wie eine gar nicht mal so klug inszenierte öffentliche Kampagne zu solchen Ergebnissen führt. Die Frage ist, was haben nicht nur die beteiligten EntscheiderInnen möglicherweise zu sich genommen, dass ihr Blick auf die Realität so getrübt war? Oder ging es in dieser Inszenierung vor allem um handfeste wirtschaftliche Privat-Interessen, bei der die verantwortlichen Akteure und der Kandidat alles dafür taten, ihre Karten nicht auf den Tisch legen zu müssen? Und sind die Leute, die möglicherweise daran mitgewirkt oder das unterstützt haben, bei der kommenden Kommunalwahl überhaupt wählbar?
Zur Geschichte um den angedachten Klinik-Neubau der untenstehende Beitrag des Stadtblog Flensburg vom 12. Mai 2017 mit weiteren Links zu aufschlussreichen Beiträgen und Artikeln. Insbesondere im Mai 2017 machten die Krankenhauslobbyisten nach der für die CDU gewonnenen Landtagswahl vom 7. Mai 2017 richtig Druck, dabei hatte Ministerpräsident Albig im April 2017 den Förderbescheid für das DIAKO-Krankenhaus mit einer klaren und verbindlichen Vorgabe überreicht. Aber am 7. Mai 2017 wurden durch das Ergebnis der Landtagswahl die Karten neu gemischt. Neuer Ministerpräsident einer schwarz-gelb-grünen Landesregierung wurde Daniel Günther und Gesundheitsminister, Heiner Garg von der FDP.
„Krankenhaus-Dialog“ am 9. Mai 2017 in der Bürgerhalle des Flensburger Rathauses. Unter Leitung von Carsten Kock diskutierten Flensburgs Oberbürgermeisterin Simone Lange, die Vorstandsmitglieder des Diako- und des Franziskus-Krankenhauses, Martin Wilde und Klaus Deitmaring sowie Susanne Seemann, als Vertreterin des Gesundheitsministeriums in Kiel, aber auch ehemalige leitende Mitarbeiter des Diako-Krankenhauses und Kommunalpolitiker über die aktuelle Situation der beiden Krankenhäuser.
Krankenhausneubau in Flensburg – Gesundheitsexperten und Politiker drücken auf´s Tempo
Der nächste Akt: Bahnhofswaldaktivisten am 7.11. vor Gericht

Rodung und Räumung des Bahnhofswalds am 19. Februar 2021: Konfrontation am Bauzaun – Foto: Jörg Pepmeyer
Solidaritäts-Demo am 7. November – Start ab 7:30 Uhr am Bahnhofswald
Es ist soweit: der Konflikt um den Bahnhofswald geht in eine weitere Runde, diesmal vor Gericht. Im Mittelpunkt der Anklage stehen dabei jedoch keine brennenden Autos oder etwa Investoren, die Menschenleben gefährdeten, indem sie Bäume ansägen ließen, auf denen sich zum Teil noch Menschen befanden. Stattdessen sollen sich zwei Flensburger am 7. November wegen des Vorwurfes des Hausfriedensbruchs vor dem Amtsgericht Flensburg verantworten. Gegen sie wurden Strafbefehle erlassen, die für beide jeweils 15 Tage Haft bedeuten könnten – obwohl der Vorwurf nach Einschätzung der Verfolgten laut Aktenlage keinen Bestand hat.
Das Bauprojekt der beiden Geschäftsleute Jan Duschkewitz und Ralf Hansen (JARA Immobilien) erregt seit 2018 die Gemüter: »Wer in Zeiten der Klimakatastrophe mehrere hundert gesunde Bäume mitten in der Stadt rodet, hat den Schuss wohl nicht gehört«, sagt Jona von Fridays for Future Flensburg: »An ihrer Stelle soll nun ein Hotel und ein Parkhaus aus klimaschädlichem Beton gebaut werden, was zusätzlichen Verkehr in die Stadt zieht. Anscheinend hat Flensburg in Sachen Klimaschutz und Verkehrswende immer noch nichts begriffen«.
Auch die Investoren selbst sind starker Kritik ausgesetzt. »Diesen Leuten ist nicht zu trauen«, findet Armina Hansen, die Sprecherin einer Gruppe, die die Angeklagten solidarisch unterstützt: »Sie haben bereits mehrmals grob gegen die eh schon geringen Umweltauflagen im Bauplan zu verstoßen. Nachdem sie es erst so eilig hatten, die Bäume zu fällen, ist über ein Jahr lang gar nichts passiert – und dann kommt diesen Sommer plötzlich ein Bagger, der ein geschütztes Quellbiotop überplaniert und mehrere der noch stehenden Bäume beschädigt«. Dies führte in letzter Konsequenz dazu, dass das Verwaltungsgericht Schleswig im Juli einen Baustopp verhängte, bis über eine bereits laufende Klage gegen das Bauprojekt abschließend entschieden ist. Diese hatte der BUND Schleswig-Holstein mit Unterstützung der BI Bahnhofsviertel im Mai diesen Jahres eingereicht. »Die Klage hatte zunächst leider keine aufschiebende Wirkung … jetzt schon. Schlimm, dass es erst soweit kommen musste«.

Räumung des Bahnhofswalds: Hunderte UnterstützerInnen der BesetzerInnen bringen lautstark ihren Protest zum Ausdruck – Foto: Jörg Pepmeyer
Währenddessen wurden aus der Flensburger Bevölkerung über ein Dutzend Strafanzeigen gegen die Investoren gestellt. Die Investoren hatten seinerzeit Forstarbeiter angeheuert, welche im Morgengrauen des 19.02.2021 die Bäume, auf denen sich teils noch Menschen befanden, ansägten. Das Vorgehen verursachte mitten in einer Corona-Hochinzindenzphase Massenproteste und einen mehrtägigen Großeinsatz der Polizei – eine Situation, die Politik und Verwaltung eigentlich unter allen Umständen vermeiden wollten. »Die Investoren sagten vollmundig im Dialoggespräch mit Pastor Ahrens, dass sie „Flensburg etwas zurückgeben“ wollten. Ist es das etwa, was sie damit gemeint haben?!«, sagt Inken L., die damals selbst Strafanzeige gegen die Investoren eingereicht hat. »Alle Ermittlungen gegen die Investoren wurden aber eingestellt. So kam Oberstaatsanwalt Pansa zu der Einschätzung, dass die Investoren in einer „Notwehrlage“ gehandelt hätten«. Zu den nun bevorstehenden Strafprozessen gegen die Baumbeschützer stellt sie fassungslos fest: »Das ist doch lächerlich: Stattdessen befasst sich die Justiz mit den Menschen, die teils bei Minusgraden in den Bäumen ausharrten, um auf die Gefahren der Vernichtung eines schützenswerten innerstädtischen Biotops aufmerksam zu machen«.
Die anstehenden Verhandlungen finden indes nur aufgrund der ausdrücklichen Strafanzeige von JARA Immobilien statt. Die Angeklagten wundern sich: »Aus den Akten geht hervor, dass es ihnen laut Aussage ihres Anwaltes primär gar nicht um die Verfolgung des Hausfriedensbruchs ging, sondern um die Räumung des Geländes. Diese haben sie bekommen – warum ziehen sie ihre Anzeige dann nicht zurück?«.
Armina Hansen sagt dazu: »Sie können Aktivist*innen anklagen, so viel sie wollen: die Auseinandersetzung um den Bahnhofswald und das Intercityhotel sind deswegen noch lange nicht vorbei. Dieses schwachsinnige, klimaschädliche Projekt wird verhindert werden, und – um die Investoren zu zitieren – jetzt erst recht! Dann steht dort hoffentlich in ein paar Jahrzehnten wieder ein innenstädtischer Wald. Jan und Ralf (JARA) können die Aufforstung selber in die Hand nehmen und Flensburg so tatsächlich etwas zurückgeben«.
Die Unterstützer*innen der Angeklagten laden alle Interessierten ein, am Montag, dem 7.11.22 ab 8:30 Uhr die Verfahren vor dem Amtsgericht Flensburg solidarisch zu begleiten. Die Verhandlungen sind für 9 bzw. 10 Uhr angesetzt.
Außerdem ruft Fridays for Future zu einer solidarischen Demo mit den Angeklagten vom Bahnhofswald zum Gericht auf. Beginn der Demo ist 7:30 Uhr am Bahnhofswald.
Bahnhofswald Flensburg: Investoren lassen geschütztes Quellbiotop wegbaggern und planieren
Rechtswidrig Fakten schaffen für das Hotelprojekt?
Ein Beitrag von Jörg Pepmeyer mit Fotos von Claus Kühne, Günter Strempel, Helmreich Eberlein und Bernd Schütt
Als geradezu dreist bezeichnen UmweltaktivistInnen den Versuch der Investoren Jan Duschkewitz und Ralf Hansen im Bahnhofswald für ihr geplantes Hotelprojekt Fakten zu schaffen. Die ließen heute von einem Abbruchunternehmen die letzten Reste des geschützten Quellbiotops im Bahnhofswald zusammenschieben und abbaggern, um die Fläche anschließend mit Sand aufzufüllen und zu planieren. Jan Duschkewitz ließ es sich nicht nehmen, persönlich anwesend zu sein und beaufsichtigte die Arbeiten. Offensichtlich wähnten sich die Investoren bei ihrem Vorgehen sicher. Das, obwohl es noch einen Rechtsstreit und Verfahren zum naturrechtlichen Status des Geländes zwischen ihnen, der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel und dem BUND gibt, das noch gar nicht entschieden ist.
Der naturrechtliche Status der Quelle ist jedoch nicht umstritten. Die war nämlich mitsamt dem dazugehörigen Biotop vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) Anfang August 2020 kartiert und unter gesetzlichen Biotopschutz gestellt. Das alles fiel heute nun der kompletten Zerstörung anheim. Viele UmweltaktivistInnen sind entsetzt. Sie sprechen unisono davon, dass die Investoren Fakten schaffen wollen, nach dem Motto: Wo keine Quelle mehr ist, gibt es auch keinen rechtsverbindlichen Schutz mehr. Das erinnere irgendwie an die Mafia und Sizilien.
Nachtrag und Berichtigung vom 16.7.2022: Ursprünglich hieß es im folgenden Absatz „Unverständlich sei ebenso, so die UmweltschützerInnen, warum die untere Naturschutzbehörde in Flensburg heute vormittag diese Aktion nicht gestoppt hat. Die Behörde ist direkt beim Rathaus angesiedelt und Oberbürgermeisterin Simone Lange hätte jederzeit angesichts der Rechtslage einen Stopp der Aktion von den Investoren einfordern können. Hat sie aber offensichtlich nicht getan.“ Diese Darstellung sei nach Informationen aus dem Rathaus so nicht richtig, Mitarbeiter der UNB hätten nach persönlicher Begutachtung am Bauplatz die Bauarbeiten am Donnerstagmittag sofort gestoppt. Mehr dazu in dem Stadtblog-Beitrag vom 16.7.2022: Bahnhofswald Flensburg: Stadt verfügt Stopp der Bauarbeiten
Und selbst Julian Heldt, Chefredakteur des Flensburger Tageblatts, hat augenscheinlich nicht verstanden, worum es in der Sache eigentlich geht und schreibt auf shz.de vom „Baubeginn“ für das Hotelprojekt. Nur die Abbaggerung und Sandauffüllung hat mit den eigentlichen Gründungsarbeiten oder „Baubeginn“ für den zukünftigen Baukörper gar nichts zu tun. Offensichtlich ging es den Investoren vor allem darum, das Ganze möglichst schnell abzuwickeln und mit dem Sand des Vergessens zuzudecken. Da kann man dann der Presse ja auch ein paar Märchen auftischen. Und wenn die nicht nachrecherchiert und der Wahrheit auf den Grund geht, umso besser.
Julian Heldt machte dann in seinem Kommentar endgültig klar, wo er steht. Überschwenglich lobte er die Investoren und machte sich völlig distanzlos zum Propagandisten ihrer Interessen. Dazu passte auch, dass er ihren heute erfolgten Rechtsverstoß mit der Aufgrabung und Zerstörung des geschützten Quellbiotops natürlich nicht zum Thema machte. Besonders bemerkenswert vor allem deshalb, weil Julian Heldt in seiner Berichterstattung über die Besetzung des Bahnhofswalds mehrmals die daran Beteiligten für ihre Rechtsübertretungen außerordentlich hart angegangen war. Ledidglich in seinem Bericht erwähnte er nur kurz und oberflächlich, dass es noch einen Rechtsstreit zwischen der BI und den Investoren gäbe.
Der dürfte angesichts der heutigen Aktion wieder an Fahrt aufnehmen, denn die SprecherInnen der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel haben mit großer Empörung auf die Vorkommnisse von heute Vormittag reagiert und kündigten bereits an, gegen Jan Duschkewitz und Ralf Hansen rechtlich vorzugehen. Sie werden sich dahingehend auch mit dem BUND SH absprechen und vereinbaren. Ebenso wird daran gedacht mit neuen Protestaktionen den Widerstand gegen das Hotelprojekt zu verstärken. Damit dürfte das Thema sicherlich auch im Mittelpunkt der Debatten anlässlich der bevorstehenden OB-Wahl stehen.
Mahnwache:
An jedem Donnerstag von 14 – 17 Uhr hält die BI Bahnhofsviertel Flensburg Mahnwache am Flensburger Bahnhofswald.

Abschließende Begutachtung durch Jan Duschkewitz und Mitarbeiter der Abbruchfirma – Foto: Claus Kühne

Ehemaliges Quellgebiet und Biotop im Bahnhofswald. Ursprünglich führte sogar eine Bach durch das Gebiet, der später verrohrt wurde. Nach Ansicht der Stadt Flensburg nicht schützenswert. Das sah das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) vollkommen anders. – Foto: Dr. Helmreich Eberlein

Nach der Rodung: Aus der Quelle in der Mitte des Rodungs-Fotos tritt weiterhin Wasser aus und läuft in dem dunkelbraunen Streifen bis auf den Postparkplatz. Wer will, kann auf das Bild zwei Mal klicken, um es zu vergrößern und die Baumstümpfe zählen…. – Foto: Bernd Schütt 24.02.2021
In dem beschlossenen Bebauungsplan „Hauptpost 303“ findet diese Quelle keine Berücksichtigung. Vor der entscheidenden Ratsversammlung am 25.06.20 wiesen Vertreter*innen der BI nachdrücklich auf dieses Feuchtbiotop hin, aber die Verwaltung wiegelte ab, man sprach sinngemäß von einer „Pfütze“ und gab sich gelassen. Das sah dann Anfang August 2020 das Landesamt völlig anders:
Flensburger Bahnhofswald: Landesamt stellt Quelle unter Biotopschutz
Zur Geschichte der Quelle und des Bachs im Bahnhofswald: Bahnhofswald: Zeitzeugen bestätigen Existenz von Bach und Quellen
unter: https://akopol.wordpress.com/2020/07/11/bahnhofswald-zeitzeugen-bestaetigen-existenz-von-bach-und-quellen/
Zum gleichen Thema auch den Beitrag vom 18.06.2020: Feuchtgebiet und Quellen im Bahnhofswald: Mögliches Aus für den B-Plan Hauptpost und das Hotelprojekt? unter: https://akopol.wordpress.com/2020/06/18/feuchtgebiet-und-quellen-im-bahnhofswald-moegliches-aus-b-plan-hotelprojekt/
Siehe auch den Beitrag vom vom 30.07.2020: Flensburger Bahnhofswald: Mit Falschinformationen die Öffentlichkeit hinters Licht führen
unter: https://akopol.wordpress.com/2020/07/30/flensburger-bahnhofswald-mit-falschinformationen-die-oeffentlichkeit-hinters-licht-fuehren/
Streit zwischen Bauer Knop und Stadt: Neuer und rechtsfester Bebauungsplan für die K8?
Nach OVG-Entscheidung zur K8: Flensburger Ratsversammlung soll am 2. Juni über Vorlage der Verwaltung beschließen
Ein Beitrag von Jörg Pepmeyer
Am 5. Mai hat das Oberverwaltungsgericht in Schleswig in einem Normen-Kontrollverfahren entschieden, dass der Bebauungsplan für den 4. Abschnitt der K 8 von 2017 rechtsunwirksam ist. Die bereits fertig gestellte Trasse führt in diesem Abschnitt über die ehemaligen Ländereien von Bauer Ingo Knop, der dagegen Anfang 2018 klagte. Bereits 2017 gab es ein Enteignungsverfahren, das mit der vorläufigen Übertragung der für den Straßenbau benötigten Flächen von Ingo Knop an die Stadt Flensburg endete. Dabei begründete die Enteignungsbehörde in Kiel ihre Entscheidung mit einem allgemeinen öffentlichen Interesse für den Bau der K8 und bezog sich hierbei auch auf den Bebauungsplan. Somit wurde 2018 mit dem Bau des umstrittenen Streckenabschnitts der K8 auf dem Grundstück von Ingo Knop begonnnen. Begleitet allerdings von massiven öffentlichen Protesten.

Rechtsunwirksamer Bebauungsplan „Groß-Tarup – K8“ (Nr. 272): Einmal mittenmang und großspurig durch die Ländereien von Bauer Ingo Knop. Die befinden sich am rechten Ende der Trasse.
Das OVG machte bei seiner Entscheidung am 5. Mai jedoch deutlich, dass dieser Bebauungplan schwerwiegende Abwägungsmängel beinhalte. So seien die privaten Interessen von Bauer Knop gegenüber den öffentlichen Interessen, also was die Notwendigkeit des Straßenbaus angeht, nicht ausreichend berücksichtigt und abgewogen worden. Im Rahmen solch einer Abwägung sei zu klären, wie sind die Zugangsmöglichkeiten zu den verbleibenden Flächen nach dem Bau der Straße und welche Einschränkung bedeutet das für den Eigentümer. Diesen Sachverhalt sah das Gericht nicht ausreichend ermittelt und berücksichtigt. Ebenso forderte das OVG die Aktualisierung der gutachterlichen Bewertungen, z.B. hinsichtlich des Artenschutzes. Das Gericht ließ eine Revision gegen diese Entscheidung nicht zu.
Nun soll mit der Beschlussvorlage Bebauungsplan „Groß-Tarup – K 8“ (Nr. 321) Aufstellungsbeschluss am 2. Juni in der Sitzung der Ratsversammlung ein neuer und rechtsfester Bebauungplan Groß-Tarup K8 (Nr. 321) beschlossen werden, der die vom Gericht kritisierten Mängel beseitigt, und „Planrecht für die Hochfelder Landstraße (K 8) im Abschnitt zwischen der Anbindung Tastruper Weg und der Anbindung an die Landesstraße 21 sowie den Flächen für Ausgleichs- und Immissionsschutzmaßnahmen“ schafft. Gleichzeitig ist für „die beabsichtigte straßenrechtliche Widmung (…) die verbindlich abgeschlossene Eigentumsübertragung erforderlich, die insofern alternativ im Anschluss an ein erfolgreiches Revisionsverfahren oder die Neuaufstellung des Bebauungsplanes erfolgen kann.“ Ebenso soll die Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 BauGB in Form einer öffentlichen Versammlung hergestellt werden.
Hinsichtlich der Entscheidung des OVG, das ja eine Revsion nicht zugelassen hat, hofft die Stadt Flensburg mit diesem neuen Bebauungsplan vor allem auf einen Erfolg bei Ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revsion. Sollte der auf Grundlage des neuen Bebauungsplans stattgegeben werden, bestünde für die Stadt die Möglichkeit mit dem neuen und mängelbeseitigtem Bebauungsplan bei einem Revisionsverfahrten vor dem OVG doch noch Recht zu bekommen. Damit wäre auch der Bau der K8 schlussendlich rechtsgültig. Das würde auch bedeuten, dass die „Besitzeinweisung“ durch die Enteignungsbehörde, die 2017 mit der vorläufigen Übertragung der für den Straßenbau benötigten Flächen von Ingo Knop an die Stadt Flensburg erfolgte, ebenso endgültig wäre. Lediglich die Höhe der Entschädigungszahlung an Ingo Knop müsste dann noch geklärt werden.
Es ist daher kaum anzunehmen, dass die Beschlussvorlage in der Ratsversammlung am Donnerstag durchfällt. Dazu steht für die Stadt zu viel auf dem Spiel. Andererseits werden diejenigen Fraktionen, die damals für den Bau der K8 votierten, sich kaum die Blöße geben, ihre Entscheidung von damals zu revidieren. Allerdings dürften die Gegner der K8 am Donnerstag in der Ratsversammlung sicherlich noch mal ihren Standpunkt laut und deutlich vertreten. Kritik wird es da sicherlich auch an der Verhandlungsführung der Oberbürgermeisterin Simone Lange geben.
Und es bleibt abzuwarten, ob bei einer neuerlichen gerichtlichen Prüfung der neue Bebauungsplan dann alle Hürden erfolgreich nimmt. Falls nicht, hätte die Stadt ein echtes Problem. Dann könnte rein theoretisch Ingo Knop einen „Folgenbeseitungsanspruch“ geltend machen, der ebenso theoretisch den Rückbau der K8 auf seinen ehemaligen Ländereien und die Rückübertragung der Flächen bedeuten könnte. Allerdings sehen Verwaltungsrechtsexperten diese Möglichkeit als sehr gering an und gehen nicht davon aus, dass es dazu tatsächlich kommen wird. Eher wird man dann einen finanziellen Ausgleich suchen.
Interessierte EinwohnerInnen, können die Sitzung am Donnerstag, den 2. Juni ab 16 Uhr in der Bürgerhalle des Rathauses mitverfolgen. Während des Aufenthaltes im Rathaus wird jedoch zum Schutz Aller das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung empfohlen.
Dazu ein Kommentar von Jörg Pepmeyer
Autoritär, undemokratisch und unnötig
Alles in allem dokumentiert der Streit um die K8, wie die Stadt Flensburg und zahlreiche KommunalpolitikerInnen über Jahre hinweg den Protest der BürgerInnen weitgehend ignoriert haben und nicht bereit waren alternative Streckenführungen ins Auge zu fassen. Vorschläge dafür gab es. Stattdessen hat man unter Aushebelung der Beteiligungsrechte der BürgerInnen mit einer Salami-Taktik den Bau der K 8 im Eiltempo voran getrieben. Und ebenso hat das Vorgehen der Stadt vor allem beim Enteignungsverfahren gegen Ingo Knop für einen Vertrauensschwund der Stadt und Politik bei vielen Flensburgern und zu umfangreichen Protesten gefüht. Das alles hätte mit mehr Fingerspitzengefühl, Ehrlichkeit, Dialog- und Kompromissbereitschaft vermieden werden können. Und dies gilt auch für ähnliche Vorhaben in den letzten Jahren in Flensburg.

„Baustopp, Baustopp – ja!“ – 350 Menschen demonstrierten am 24. Februar 2018 auf der Hofkoppel von Bauer Ingo Knop gegen den Weiterbau der K8 und die Enteignungspläne der Stadt Flensburg. – Foto: Henrik Johannsen
Desweiteren wird immer wieder behauptet, die Forderung nach der jetzigen Trassenführung und dem Ausbauvolumen sei aus dem Stadtteil Tarup gekommen. Das ist so nicht richtig, denn als ehemaliges Mitglied des Umwelt- und Planungsausschusses und der Ratsversammlung war ich an den Beratungen und der Entscheidung zur K 8 beteiligt. Ich habe im Übrigen aus guten Gründen keinem der Bebauungspläne zugestimmt.
Aber es ging damals bei den Beratungen und Entscheidungen zum K8-Ausbau und der Verlängerung (Bebauungsplan „Groß-Tarup – K8“ Nr. 272) in den Ausschüssen und der Ratsversammlung lediglich darum, eine Lösung zu finden, wie der Stadtteil verkehrlich entlastet und die Neubaugebiete zugleich besser angeschlossen werden könnten. Das war jedoch keine pauschale Zustimmung der Taruper zum Ausbau und zur Trassenführung der K8 in der dann beschlossenen, überdimensionierten und äußerst kostenträchtigen Variante.
Zumal die BürgerInnen und Verbände aufgrund des gewählten Planungsverfahrens auch gar keine Möglichkeiten hatten die Trassenführung und die Art und Weise des Ausbaus mit ihren Anregungen, Widersprüchen und Einwänden wirklich zu beeinflussen. Dazu wurden nämlich im Rahmen einer Salami-Taktik auf Vorschlag der Verwaltung die einzelnen Bauabschnitte alternativlos und ohne ein Planfeststellungsverfahren durch die Ausschüsse und die Ratsversammlung gewunken. Bei einem Planfeststellungsverfahren hätte es nämlich die entsprechenden Rechte der BürgerInnen und Verbände gegeben. Das hätte jedoch erheblich Zeit gekostet. Ebenso hätte sich das Fördermittelprocedere in die Länge gezogen. Das wollte die Mehrheit der Ratsfraktionen und die Verwaltung jedoch vermeiden. Allerdings gegen die Stimmen der WiF, der LINKEN, und anfangs auch gegen die Stimmen der Grünen und der FDP. Ab 2010 kam die AKOPOL-Fraktion als weiterer Gegner der Umgehung dazu.
Dass anschließend für diese Planungsfehler, für die die Verwaltung und die ProK8-Ratsfraktionen verantwortlich waren, Bauer Knop mit der Enteignung seiner Ländereien herhalten musste, empfinde ich als ehemaliger Kommunalpolitiker immer noch als einen nicht hinnehmbaren Skandal.
Zur Geschichte des Streits um die K8 untenstehend entsprechende Links zu Beiträgen und Hintergrundinformationen:
Eine Darstellung der Stadt Flensburg zum Konflikt um die K 8: K8 – Faktencheck unter: https://www.flensburg.de/Startseite/K8.php?object=tx,2306.5&ModID=7&FID=2306.8427.1
Ein Stadtblog-Beitrag vom 25. Februare 2018: K8: „Baustopp, Baustopp – ja!“ – Erfolgreiche Protestaktion und Menschenkette auf der Hofkoppel von Bauer Knop in Tarup unter: https://akopol.wordpress.com/2018/02/25/k8-baustopp-baustopp-ja-erfolgreiche-protestaktion-und-menschenkette-auf-der-hofkoppel-von-bauer-knop-in-tarup/
Ein Beitrag auf Stadtblog Flensburg vom 16. Februar 2018: Neue Homepage der Stadt Flensburg zur K8: Nebelkerzen und postfaktische Wahrheiten? unter: https://akopol.wordpress.com/2018/02/16/neue-homepage-der-stadt-flensburg-zur-k8-nebelkerzen-und-postfaktische-wahrheiten/
Auf der Sitzung der Flensburger Ratsversammlung am 15.02.2018 gabe es eine aktuelle Stunde zum Enteignungsverfahren und dem Streit über den Ausbau der K8. Zur Debatte dort und dem „Faktencheck“ der Stadt auch der Beitrag von Holger Ohlsen auf shz.de: Enteigung von Bauer Knop : K 8: Stadt stellt Faktencheck online vom 19. Februar 2018 – Quelle: https://www.shz.de/19120456 ©2018
Ein Beitrag von Antje Walther vom 9.11.2017 auf shz.de: Tarup-Umgehung Flensburg : Krokodilstränen für Bauer Knop – Quelle: https://www.shz.de/18276861 ©2018
In diesem Beitrag von Gunnar Domasch vom 17.06.2017 auf shz.de sind die alternativen Streckenführungen dargestellt: Für Ortsumgehung K8 : Enteignung in Tarup: Stadt fährt schweres Geschütz auf – Quelle: https://www.shz.de/17076086 ©2018
Ein Beitrag von Jörg Pepmeyer im AKOPOL-Blog vom 1.7.2015: Tarup-Umgehung: Millionen in den Sand gesetzt? unter: https://akopol.wordpress.com/2015/07/01/tarup-umgehung-millionen-in-den-sand-gesetzt/
Bauer Knop gewinnt im Streit um die K8
Normen-Kontrollverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht: Bebauungsplan zum 4. Abschnitt der K8 ist rechtsunwirksam
Ein Beitrag von Jörg Pepmeyer
Der Bebauungsplan für den 4. Abschnitt der K 8, die in diesem Abschnitt über die ehemaligen Flächen des Landwirts Ingo Knop führt, ist rechtsunwirksam. Das entschied das Oberwaltungsgericht in einem Normen-Kontrollverfahren mit dem Aktenzeichen 1 KN 3/18 am Donnerstag, den 5. Mai.

K8-Trasse: Ohne rechtswirksamen Bebauungsplan einmal mittenmang und großspurig durch die Ländereien von Bauer Ingo Knop. Die befinden sich an der rechten Seite der Trasse.
Wie die Sprecherin des Oberwaltungsgerichts Christine Nordmann heute auf Anfrage des Stadtblog Flensburg mitteilte, seien die Gründe hierfür vor allem erhebliche Abwägungsmängel des Bebauungsplans. So seien die privaten Interessen von Bauer Knop gegenüber den öffentlichen Interessen, also was die Notwendigkeit des Straßenbaus angeht, nicht ausreichend berücksichtigt und abgewogen worden. Dies betrifft insbesondere die Frage, wie sind die privaten Eigentums- und Besitzverhältnisse der für den Straßenbau benötigten Flächen, welche Größe haben sie und wie werden sie genutzt. Ebenso wichtig sei bei dieser Abwägung zu klären, wie sind die Zugangsmöglichkeiten zu den verbleibenden Flächen nach dem Bau der Straße, welche Einschränkung bedeutet das für den Eigentümer. Diesen Sachverhalt sah das Oberverwaltungsgericht in dem Bebaungsplan nicht ausreichend ermittelt und berücksichtigt und erklärte ihn deshalb für rechtsunwirksam. Ebenso ließ es eine Revision gegen diese Entscheidung nicht zu. Das Urteil des Gerichts liegt zwar noch nicht in schriftlicher Form vor, dennoch hat die Stadt Flensburg nach Meldung des shz bereits angekündigt, gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einzulegen. Das müsste sie dann binnen einen Monat nach Zustellung der Urteilsschrift tun.
Für die Stadt besteht jedoch die Möglichkeit die angemahnten Abwägungsmängel des Bebauungsplan zu beheben und dann einen geänderten und rechtsfesten Bebauungsplan im Umwelt- und Planungsausschuss bzw. der Ratsversammlung neu beschließen zu lassen. Eben das hat sie nach einer Meldung des shz bereits angekündigt. Das Enteignungsverfahren gegen Bauer Knop bliebe damit allerdings erstmal unberührt. Was bedeutet, dass die „Besitzeinweisung“ durch die Enteignungsbehörde, die 2017 mit der vorläufigen Übertragung der für den Straßenbau benötigten Flächen von Ingo Knop an die Stadt Flensburg erfolgte, weiter Bestand hat. Auch ein Urteil des Landgerichts Kiel vom 31.08.2018 hatte nach Klage von Ingo Knop die vorzeitige Besitzeinweisung als rechtmäßig bestätigt.
Anders wäre es, wenn auch mit dem geänderten Bebauungsplan die schwerwiegenden Abwägungsmängel nicht behoben werden können. Dann könnte rein theoretisch Ingo Knop einen „Folgenbeseitungsanspruch“ geltend machen, der ebenso theoretisch den Rückbau der K8 auf seinen ehemaligen Ländereien und die Rückübertragung der Flächen bedeuten könnte Allerdings sehen Verwaltungsrechtsexperten diese Möglichkeit als sehr gering an und gehen nicht davon aus, dass es dazu tatsächlich kommen wird.
Dazu ein Kommentar von Jörg Pepmeyer
Fehlende Mitwirkungsrechte und Tricksereien bei Bauvorhaben sind nicht geeignet das Vertrauen der BürgerInnen in Politik und Verwaltung zu stärken
Alles in allem ist die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ein weiteres Dokument dafür, wie die Stadt Flensburg und zahlreiche KommunalpolitikerInnen bei der Planung und der Entscheidung zum Bau der K 8 über Jahre hinweg den Protest der BürgerInnen weitgehend ignoriert haben und nicht bereit waren alternative Streckenführungen ins Auge zu fassen. Vorschläge dafür gab es. Stattdessen hat man unter Aushebelung der Beteiligungsrechte der BürgerInnen mit einer Salami-Taktik den Bau der K 8 im Eiltempo voran getrieben. Und ebenso hat das Vorgehen der Stadt vor allem beim Enteignungsverfahren gegen Ingo Knop für einen Vertrauensschwund der Stadt und Politik bei vielen Flensburgern gefüht. Das alles hätte mit mehr Fingerspitzengefühl, Ehrlichkeit, Dialog- und Kompromissbereitschaft vermieden werden können. Und dies gilt auch für ähnliche Vorhaben in den letzten Jahren in Flensburg.

„Baustopp, Baustopp – ja!“ – 350 Menschen demonstrierten am 24. Februar 2018 auf der Hofkoppel von Bauer Ingo Knop gegen den Weiterbau der K8 und die Enteignungspläne der Stadt Flensburg. – Foto: Henrik Johannsen
Desweiteren wird immer wieder behauptet, die Forderung nach der jetzigen Trassenführung und dem Ausbauvolumen sei aus dem Stadtteil Tarup gekommen. Das ist so nicht richtig, denn als ehemaliges Mitglied des Umwelt- und Planungsausschusses und der Ratsversammlung war ich an den Beratungen und der Entscheidung zur K 8 beteiligt. Ich habe im Übrigen aus guten Gründen keinem der Bebauungspläne zugestimmt.
Aber es ging damals bei den Beratungen und Entscheidungen zum K8-Ausbau und der Verlängerung (Bebauungsplan „Groß-Tarup – K8“ Nr. 272) in den Ausschüssen und der Ratsversammlung lediglich darum, eine Lösung zu finden, wie der Stadtteil verkehrlich entlastet und die Neubaugebiete zugleich besser angeschlossen werden könnten. Das war jedoch keine pauschale Zustimmung der Taruper zum Ausbau und zur Trassenführung der K8 in der dann beschlossenen, überdimensionierten und äußerst kostenträchtigen Variante.
Zumal die BürgerInnen und Verbände aufgrund des gewählten Planungsverfahrens auch gar keine Möglichkeiten hatten die Trassenführung und die Art und Weise des Ausbaus mit ihren Anregungen, Widersprüchen und Einwänden wirklich zu beeinflussen. Dazu wurden nämlich im Rahmen einer Salami-Taktik auf Vorschlag der Verwaltung die einzelnen Bauabschnitte alternativlos und ohne ein Planfeststellungsverfahren durch die Ausschüsse und die Ratsversammlung gewunken. Bei einem Planfeststellungsverfahren hätte es nämlich die entsprechenden Rechte der BürgerInnen und Verbände gegeben. Das hätte jedoch erheblich Zeit gekostet. Ebenso hätte sich das Fördermittelprocedere in die Länge gezogen. Das wollte die Mehrheit der Ratsfraktionen und die Verwaltung jedoch vermeiden. Allerdings gegen die Stimmen der WiF, der LINKEN, und anfangs auch gegen die Stimmen der Grünen und der FDP. Ab 2010 kam die AKOPOL-Fraktion als weiterer Gegner der Umgehung dazu.
Dass anschließend für diese Planungsfehler, für die die Verwaltung und die ProK8-Ratsfraktionen verantwortlich waren, Bauer Knop mit der Enteignung seiner Ländereien herhalten musste und jetzt lediglich eine kurze Atempause bekommen hat, empfinde ich auch als ehemaliger Kommunalpolitiker immer noch als einen nicht hinnehmbaren Skandal.
Zur Geschichte des Streits um die K8 untenstehend entsprechende Links zu Beiträgen und Hintergrundinformationen:
K8: „Baustopp, Baustopp – ja!“ – Erfolgreiche Protestaktion und Menschenkette auf der Hofkoppel von Bauer Knop in Tarup
Eine Darstellung der Stadt Flensburg zum Konflikt um die K 8: K8 – Faktencheck unter: https://www.flensburg.de/Startseite/K8.php?object=tx,2306.5&ModID=7&FID=2306.8427.1
Ein Beitrag auf Stadtblog Flensburg vom 16. Februar 2018: Neue Homepage der Stadt Flensburg zur K8: Nebelkerzen und postfaktische Wahrheiten? unter: https://akopol.wordpress.com/2018/02/16/neue-homepage-der-stadt-flensburg-zur-k8-nebelkerzen-und-postfaktische-wahrheiten/
Auf der Sitzung der Flensburger Ratsversammlung am 15.02.2018 gabe es eine aktuelle Stunde zum Enteignungsverfahren und dem Streit über den Ausbau der K8. Zur Debatte dort und dem „Faktencheck“ der Stadt auch der Beitrag von Holger Ohlsen auf shz.de: Enteigung von Bauer Knop : K 8: Stadt stellt Faktencheck online vom 19. Februar 2018 – Quelle: https://www.shz.de/19120456 ©2018
Ein Beitrag von Antje Walther vom 9.11.2017 auf shz.de: Tarup-Umgehung Flensburg : Krokodilstränen für Bauer Knop – Quelle: https://www.shz.de/18276861 ©2018
In diesem Beitrag von Gunnar Domasch vom 17.06.2017 auf shz.de sind die alternativen Streckenführungen dargestellt: Für Ortsumgehung K8 : Enteignung in Tarup: Stadt fährt schweres Geschütz auf – Quelle: https://www.shz.de/17076086 ©2018
Ein Beitrag von Jörg Pepmeyer im AKOPOL-Blog vom 1.7.2015: Tarup-Umgehung: Millionen in den Sand gesetzt? unter: https://akopol.wordpress.com/2015/07/01/tarup-umgehung-millionen-in-den-sand-gesetzt/
„Bündnis Solidarische Stadt“: Neue Fraktion in der Flensburger Ratsversammlung
Ratsfrau Gabi Ritter erklärt Austritt aus der Linken-Fraktion und bildet mit ehemaligem Grünen-Ratsherr Andreas Zech die Fraktion „Bündnis Solidarische Stadt“
Der Flensburger Kreisverband DIE LINKE setzt auf vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Gabi Ritter
Ein Beitrag von Jörg Pepmeyer
In einer gemeinsamen Erklärung der beiden heißt es: „Immer mehr Menschen in Flensburg fühlen sich durch die Politik der Ratsversammlung nicht mehr vertreten. Sie wollen ernstgemeinte Beteiligung, einen respektvollen Umgang mit ihrer konstruktiver Kritik und logisch nachvollziehbare Entscheidungen bei städtischen Planungsvorhaben.“
Diese Forderungen wollen die beiden Ratsmitglieder mit ihrer Fraktion aufnehmen. Die Fraktion “Bündnis Solidarische Stadt” verstehe sich als Vertretung der Menschen, die mehr Demokratie und echte Beteiligung in der Ratspolitik fordern.
Die neue Fraktion will sich für eine Politik einsetzen, die sich sehr viel entschiedener am Gemeinwohl orientiert und die Einwohnerinnen und Einwohner in kommunale Entscheidungsprozesse einbezieht. Gabi Ritter und Andreas Zech sind überzeugt davon, dass eine solche Vorgehensweise dem Wohl der ganzen Stadt dient und der Politikerverdrossenheit entgegen wirkt.
Wichtige Eckpunkte ihres politischen Handelns haben Ritter und Zech in einem programmatischen Leitbild niedergeschrieben, dass ihre kommunalpolitischen Akzente setzt und ihre Wege aufzeigt, die zu einer konstruktiven Zusammenarbeit mit der Flensburger Stadtgesellschaft führen sollen. Zur Mitarbeit und Weiterentwicklung daran laden sie alle demokratisch gesinnten Menschen herzlich ein.
Die neue Fraktion legt allergrößten Wert auf einen wertschätzenden und respektvollen Umgang und wünscht sich für die Ratsarbeit einen konstruktiven Dialog mit allen Ratskolleginnen und Ratskollegen.
Gabi Ritter und Andreas Zech freuen sich riesig auf eine gute Zusammenarbeit mit den Flensburger Initiativen und Bewegungen. Letztendlich seien sie es gewesen, die sie zum Schritt der Fraktionsgründung ermutigt haben
Nachdem bereits vor vier Tagen Ratsherr Andreas Zech seinen Austritt aus der Fraktion B90/Grüne erklärte, zog Gabi Ritter einen Schlusstrich unter den mittlerweile zwei Jahre andauernden Streit mit ihren Fraktionskollegen Frank Hamann und Lucas Plewe.
Die hatten mit sehr autoritären Methoden versucht ihr und den bürgerschaftlichen Mitgliedern der Linksfraktion das Leben unerträglich zu machen. Der Konflikt eskalierte 2019 in einem Streik der bürgerschaftlichen Fraktions-Mitglieder. Frank Hamann und Lucas Plewe reagierten mit unerbittlicher Härte, enthoben trotz der Proteste des LINKEN-Kreisverbandes die Streikenden ihrer Posten und schlossen anschließend Gabi Ritter aus der Fraktion aus. Die klagte sich jedoch erfolgreich per Verwaltungsgericht wieder zurück. (Mehr zu dem Konflikt hier) In der Folgezeit schwelte der Konflikt in der Fraktion aber weiter. So gab es immer wieder Nickligkeiten der beiden Ratsherren gegenüber Gabi Ritter, wie auch gegenüber dem Kreisvorstand der LINKEN. Im Flensburger Parteiverband haben Frank Hamann und Lucas Plewe daher keinerlei Rückhalt mehr.
Trotz ihres Fraktionswechsels bleibt Gabi Ritter weiterhin Mitglied der Links-Partei. Viele Linke-Mitglieder begrüßen ihre Entscheidung. Nicht nur bei ihnen, sondern auch bei zahlreichen zivilgesellschaftlichen Akteuren verbindet sich damit ebenso die Hoffnung, dass mit der neuen Fraktion linksalternative, sozial-ökologische Inhalte und Forderungen wieder stärker in den Fokus der kommunalpolitischen Debatten und Entscheidungsprozesse rücken.
Mit der Bildung der neuen Fraktion ändern sich ebenso die Mehrheitsverhältnisse in der Flensburger Ratsversammlung, mit Folgen für die Zusammensetzung der Ausschüsse. Denn auch der neuen Fraktion stehen wichtige Ausschuss-Sitze zu. Was bedeutet, dass dies zu Lasten anderer Fraktionen gehen wird. Darüber dürfte die Ratsversammlung voraussichtlich auf ihrer Sitzung im Mai entscheiden.
Zum Austritt von Gabi Ritter aus der Linken-Fraktion auch die Stellungnahme der Vorsitzenden des Flensburger Kreisverbands DIE LINKE von heute:
„Anlässlich zum Austritt der Genossin Gabriele Ritter aus der Fraktion DIE LINKE geben die Kreisvorsitzenden folgende Stellungnahme ab zur Ergänzung der Berichterstattung:
Ratsfrau Gabriele Ritter hat heute die Kreisvorsitzenden darüber informiert, dass sie mit sofortiger Wirkung aus der Ratsfraktion DIE LINKE austritt.
Die Entscheidung ist die verständliche Konsequenz eines bedauerlichen und langwierigen Konfliktes in der Fraktion.
Schon im Sommer 2019 hat die Mehrheit der Mitgliederversammlung Genossin Ritter das Vertrauen ausgesprochen. Wir setzen auch unter den veränderten Bedingungen auf vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Ratsfrau Gabriele Ritter und sehen das neue Bündnis als Chance für eine konstruktive Arbeit im Sinne der sozial-ökologischen Bewegungen der Stadt.“
Hier gibt es das oben erwähnte programmatische Leitbild mit den Zielen und Forderungen der neuen Fraktion zum Nachlesen und Download als PDF-Datei: Leitbild der Fraktion Bündnis Solidarische Stadt 20210423
Flensburger Bahnhofswald: Bürgerinitiative fordert Richtigstellung von Oberbürgermeisterin Simone Lange

BI Bahnhofsviertel Flensburg wirft der Oberbürgermeisterin in einem Offenen Brief Wortbruch vor und mit Falschaussagen die Öffentlichkeit getäuscht zu haben:
Offener Brief
Bürgerinitiative Bahnhofsviertel Flensburg
c/o Christiane Schmitz-Strempel und Günter Strempel, Tiesholz 1, 24941 Flensburg
An die Oberbürgermeisterin der Stadt Flensburg
Betrifft: BI Bahnhofsviertel fordert Richtigstellung
Flensburg, den 05.04.2021
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Lange,
Ihre Stellungnahme zum Bahnhofswald abgegeben in der Ratsversammlung vom 18.03.2021 veranlasst uns zu diesem Schreiben. Bis heute ist sie auf der Eingangsseite von www.flensburg.de nachzulesen. *(siehe zur Stellungnahme der OBin auch den untenstehenden Beitrag, die StadtblogRed.)
Wir fordern Sie hiermit nachdrücklich auf, drei der dort formulierten Aussagen richtigzustellen.
1. Der Vergleich Ihrer in der RV gehaltenen Rede mit dem schriftlich fixierten Text offenbart an entscheidender Stelle eine Differenz, die auf eine bewusste Täuschung der Öffentlichkeit hinausläuft. Was interessierte Mitbürger:innen auf der Homepage der Stadt lesen, entspricht nicht dem, was tatsächlich gesagt wurde. Sie, Frau Lange, sagten wörtlich: “So wird der Hotelneubau ausschließlich auf versiegelten Flächen vorgenommen.” (Nachzuhören auf https://www.youtube.com/watch?v=8jSLdT5TGyE ab 1:07:45)
Dieser Satz konnte und sollte eine bestimmte Wirkung erzielen. Wäre er wahr, dann ließe er nur den einen Schluss zu: Aufregung und Widerstand von Wald- und Baumschützern sind absolut unverständlich, da doch der Natur gar nichts passiert.
Tatsächlich war mit eben diesem Argument der angeblichen Nicht-Versiegelung lange Zeit für das Bauprojekt geworben worden. Es war aber schon immer unwahr. Und heute ist das für jeden offensichtlich: Durch Räumung und Rodung des Geländes wurden Fakten geschaffen; sie bewirken, dass niemand, der heute die Bahnhofsstraße entlanggeht und auf das öde Schlachtfeld mit seinen unzähligen Baumstümpfen blickt, jenem Satz noch Glauben schenken kann.
Also konnte er so nicht stehenbleiben. Was geschah? Der zunächst auf der Webseite korrekt wiedergegebene Text wurde nachträglich korrigiert, das Wort “ausschließlich” ohne Kenntlichmachung und ohne jede Erklärung gestrichen. Jetzt heißt es “So wird das Projekt auf bereits versiegelten Flächen vorgenommen.”, womit der Satz seine Pointe und genau die Wirkung verliert, auf die es in der Rede ankam. Statt Ihrer Falschaussage steht da eine Banalität, und es wird so getan, als hätten Sie Anderes nie gesagt. Die Wirkung für die, die das gesprochene Wort gehört haben, bleibt aber bestehen.
Unsere vor eineinhalb Wochen an Ihren Pressesprecher gerichteten Nachfragen zu diesem Vorgang blieben bis heute unbeantwortet.
Frau Oberbürgermeisterin Lange, nun fordern wir Sie persönlich dazu auf, Stellung zu nehmen und den wahren Sachverhalt offenzulegen. Erklären Sie bitte der Öffentlichkeit, wie sich das Bauprojekt tatsächlich auf die noch vorhandene, wenn auch weitgehend zerstörte Naturfläche auswirken wird. Räumen Sie Ihren Fehler ein, und geben Sie zu, dass Sie in Ihrer Rede vor der Ratsversammlung eine falsche Aussage getroffen haben!
(Und dies wohl gemerkt, nachdem Sie selbst in Ihrer Rede Folgendes feststellten: „Der konsequente Gebrauch von Fake News, um die eigenen Interessen durchzusetzen ist ein nicht akzeptabler Weg. Getreu nach dem Motto: „Irgendetwas wird schon hängenbleiben“.)
2. In Ihrer Auflistung der “Fake News”, die Gegner des Hotel- und Parkhausbaus angeblich verbreiteten, stellen Sie unter Anderem fest: “Nein, es gab nie eine Zusage, das Grundstück nicht zu räumen.”
Hier liegt der Fall andersherum, hier fehlt in Ihrer Aussage genau der Zusatz, auf den es ankommt.
Was Sie nämlich zurückweisen, wurde in dieser Allgemeinheit gar nicht behauptet. Vielmehr geht es um eine sehr viel konkretere Zusage, die Sie vor etlichen Zeugen am Abend des 19. Februar gemacht haben, und die lautete: “Ich versichere Ihnen, im Februar wird es keine Räumung geben.” Das sagten Sie an der Mahnwache neben dem Bahnhofswald, nachdem am Vormittag desselben Tages das Rodungskommando der Investoren im Wald gewütet hatte und nun eine entsprechend aufgewühlte Menschenmenge vor Ihnen stand. Mit dem Versprechen, der Februar werde ohne Räumung zu Ende gehen, gelang es Ihnen, viele Anwesende zu beruhigen, denn es ließ die Hoffnung aufkommen, vor Beginn der Baumschutzsaison werde es keine weiteren Fällungen geben.
Tags darauf aber forderten Sie per Amtshilfeersuchen die Polizei dazu auf, das Gelände zu räumen.
Warum haben Sie sich nicht an Ihre Zusage gehalten? Auch dieser offenkundige Wortbruch bedarf dringend einer Erklärung und öffentlichen Richtigstellung!
3. Schließlich haben Sie in Ihrer Rede behauptet: „Nein, es hat keine unzulässigen Fällungen gegeben.“ Seit 6 Wochen warten wir auf eine Antwort auf unsere nach dem Informations-Zugangsgesetz gestellte Anfrage nach erteilten Fällgenehmigungen. Unsere Frage lautet: Wer hat wann eine Ausnahmegenehmigung erteilt, die es erlaubte, im Februar auf dem Gelände Bäume mit mehr als 50 cm Stammdurchmesser zu fällen? Bäume, die laut Bebauungsplan 303 Hauptpost nach dem 01.Februar nicht mehr hätten gefällt werden dürfen. Hat es keine solche Ausnahme-Genehmigung gegeben, dann war die Fällung dieser Bäume illegal. Bitte weisen Sie die Untere Naturschutzbehörde und die Rechtsabteilung an, uns diese Auskunft nunmehr unverzüglich zu geben – oder korrigieren Sie öffentlich die in Ihrer Rede aufgestellte Behauptung.
Mit freundlichen Grüßen
Günter Strempel und Christiane Schmitz-Strempel
- Siehe zur Stellungnahme der Oberbürgermeisterin auch den Stadtblog Beitrag vom 18.03.2021:
Flensburger Oberbürgermeisterin nimmt Stellung zum Thema Bahnhofswald
https://akopol.wordpress.com/2021/03/18/flensburger-oberbuergermeisterin-nimmt-stellung-zum-thema-bahnhofswald/
Weitere Infos und Beiträge zum Thema Hotel- und Parkhausprojekt am Flensburger Bahnhofswald auch hier
Eine offene Wunde

Gerodeter Bahnhofswald: Das Flensburger Naturhabitat beherbergte über 140 Jahre alte Bäume und geschützte Fledermäuse – Foto: Marco Johns
Ein Beitrag von Günter Strempel
Von verlorenem Vertrauen in Politik und Verwaltung ist dieser Tage allerorten die Rede. Und natürlich davon, wie es denn wiederzugewinnen sei. Die Kanzlerin versucht es mit dem Eingeständnis von Fehlern und bittet um Verzeihung. In Flensburg geht man einen anderen Weg.
Die Auseinandersetzung um den Bahnhofswald, die sich über Jahre hinzog und bis zu ihrem traurigen Höhepunkt immer stärker zuspitzte, hat in der Stadtgesellschaft eine tiefe Wunde hinterlassen. Man täusche sich nicht, der Vertrauensverlust ist riesig.
Doch was geschieht?
Strategie 1: Weggucken, wegducken, ganz so tun, als sei nichts gewesen. Nein, sagt die Mehrheit der Ratsversammlung, eine kritische Aufarbeitung der Ereignisse brauchen wir nicht.
Strategie 2: Fehler und Falschdarstellungen werden eingesetzt, um die öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen und kritische Gegenstimmen zum Schweigen zu bringen. Hierfür ein Beispiel: In ihrer groß angelegten Erklärung zum Bahnhofswald (Motto: Ich ziehe jetzt den Schlussstrich!) formuliert die Oberbürgermeisterin während der Ratsversammlung folgenden Satz:” So wird der Hotelbau ausschließlich auf bereits versiegelten Flächen vorgenommen,…”. Auf das eine Wort “ausschließlich” kommt es an. Die Rednerin erweckt den Eindruck, der ganze Streit um den Wald sei im Grunde ein Possenspiel, denn in Wirklichkeit passiere der Natur doch gar nichts. Gebaut werde ausschließlich…
Spannend wird es im Folgenden. Der Text der Rede ist im vollen Wortlaut auf der Homepage der Stadt Flensburg nachzulesen. Noch während die Ratsversammlung läuft, wird er dort eingestellt.
Zunächst bleibt alles unverändert, doch dann wird heimlich, still und leise korrigiert. Das muss geschehen, denn nach erfolgter Rodung ist völlig klar: Diese Aussage über die Versiegelung ist völlig unhaltbar. Lange Zeit konnte man damit auftrumpfen und u.a. auch viele Ratsmitglieder beeindrucken – bis hin zu ihrer Entscheidung für das Projekt. Heute aber genügt ein Blick auf die Rodungsfläche, um die kolossale Unwahrheit des “ausschließlich” zu erkennen. Das Wort wird kurzerhand getilgt, denn allzu offenbar soll auch dort gebaut werden, wo vor kurzem noch wertvolle Bäume standen.
Für die falsche Formulierung keine Entschuldigung, kein Fehlereingeständnis. So jedenfalls heilt man keine Wunden, so bleibt Vertrauen unrettbar verloren.
Stellungnahme zum Bahnhofswald: Bürgerinitiative widerspricht den Ausführungen von Simone Lange
In einer Pressemitteilung widerspricht die Bürgerinitiative Bahnhofsviertel Flensburg vehement den Ausführungen von Oberbürgermeisterin Simone Lange, die sie gestern in der Aktuellen Stunde der Ratsversammlung zum Thema Bahnhofswald und zur polizeilichen Räumung des Geländes gemacht hat. So schreibt die Bürgerinitiative:
Wer schmeißt denn da mit Lehm…
Im Rahmen einer Aktuellen Stunde nimmt unsere Oberbürgermeisterin Stellung zum Thema Bahnhofswald. Sie fordert eindringlich dazu auf, mutwillige Unterstellungen zu unterlassen und ein
Ende der “größtmöglichen Schlammschlacht”.
Ganz im Sinne der Faktenbezogenheit, die unsere Oberbürgermeisterin anmahnt, bitten wir nun darum, die von ihr angeführte Liste der sogenannten “Fake-News” einmal genau anzusehen.
Die Oberbürgermeisterin nennt sechs Beispiele, wir greifen vier davon heraus:
1. Nein, ich bin am Tag des 19.02. nicht an der Mahnwache gewesen.
Tatsache ist, Frau Lange war am Abend des 19.02. zusammen mit dem Einsatzleiter der Polizei in der Bahnhofsstraße und hat mit BesetzerInnen und Mitgliedern der Bürgerinitiative diskutiert. – Einen Fotobeleg fügen wir bei. (Auf der Homepage der Stadt hat die Oberbürgermeisterin inzwischen das angegebene Datum auf den 18.02. verändert. Aber: „Es gilt das gesprochene Wort!“ Gesprochen wie zunächst geschrieben, hat sie vom 19.02.)
2. Nein, es gab nie eine Zusage, das Grundstück nicht zu räumen.
Tatsache ist, umgeben von etlichen Zeugen hat Frau Lange am 19.02. bei eben dieser Gelegenheit den BaumbesetzerInnen gegenüber die Zusicherung gegeben, dass im Monat Februar keine Räumung erfolgen wird. – Bereits am Folgetag wurde aber das Amtshilfegesuch für die Räumung gestellt, diese erfolgte am Tag danach.
3. Nein, es hat keine rechtswidrige Baugenehmigung gegeben.
Was hat es mit einer “Fake-News” zu tun, wenn wir in Übereinstimmung mit unserem Anwalt zu der Einschätzung gelangen, die Baugenehmigung sei nicht rechtmäßig erfolgt? Diesem Befund liegen sachliche Erwägungen zugrunde, seine Berechtigung wird eine juristische Prüfung erweisen. Mit einer mutwilligen Unterstellung hat das rein gar nichts zu tun.
4. Nein, es hat keine unzulässigen Fällungen gegeben.
Hier gilt Gleiches wie unter 3. Unabhängig davon war es laut B-Plan selbst im Falle einer vorliegenden Ausnahmegenehmigung für eine Verlängerung der Fällzeit unzulässig, die Habitat-geeigneten Bäume zu fällen, ohne zuvor Ersatz-Quartiere für die Fledermäuse zu schaffen. Dies war nicht erfolgt.
Ebenfalls in dieser Aktuellen Stunde wiederholt Frau Lange die Aussage, der Hotelbau werde “ausschließlich auf versiegelten Flächen vorgenommen.” Wir verzichten darauf, diese fern jeder Wahrheit (somit wohl im Bereich einer Fake-News) liegende Feststellung zu kommentieren. Ein Blick auf die offizielle Planskizze zum Hotelprojekt (s. Anlage Baumkataster Planung Planzeichnung-X ) oder anschaulicher noch ein Blick durch den Bauzaun auf die Rodungsfläche genügt, um den Wahrheitsgehalt dieser Behauptung zu ermessen – er liegt bei null. (Siehe dazu ergänzend auch den Beitrag vom 18.03.: Simone Lange liegt falsch, die Stadtblog-Red. )
Fazit: Das Vorgehen der Oberbürgermeisterin folgt strikt der Devise, Angriff sei die beste Form der Verteidigung. Sie selbst trifft nachweislich Falschaussagen, unterstellt aber ihren Kritikern, Fake-News zu verbreiten. Während sie ein ehrliches Miteinander anmahnt, stellt sie gleichzeitig diejenigen, die ihre Vorgehensweise kritisieren, in die Querulanten- und Nestbeschmutzerecke.
Sehr viele FlensburgerInnen haben sich für das Fortbestehen des Bahnhofswaldes und damit für eine Lösung des Konflikts im Sinne des Klima- und Artenschutzes eingesetzt. Ihnen allen müssen die Appelle der Oberbürgermeisterin wie Hohn in den Ohren klingen.
Bürgerinitiative Bahnhofsviertel Flensburg
c/o Günter Strempel und Christiane Schmitz-Strempel
Tiesholz 1
24941 Flensburg
Mehr dazu und die erwähnte Stellungnahme der Oberbürgermeisterin in einem Stadtblog-Beitrag vom 18.03.2021: Flensburger Oberbürgermeisterin nimmt Stellung zum Thema Bahnhofswald unter: https://akopol.wordpress.com/2021/03/18/flensburger-oberbuergermeisterin-nimmt-stellung-zum-thema-bahnhofswald/
Nachtrag vom 19.03 und 20.03.:
Stadt ändert nachträglich Datum und inhaltliche Formulierung in der Stellungnahme von Simone Lange
Weitere Beiträge zum Thema und den umstrittenen Behauptungen:
Pressemeldung Stadt Flensburg 21.02.2021
Corona-Lage in Flensburg und Bahnhofswald: Infektionsschutz hat Priorität unter: https://akopol.wordpress.com/2021/02/21/corona-lage-in-flensburg-und-bahnhofswald-infektionsschutz-hat-prioritaet/
Stellungnahme der Gewerkschaft der Polizei vom 19.02.2021:
Unverantwortliche Eskalation durch Investor am Flensburger Bahnhofswald
unter: https://akopol.wordpress.com/2021/02/19/unverantwortliche-eskalation-durch-investor-am-flensburger-bahnhofswald/
Stadtblog vom 09.02.2021: Bahnhofswald Flensburg: Baumbesetzer*innen legen Widerspruch gegen die Allgemeinverfügung der Stadt ein
unter: https://akopol.wordpress.com/2021/02/09/bahnhofswald-flensburg-baumbesetzerinnen-legen-widerspruch-gegen-die-allgemeinverfuegung-der-stadt-ein/
Stadtblog vom 07.02.2021: Stadt Flensburg fordert BesetzerInnen per Allgemeinverfügung ultimativ zum Verlassen des Bahnhofswalds auf
unter: https://akopol.wordpress.com/2021/02/07/stadt-flensburg-fordert-besetzerinnen-per-allgemeinverfuegung-ultimativ-zum-verlassen-des-bahnhofswalds-auf/
Stadtblog vom 16.01.2021: Verschärfte Coronasituation: Vorerst keine Räumung des Bahnhofswalds in Flensburg
unter: https://akopol.wordpress.com/2021/01/16/verschaerfte-coronasituation-vorerst-keine-raeumung-des-bahnhofswalds-in-flensburg/
Simone Lange liegt falsch
Ein Kommentar von Jörg Pepmeyer
In einer Aktuellen Stunde aus Anlass der heutigen Sitzung der Ratsversammlung hat die Flensburger Oberbürgermeisterin Stellung zum Thema Bahnhofswald genommen (Mehr dazu hier). In ihrer Darstellung der Dinge und Abläufe wie auch der polizeilichen Räumung und Rodung behauptete sie unter anderem, sie sei nicht am 19.2. abends an der Mahnwache beim Bahnhofswald gewesen. Das ist nicht richtig. Davon gibt es sogar Fotos und genügend Menschen, die das bezeugen können. Und unabhängig von der Kritik der Bürgerinitiative und der BaumbesetzerInnen entspricht die Behauptung der Oberbürgermeisterin: „So wird der Hotelbau ausschließlich auf bereits versiegelten Flächen vorgenommen, um nur ein Beispiel zu nennen.“ ebensowenig den Tatsachen. Sehr wohl wird das Hotel auf Flächen gebaut, die bisher nicht versiegelt waren, siehe dazu auch die offizielle Planskizze der Stadt zum Baumkataster, deren Darstellung allerdings erhebliche Fehler bzw. Ungenauigkeiten aufweist, die möglicherweise Simone Lange übersehen hat. Die Skizze ist irreführend, da nicht deutlich ersichtlich ist, welche Flächen aktuell versiegelt sind. Anschließend zum Vergleich die Rodungsfläche aus der Vogelperspektive
Offizielle Planskizze (Baumkataster zum B-Plan Nr. 303 „Hauptpost“) der Stadt Flensburg für das Hotelprojekt am Bahnhofswald, die aber in der Darstellung der tatsächlichen Vegetation und der versiegelten Flächen von der Realität abweicht, wie die anschließenden Fotos verdeutlichen. Rot eingefärbt die Baukörper für das geplante Hotel und das Parkhaus, rosa die später voll- und teilversiegelten Freiflächen (geplant), mit grau die bestehenden Gebäude. Ganz wichtig die kaum erkennbare, gestrichelte Linie im Plangebiet: Das ist die Grenze der im jetzigen Bestand bereits vollversiegelten Fläche. Mit x sind die von der Fällung bedrohten Bäume gekennzeichnet. Allerdings sind die ebenfalls bedrohten und gefällten „untermaßigen“ Bäume hierbei nicht berücksichtigt. – Für eine größere Darstellung den Link anklicken: https://akopol.files.wordpress.com/2019/09/baumkataster-planung-planzeichnung-x.pdf
Vor und nach der Rodung
Untenstehend zum Vergleich der Blick aus der Vogelsperspektive. Man sieht, dass ein erheblicher Teil der in der Planskizze ausgewiesenen und im Rahmen des Hotelbaus geplanten voll- und teilversiegelten Flächen mit Bäumen und weiterer Vegetation bewachsen ist, die im Plan bereits mit Fällungsmarkierungen versehen sind.
Dann der Zustand nach der erfolgten Rodung. Aus der Quelle in der Mitte des Rodungs-Fotos tritt weiterhin Wasser aus und läuft in dem dunkelbraunen Streifen bis auf den Postparkplatz. Wer will, kann auf das Bild zwei Mal klicken, um es zu vergrößern und die Baumstümpfe zählen… Diese Fläche wird im Plan für das Baumkataster als Fläche dargestellt, auf der dann später auch der Bauköper des Hotels steht und die damit voll/teilversiegelt wird. Aber jetzt ist sie bis auf den Parkplatz definitiv nicht versiegelt. Insofern ist die Aussage der Oberbürgermeisterin falsch.
Die Fläche nach der Rodung. Wer möchte, kann mit einem Doppelklick das Foto vergrößern und die Baumstümpfe zählen – Foto: Bernd Schütt 24.02.2021
Böömdörp in de Bahnhoffsbööm @boomdorp schreibt dazu heute auf Twitter:
„So wird der Hotelneubau ausschließlich auf bereits versiegelten Flächen vorgenommen.“ sagte Frau Lange heute. Bitte wer verbreitet hier jetzt Fake News…? Auszug aus dem Baumkataster: 47 mal steht dort „Standort wird unmittelbar überbaut“
Un weiter heißt es: „Streng genommen ist es Bäumen und Klima übrigens egal, ob sie fallen, weil sie „neben“ oder „direkt auf“ einer geplanten Baufläche stehen. Selbst würde die Aussage stimmen (was sie nicht tut) wäre sie Greenwashing.“

Auszug aus dem Baumkataster zum Bebauungsplan Nr. 303 „Hauptpost“ der Stadt Flensburg – Eingriff in den Baumbestand: https://akopol.files.wordpress.com/2020/07/baumkataster-planung-eingriff-text.pdf
Nachtrag:
Stadt ändert nachträglich inhaltliche Formulierung in der Stellungnahme von Simone Lange
Dazu auch die Pressemitteilung der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel Flensburg vom 18.03.: Stellungnahme zum Bahnhofswald: Bürgerinitiative widerspricht den Ausführungen von Simone Lange
Flensburger Oberbürgermeisterin nimmt Stellung zum Thema Bahnhofswald

Räumung des Flensburger Bahnhofswald. Lautstarker Protest vor der Polizeikette am 21. Februar. – Dazu Simone Lange: „Nein, es gab nie eine Zusage das Grundstück nicht zu räumen.“ Foto: Jörg Pepmeyer
Die Flensburger Ratsversammlung hat sich auf ihrer heutigen Sitzung in einer Aktuellen Stunde mit dem Thema „Situation am Bahnhofswald“ befasst. In diesem Zusammenhang hat Oberbürgermeisterin Simone Lange eine Stellungnahme der Stadt Flensburg zum Thema abgegeben. Den Wortlaut des Beitrages finden Sie hier:
– es gilt das gesprochene Wort –
Lieber Hannes,
Liebe Mitglieder der Ratsversammlung,
seit vielen Monaten ist keine Ratsversammlung vergangen, bei der wir uns nicht mit den Entwicklungen am Bahnhof und dem Bahnhofswald beschäftigt haben.
Ich finde es gut, dass wir dieses heute mal etwas ausführlicher tun und möchte meines dazu beitragen, einige Dinge klarzustellen, die schon lange klargestellt gehören, dazu beitragen einen Schlussstrich unter die Diskussionen der Vergangenheit zu ziehen, um den Blick nach vorne zu richten.
Schon lange dreht sich unsere Diskussion nicht mehr vorrangig um die inhaltliche Frage eines Bahnhofshotels. Schade eigentlich, denn das sollte der Mittelpunkt einer Diskussion über städtebauliche Entwicklung ausmachen. Leider bewegt sich die Diskussion auch zunehmend nicht mehr im Bereich der Fakten und Tatsachen, aber dazu später mehr.
Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir die Pläne eines Bahnhofshotels begrüßen. Es wertet den Bahnhof auf, schafft eine weitere Gelegenheit, in unserer Stadt zu übernachten und stärkt – auch mit dem Parkhaus – das Verkehrsmittel Bahn, indem es Schnittstellen schafft und verschiedene Mobilitätsformen miteinander verknüpft. In dieser Frage bin ich mir übrigens sehr einig mit der Bahn AG. Nur indem wir konkrete Maßnahmen vorantreiben, werden wir zukünftig Emissionen mindern können.
Wir haben die Pläne ausgiebig in den dafür zuständigen Gremien öffentlich diskutiert und auch die Bürgerinnen und Bürger beteiligt. Wir haben im Laufe des Verfahrens Verbesserungen am Vorhaben vornehmen können. So wird der Hotelbau ausschließlich auf bereits versiegelten Flächen vorgenommen, um nur ein Beispiel zu nennen. Die Diskussionen sind auf allen Seiten mit viel Leidenschaft geführt worden.
Am 25. Juni 2020 wurde der B-Plan schließlich in der Ratsversammlung beschlossen. Von diesem Tag an gilt es nun, die beschlossenen Pläne umzusetzen. Das ist unsere Aufgabe und Verpflichtung als Verwaltung. Wir haben deshalb an dem inzwischen eingereichten Bauantrag gearbeitet und im Januar eine Baugenehmigung erteilt. Wir sind in diesem Zeitraum mehrfach mit den Investoren im Kontakt gewesen und haben die Planungen abgestimmt.
Lieber Hannes, liebe Mitglieder der Ratsversammlung,
Flensburg ist eine Kreisfreie Stadt und wir werden auch in Zukunft immer wieder vor der Herausforderung stehen, die Stadt gemeinsam zu entwickeln. Dabei ist der zur Verfügung stehende Raum durchaus begrenzt. Das führt dazu, dass wir immer wieder Abwägungen treffen müssen – zwischen Entwicklung und Bewahrung. Wir müssen – wie so oft in politischen Fragen – Kompromisse finden, um die Zukunft unserer Stadt zu gestalten. Dazu gehört die Verdichtung. Dazu gehört aber auch die Bewahrung und Pflege von Ressourcen, mit denen wir sorgsam umgehen müssen und die vor allem qualitativ hochwertig sein sollten.
Kurzum: Ich meine nicht die Wiese auf der Verkehrsinsel, sondern vielmehr hochwertige Flächen wie das Twedter Feld.
Wir werden nicht immer darum herumkommen, Eingriffe in bestehende Vegetation vorzunehmen. Selbstverständlich nicht ohne die entsprechenden Ausgleichsflächen zu schaffen. Wir müssen dabei immer die Gesamtstadt und ihre Entwicklung im Blick behalten. Nur so können wir uns positiv entwickeln und die richtigen Anstöße geben.
Sei es am Hafen Ost, mit den Ansätzen der Suffizienz, bei der wir nachhaltige Entwicklungen in den Mittelpunkt stellen. Sei es am Bahnhof, wo wir auch die Bahn als umweltfreundliches Verkehrsmittel stärken wollen. Wenn wir unsere Stadt nach vorne bringen und nachhaltig machen wollen, dann müssen wir ihre Gesamtentwicklung betrachten. Dafür stehe ich! Und das sage ich nicht zuletzt als Vorstandsmitglied des Flensburger Klimapaktes.
Ende vergangenen Jahres war absehbar, dass in naher Zukunft die Baugenehmigung erteilt werden könnte. Wir haben deshalb mit den Investoren gesprochen und den Wunsch mit auf den Weg genommen Hilfe zu leisten, um diese dann auch auf den Weg zu bringen, da das Waldstück inzwischen besetzt war. Nach Gesprächen mit der Polizei wurde ein Datum für eine Räumung des Grundstückes abgestimmt und die entsprechenden Vorbereitungen eingeleitet.
Am Freitagabend vor dem geplanten Räumungstermin wurden wir mit zwei Erkenntnissen konfrontiert: Zum einen war der Termin inzwischen durchgesickert. Zum anderen bekamen wir die Bestätigung der Virusmutation bei Fällen in unserer Stadt.
Ich habe daraufhin Kontakt zur Landesregierung aufgenommen. Und bevor es in ihren Reihen gleich wieder unruhig wird, liebe CDU, selbstverständlich hat die Innenministerin bestätigt, dass der Einsatz der Polizei wie geplant durchführbar wäre. Jede andere Antwort wäre auch verblüffend gewesen.
Ich hatte jedoch als Absenderin des Amtshilfeersuchens zu entscheiden, ob der Einsatz vor dem Hintergrund der vorliegenden Erkenntnisse angemessen und verhältnismäßig ist. Und ich sage sehr deutlich: ein Zusammentreffen von mehreren hunderten Polizisten mit Besetzer*innen und zahlreichen Sympathisant*innen, die sich voraussichtlich auf dem Weg nach Flensburg gemacht hätten und Demonstrationsgeschehen an mehreren Stellen der Stadt nach sich gezogen hätten, wäre genau dies nicht gewesen.
Die Entwicklung der Corona-Zahlen aufgrund der Mutation dürfte Ihnen bekannt sein. In den kommenden Wochen wurde die Situation nicht besser, sondern eher schlechter. Die gemeinsam mit dem Land beschlossenen Maßnahmen zunehmend rigider.
Die Stadt Flensburg war dabei nicht primäre Akteurin in der Angelegenheit Bahnhofshotel. Vielmehr war der Investor am Zuge aufzuzeigen, wie es weitergehen soll. Wir waren deshalb zuversichtlich, als wir die Anfrage nach einem Termin bekommen haben, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Denn gemeinsam lassen sich solche Situationen nun mal am besten lösen. Dieser Termin kam dann jedoch nicht mehr zu Stande, weil der Investor inzwischen Fakten geschaffen hatte. Ja, er hatte die Genehmigungen, um mit den Arbeiten zu beginnen und hat damit dann auch begonnen.
Meine Kritik richtet sich deshalb auch nicht gegen die Absicht der Bauherren mit dem Projekt zu beginnen. Meine Kritik richtet sich dagegen, dass wir noch vor einem abgestimmten Termin mit Tatsachen konfrontiert, also getäuscht wurden und auch dagegen, dass bei den Aktionen auf dem Grundstück das Umfeld und die sich zuspitzende Lage völlig außer Acht gelassen wurde. Die Aktion hatte zur Folge, dass sich die Polizei kurzfristig mit einer kritischen Situation konfrontiert sah und zusätzliche Kräfte nach Flensburg delegieren musste, dass mindestens ein Mensch verletzt wurde und dass auch unter Corona-Gesichtspunkten eine unhaltbare Situation entstanden war. So geht man nicht miteinander um, liebe Bauherren.
Die Polizei und die Stadt hatten alle Hände voll zu tun, deeskalierend zu wirken, um die Lage wieder überschaubar zu halten. Enttäuscht hat mich, dass die Entwicklung von Seiten der Bauherren billigend in Kauf genommen wurde.
Die schließliche Räumung des Grundstücks in dieser Lage war dann nur konsequent in der Durchsetzung der inzwischen verhängten Ausgangssperre, die auf der Grundlage der hohen Inzidenz von knapp 200 sowie den stetig ansteigenden Anteil der Mutationen verhängt wurde. Es gab eine rechtzeitige Aufforderung das Gelände zu verlassen, ausreichend Zeit, dieser Aufforderung Folge zu leisten und die Konsequenzen sollten allen Beteiligten klar gewesen sein.
Ich bedanke mich an dieser Stelle erneut bei der Landespolizei SH für die Zusammenarbeit, die mit uns als Stadt stets auf Dialog und Deeskalation angelegt war.
Es gibt einen Punkt in der Gesamtentwicklung der letzten Monate, der mich in diesem Zusammenhang am meisten beschäftigt:
Der konsequente Gebrauch von Fake-News, um die eigenen Interessen durchzusetzen ist ein nicht akzeptabler Weg. Getreu nach dem Motto: „Irgendetwas wird schon hängenbleiben“.
- Nein, die Ausgangssperre wurde nicht wegen des Bahnhofswaldes verhängt.
- Nein, es gab nie eine Zusage das Grundstück nicht zu räumen.
- Nein, ich bin am Tag des 19.02. nicht an der Mahnwache gewesen.
- Nein, ich war nicht im Blümchenkleid in Wassersleben mit den Investoren essen.
- Nein, es hat keine unzulässigen Fällungen gegeben.
- Nein, es hat keine rechtswidrige Baugenehmigung gegeben.
- Ich könnte so weitermachen.
All dies, mehrfach öffentlich bei Veranstaltungen und in Leserbriefen geäußert, sind mutwillige Unterstellungen, mit denen ich nicht mehr gewillt bin, mich auseinanderzusetzen. Und wenn wir gemeinsam unsere Stadt gestalten wollen, dann sollten wir ehrlich miteinander sein und nicht versuchen als Sieger aus der größtmöglichen Schlammschlacht hervorzugehen.
Ich bin mir sicher, dass diejenigen, die sich hier als Meister ihres Faches erwiesen haben, wissen wer gemeint ist. Mein Appell an Sie. Mäßigen Sie sich!
Es geht auch anders. Der BUND hat einen Widerspruch gegen die Waldumwandlung eingereicht. Mit dem beschäftigt sich derzeit das LLUR und der wird auch beschieden. Auf sachlicher Grundlage und ohne Unterstellungen. So geht Rechtsstaat.
Wir sollten – sofern wir uns selber ernst nehmen – zusehen, dass wir nun gemeinsam das rechtsstaatliche Verfahren wieder aufnehmen und das Projekt am Bahnhof voranbringen. Gemeinsam. Denn auch Sie, liebe Flensburger Ratsversammlung, sind Teil der kommunalen Selbstverwaltung. Und ich kann meinen Beitrag nicht schließen, ohne noch einmal darauf hinzuweisen, dass ich auch von allen erwarte, dass sie sich konstruktiv einbringen. Das Projekt ist mehrheitlich von Ihnen beschlossen. Tragen Sie nun Ihres dazu bei, es zum Erfolg zu führen und hören Sie auf, jeden Schritt der Verwaltung zu attackieren. Das bringt uns nicht nach vorne und ich bin mir sicher, dass Ihnen das bewusst ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren der Flensburger Stadtgesellschaft,
lieber Hannes,
liebe Kolleginnen und Kollegen der Ratsversammlung,
Dialog ist die höchste Form der Kommunikation. Das Ziel des Dialoges bedeutet nicht Unterwerfung und Sieg, auch nicht Selbstbehauptung um jeden Preis, sondern GEMEINSAME Arbeit in der Methode und in der Sache. Dialog ist die stärkste Form der Veränderung.
Lassen Sie uns deshalb in dieser Weise unsere gemeinsame Arbeit an neuen, spannenden Projekten und Aufgaben fortsetzen und alle Menschen herzlich einladen, in dieser Weise unsere Stadt in die Zukunft zu entwickeln. Lassen Sie uns streiten und diskutieren! lassen Sie uns nun aber auch gemeinsam beschlossene Projekte voranbringen!
Vielen Dank!
Nachtrag vom 19.03 und 20.03.:
Stadt ändert nachträglich Datum und inhaltliche Formulierung in der Stellungnahme von Simone Lange
Dazu auch die Pressemitteilung der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel Flensburg vom 18.03.: Stellungnahme zum Bahnhofswald: Bürgerinitiative widerspricht den Ausführungen von Simone Lange
Simone Lange bezieht sich in ihren Ausführungen insbesondere auf die Vorwürfe und scharfe Kritik der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel und der BaumbesetzerInnen an der Räumung und Rodung des Bahnhofswalds. Siehe zu dieser Sicht der Dinge den Stadtblog-Beitrag vom 7. März 2021:
Räumung und Rodung des Flensburger Bahnhofswalds: Täuschte die Stadt absichtlich die Öffentlichkeit? unter: https://akopol.wordpress.com/2021/03/07/raeumung-und-rodung-des-flensburger-bahnhofswalds-taeuschte-die-stadt-absichtlich-die-oeffentlichkeit/
sowie den Stadtblog-Beitrag vom 3. März 2021:
Stadtpolitik mit der Brechstange
unter: https://akopol.wordpress.com/2021/03/03/stadtpolitik-mit-der-brechstange/
Ein Kommentar von Jörg Pepmeyer
Simone Lange liegt falsch
Sehr wohl ist Simone Lange am 19.2. abends an der Mahnwache beim Bahnhofswald gewesen. Davon gibt es sogar Fotos und genügend Menschen, die das bezeugen können. Und unabhängig von der Kritik der Bürgerinitiative und BaumbesetzerInnen entspricht die Behauptung der Oberbürgermeisterin: „So wird der Hotelbau ausschließlich auf bereits versiegelten Flächen vorgenommen, um nur ein Beispiel zu nennen.“ ebensowenig den Tatsachen. Sehr wohl wird das Hotel auf Flächen gebaut, die bisher nicht versiegelt waren, siehe dazu auch die offizielle Planskizze der Stadt zum Baumkataster, deren Darstellung allerdings erhebliche Fehler bzw. Ungenauigkeiten aufweist, die möglicherweise Simone Lange übersehen hat. Die Skizze ist irreführend, da nicht deutlich ersichtlich ist, welche Flächen aktuell versiegelt sind. Anschließend zum Vergleich die Rodungsfläche aus der Vogelperspektive
Offizielle Planskizze (Baumkataster zum B-Plan Nr. 303 „Hauptpost“) der Stadt Flensburg für das Hotelprojekt am Bahnhofswald, die aber in der Darstellung der tatsächlichen Vegetation und der versiegelten Flächen von der Realität abweicht, wie die anschließenden Fotos verdeutlichen. Rot eingefärbt die Baukörper für das geplante Hotel und das Parkhaus, rosa die später voll- und teilversiegelten Freiflächen (geplant), mit grau die bestehenden Gebäude. Ganz wichtig die kaum erkennbare, gestrichelte Linie im Plangebiet: Das ist die Grenze der im jetzigen Bestand bereits vollversiegelten Fläche. Mit x sind die von der Fällung bedrohten Bäume gekennzeichnet. Allerdings sind die ebenfalls bedrohten und gefällten „untermaßigen“ Bäume hierbei nicht berücksichtigt. – Für eine größere Darstellung den Link anklicken: https://akopol.files.wordpress.com/2019/09/baumkataster-planung-planzeichnung-x.pdf
Vor und nach der Rodung
Untenstehend zum Vergleich der Blick aus der Vogelsperspektive. Man sieht, dass ein erheblicher Teil der in der Planskizze ausgewiesenen und im Rahmen des Hotelbaus geplanten voll- und teilversiegelten Flächen mit Bäumen und weiterer Vegetation bewachsen ist, die im Plan bereits mit Fällungsmarkierungen versehen sind.
Dann der Zustand nach der erfolgten Rodung. Aus der Quelle in der Mitte des Rodungs-Fotos tritt weiterhin Wasser aus und läuft in dem dunkelbraunen Streifen bis auf den Postparkplatz. Wer will, kann auf das Bild zwei Mal klicken, um es zu vergrößern und die Baumstümpfe zählen…. Diese Fläche wird im Plan für das Baumkataster als Fläche dargestellt, auf der dann späterauch der Bauköper des Hotels steht und die damit voll/teilversiegelt wird. Aber jetzt ist sie bis auf den Parkplatz definitiv nicht versiegelt. Insofern ist die Aussage der Oberbürgermeisterin falsch.
Böömdörp in de Bahnhoffsbööm @boomdorp schreibt dazu heute auf Twitter:
„So wird der Hotelneubau ausschließlich auf bereits versiegelten Flächen vorgenommen.“ sagte Frau Lange heute. Bitte wer verbreitet hier jetzt Fake News…? Auszug aus dem Baumkataster: 47 mal steht dort „Standort wird unmittelbar überbaut“
Un weiter heißt es von @boomdorp: „Streng genommen ist es Bäumen und Klima übrigens egal, ob sie fallen, weil sie „neben“ oder „direkt auf“ einer geplanten Baufläche stehen. Selbst würde die Aussage stimmen (was sie nicht tut) wäre sie Greenwashing.“

Auszug aus dem Baumkataster zum Bebauungsplan Nr. 303 „Hauptpost“ der Stadt Flensburg – Eingriff in den Baumbestand: https://akopol.files.wordpress.com/2020/07/baumkataster-planung-eingriff-text.pdf
Stadtpolitik mit der Brechstange
„Flensburg will dein Engagement…“ und wie man es in Flensburg unmöglich macht
Ein Beitrag von Sabine Scholl
Die Verwüstung des Bahnhofswaldes kann jeder Passant sich anschauen, so mancher bisher Unbeteiligter beginnt zu ahnen, welche Dimension dieses Bauvorhaben hat und dass zu große Bauten auf zu kleiner Fläche platziert werden. So erging es einem Befürworter, der nach der Räumung zum ersten Mal das nackte Gelände sehen konnte. Nachdem er eine Weile durch den Zaun gesehen hatte, meinte er: „Also das sehe ich ja jetzt erst, wie hässlich das hier ist, mit den Brauereifassaden… und da geht es ja richtig runter, da ist ja auch Wasser – wieso will man denn DA bauen? Wieso nicht gegenüber am Sportplatz?“
Aber egal, die Bäume sind gefällt, das Vertrauen zu den Investoren ist offenbar wieder hergestellt, denn bestimmt sollen sie in Flensburg noch einiges tun dürfen, und die Unruhen haben sich, wenigstens äußerlich, gelegt.
Was ist aber mit dem Schaden, der in den politisch Interessierten und Engagierten angerichtet wurde?
Was ist mit unserem Vertrauen in die Stadtpolitik?
Will das überhaupt jemand wissen?
Machtdemonstration aus Angst vor Autoritätsverlust ist beileibe kein Phänomen, das es nur hier in Flensburg gibt, aber für eine Stadt wie Flensburg ist es ein Armutszeugnis, wenn ungeachtet aller Zweifel, die sogar noch am Vorabend des 19.2. in der Ratsversammlung anklangen, die Investoreninteressen mit der Brechstange durchgesetzt werden. Das Vorgehen mit dem größten Polizeiaufgebot seit der Nachkriegszeit und die für Bürger*innen zweifelhaften Umstände, die dies ermöglichten, hat sogar zu einer Neuschöpfung in der Sprache geführt: Menschen und ihr Engagement können „geflensburgt“ werden. Besonders in einer jungen, politisch wachen Generation ist mit diesem einen Wort seit dem 19.2.2021 alles gesagt.

Flensburg Strategie? Konfrontation statt Dialog am Bahnhofswald: Von den Investoren Jan Duschkewitz und Ralf Hansen angeheuerte Privatarmee sichert Waldzerstörung ab – Foto: Jörg Pepmeyer
Wäre die Flensburg Strategie eine ehrliche, müsste man sie so formulieren: Bürger dürfen ein bisschen reinschnuppern, in das was da städtebaulich passiert, aber bitte nicht hinterfragen, schließlich sind die Vertreter gewählt und damit ermächtigt. Die Verwaltung trägt das Ihre dazu bei, indem sie nur die positiven Aspekte der Bauvorhaben nach außen darstellt (z.B. Bahnhofsviertel, Museumsberg usw.) und den Naturschutz je nach Bedarf aushebelt.
Als ein Mensch bei den bewachten Fällarbeiten am Bahnhof seine Wut laut äußerte, sagte eine Polizistin: „Na ja, so kommt man natürlich nicht weiter!“ Am Bahnhofswald ist in den letzten zwei Jahren „bürgerliches Engagement“ auf der Ebene der Argumente und in den Versuchen, mit politischen Entscheider*innen ins Gespräch zu kommen, nicht einen Deut weitergekommen, da ein ehrlicher Diskurs offenbar nur stört und deshalb vermieden wird. 2007 sorgten Einwohner*innenproteste dafür, dass ein Prestigeobjekt am Hafen nicht gebaut wurde. Einige Ratsleute hatten Skrupel, die massiven Proteste einfach zu ignorieren. Das darf wohl nicht nochmal passieren. Am Bahnhofswald solidarisierten sich keinesfalls „nur Anwohner“ oder „Krawalltouristen“, sondern Menschen aus den unterschiedlichsten Gruppierungen in Flensburg – und dagegen half dann wohl nur noch ein Einsatz der Exekutive, der in die Geschichte Flensburgs eingehen wird.
Das Mindeste ist jetzt eine lückenlose Aufklärung der Vorgänge, die zu diesen traurigen Ereignissen am Bahnhofswald geführt haben und zwar mit Vertretern der engagierten Gegner des Bauvorhabens, denn deren Vertrauen wurde am meisten beschädigt.
Zu einer lückenlosen Aufklärung gehören Fragen, wie:
Weshalb vernahmen so viele Menschen unabhängig voneinander im Rundfunk, dass der Bahnhofswald im Februar nicht mehr geräumt werden könne? Später wurde das von der Oberbürgermeisterin Simone Lange dementiert. Aber auch die überregionale Presse berichtete darüber. Noch am Freitagabend (19.2.2021) sagte Frau Lange persönlich zu den Demonstrant*innen vor Ort, es werde im Februar nicht geräumt (es gibt mehrere Zeugen dafür). Das aufziehende gewaltige Polizeiaufgebot ließ anderes vermuten, was sich dann am Sonntag auch bewahrheitete.

Räumung des Bahnhofswalds: Lautstarker Protest vor der Polizeikette am 21. Februar – Foto: Jörg Pepmeyer
Weshalb verkündete Ministerpräsident Daniel Günther und nicht Simone Lange die Ausgangssperre für Flensburg? Für die Verwaltung in Flensburg war genau diese Auflage DIE Möglichkeit, eine rechtliche Grundlage für eine Räumung, die infektionsbedingt ist, zu haben (ab 21 Uhr müssen sich alle in ihren Wohnungen einfinden, Baumhäuser sind keine Wohnungen). Am Samstag gab es sogar noch eine Ergänzung, so dass nachts nicht einmal ein Mensch an der Mahnwache sein durfte. Das Gericht in Schleswig befand diese Ergänzung jedoch als unangemessen. Die Ausgangssperre wurde nach sieben Tagen trotz stagnierender Infektionszahlen nicht verlängert. Das wirft Fragen auf.
Weshalb sagte Frau Lange am Freitagabend am Bahnhofswald zu Demonstrant*innen, sie habe ÜBERHAUPT KEIN Vertrauen mehr in die Investoren? Am Nachmittag konnte ein Mensch aus günstiger Perspektive jedoch beobachten, wie die Oberbürgermeisterin, die Polizei und ein Investor das Gelände vom Postparkplatz aus besichtigten und wie es dabei zu sehr vertrauensvollen Gesten zwischen Frau Lange und einem der Investoren kam.
Auch wenn die Oberbürgermeisterin im Tageblatt erklärte, sie fühle sich von den Investoren „hinter‘s Licht geführt“, so blieb beim fraktionsübergreifenden Treffen wenige Tage nach der Räumung die mehrfache Frage nach den rechtlichen Konsequenzen für die Selbstjustiz der Investoren unbeantwortet!
Das und der plötzliche Friede mit den Investoren wirft Fragen auf!

Im Auftrag des Investors: Rechtswidrige Verwüstung der Kleingartenkolonie 115 am Wasserturm – Foto: Dr. Ralf Cüppers
Weshalb erfolgt eine sehr aufwändige Konsequenz für den zivilen Ungehorsam in Form einer Waldbesetzung, aber keine deutliche Konsequenz für Investoren, die das Recht in die eigene Hand nehmen, wie jüngst die FFG, der Investor Methmann an der Kolonie 115 und jetzt auch JaRa? Wird Flensburg damit zur Oase für Investoren, die der Meinung sind, allein ihr Kapital berechtige sie zu Naturzerstörung? JaRa lässt neuerdings den verbleibenden geschützten Wald mit extrem starken Scheinwerfern Tag und Nacht ausleuchten und verstößt damit ungestraft gegen das Artenschutzgesetz (hier werden Fledermäuse geschädigt) und die eigenen Auflagen im B-Plan 303! Wie verantwortungslos werden sie erst mit dem Hang umgehen?
Weshalb sagte Frau Takla-Zehrfeld am Samstag, kurz vor der Räumung am Bahnhofswald (sie machte Fotos von der Schleswiger Straße aus), sie verstehe die Proteste nicht, es werde doch nur auf versiegeltem Gelände gebaut UND die gefällten Bäume seien Pappeln, die ihr Alter erreicht hätten. Das ist schon fast ein Fall für die „heuteshow“, denn als oberste Stadtplanerin muss Frau Takla-Zehrfeld bestens informiert gewesen sein und hat Planskizzen und Baumkataster nicht nur ein Mal gesehen. Neben der Tatsache, dass es keine altersschwachen Pappeln waren, sondern teilweise geschützte Habitatbäume, spielt vielleicht die kursierende Planskizze von Tim Meyer-König (der übrigens mit besten Verbindungen zur CDU) eine Rolle, die den Baugrundriss nicht korrekt abbildet. Diese irreführende Darstellung wird aktuell auch bei der geplanten Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes verwendet. Es bleibt zu hoffen, dass die Rats-Fraktionen nicht auf Grundlage dieses Plans ihre Entscheidung für das Bauvorhaben getroffen haben.
Es wirft allerdings viele Fragen auf!
Der Ratsherr Glenn Dierking erwähnte in der letzten Ratsversammlung am 18.2.2021 dass es die Verwaltung war, genauer der frühere Stadtplaner Dr. Schroeders, der die Investoren ermunterte, das Parkhaus zu bauen. Die Oberbürgermeisterin konnte sich nicht mehr erinnern, es sei „ja auch egal“. Mitnichten! Damit würde sich das eiserne Festhalten der Verwaltungsspitze am Bauvorhaben gegen jegliches Argument und das Abwimmeln der Einwendungen erklären.
Auch das wirft Fragen auf!
Sogar aus der Vergangenheit gibt es noch immer Unbeantwortetes zum Bauvorhaben am Bahnhof:
Weshalb änderte die SPD im Juni 2020 ihren Standpunkt zum Bauvorhaben, nachdem es zu einem gemeinsamen Abendessen mit den Investoren kam?
Weshalb wird das Unternehmen BioConsult weiterhin im Rahmen des Bebauungsplans mit Gutachtenerstellungen beauftragt, obwohl es in Sachen Quelle auf dem Gelände zu einer leichtfertigen Fehleinschätzung kam UND die Oberbürgermeisterin einem BI Mitglied dazu wörtlich sagte, solche zweifelhaften Gutachtenerstellungen sollten eigentlich verboten werden. Leider konnte Frau Lange sich, später damit konfrontiert, nicht mehr an diese Aussage erinnern.
Sicher gibt es noch mehr Fragen.
Aber was geschieht nun mit alldem?
Das gängige Aussitzen dieser Vielzahl von Fragen macht alles noch schlimmer.
Nachdem CDU, SPD und FDP im Hauptausschuss am 2.3.2021 die Dringlichkeit einer zeitnahen umfassenden Aufklärung ablehnten und diese deshalb nicht auf die Tagesordnung kam, wird deutlich, dass es noch kein Bewusstsein für die angerichteten Schäden im Vertrauen einer beträchtlichen Gruppe von Einwohner*innen gibt!

Bürgerschaftliches Engagement: Aktivistinnen werben für die Ziele der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel vor dem Schrangen am Nordermarkt – Foto: Jörg Pepmeyer
„Flensburg will dein Engagement…“ und wie man es in Flensburg unmöglich macht!
Wie ist es generell um das Engagement der Einwohner*innen in Flensburg bestellt?
So soll theoretisch bürgerschaftliches Engagement in Flensburg aussehen.
https://www.flensburg.de/media/custom/2306_2659_1.PDF?1467719692
Nach den Ereignissen am Bahnhofswald und dem offenbar fehlenden Willen zur sofortigen Aufarbeitung der Vorgänge, wirkt diese Beschreibung wie eine Farce.
Welche Möglichkeiten hat ein engagierter Mensch aktuell in Flensburg?
1. Resignation: „Ich blende Politik aus, kann da ohnehin nichts tun, denn Kritik ist nicht erwünscht“ und „Zur Wahl gehe ich nicht mehr. Wen soll ich da auch wählen?“
2. Stilles Leiden: ( gab es z.B. im Zusammenhang mit gekündigten Kleingärten nicht zu knapp)
3. Politisches Engagement in den Fraktionen: Wenn man allerdings überhaupt noch Vertrauen in die bestehenden Parteien hat, dass Umweltschutz wirklich eine Rolle spielt, dauert es bei sofortigem Eintritt in eine Partei zu lange, um Vorhaben, die sehr bald das Gesicht von Flensburg sehr verändern werden, auf angemessene Umweltkriterien zu prüfen. Dazu gehören z.B.:
- Das Bahnhofsviertel mit dem Abriss der Kita Schwedenheim (Stiftung!) und der Fahrschule Simonsen, sowie mit dem Neubau der Feuerwache und des Hotels mit Parkhaus. Hier sind Blockrandbebauungen, also Häuserschluchten auf Kosten von Grünflächen und wertvollem Baumbestand, vorgesehen.
- Das zusätzliche Treppenkonstrukt und die Versiegelung am Museumsberg bzw. am Vorplatz des alten Friedhofs, mit einer Eigenbeteiligung der Stadt von 800.000 Euro am gesamten Projekt, wobei die Landschaftsplaner WES prozentual beteiligt sind, was heißt: Je mehr gebaut wird, desto mehr verdient WES.
- Die geplante Entstellung des Dorfes Fruerlund.
- Die Hafenverlegung und die damit verbundenen Folgen für die gesamte Stadt.
- Usw.
4. Einwohnerfragestunde: Sie ist kein Dialog, Nachfragen ist nicht möglich, daher dient sie nicht zur Konfliktbereinigung.
5. Diverse Proteste bis hin zum zivilen Ungehorsam: Dieser Prozess hat bereits begonnen und die Aktiven werden sich auch nicht einschüchtern lassen. Eine Stadtpolitik mit der Brechstange, die nichts reflektieren und keine Fehler eingestehen will, wird immer stärkere Reaktionen bewirken. Reines Aussitzen der Fragen und bloße Machtausübung (wie aktuell der Antrag der FDP in Bezug auf das Freie Radio) werden auch zivilen Ungehorsam befeuern.
Für welchen Weg wird sich die Stadt Flensburg nun entscheiden?
Für einen Weg MIT ihren engagierten Bürger*innen oder für einen OHNE sie?

Sinnbild für die städtische Politik, in der offensichtlich die Beton-Fraktionen im Rathaus das Sagen haben – Foto: Jörg Pepmeyer