Bahnhofswald Flensburg: Investoren lassen geschütztes Quellbiotop wegbaggern und planieren
Rechtswidrig Fakten schaffen für das Hotelprojekt?
Ein Beitrag von Jörg Pepmeyer mit Fotos von Claus Kühne, Günter Strempel, Helmreich Eberlein und Bernd Schütt
Als geradezu dreist bezeichnen UmweltaktivistInnen den Versuch der Investoren Jan Duschkewitz und Ralf Hansen im Bahnhofswald für ihr geplantes Hotelprojekt Fakten zu schaffen. Die ließen heute von einem Abbruchunternehmen die letzten Reste des geschützten Quellbiotops im Bahnhofswald zusammenschieben und abbaggern, um die Fläche anschließend mit Sand aufzufüllen und zu planieren. Jan Duschkewitz ließ es sich nicht nehmen, persönlich anwesend zu sein und beaufsichtigte die Arbeiten. Offensichtlich wähnten sich die Investoren bei ihrem Vorgehen sicher. Das, obwohl es noch einen Rechtsstreit und Verfahren zum naturrechtlichen Status des Geländes zwischen ihnen, der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel und dem BUND gibt, das noch gar nicht entschieden ist.
Der naturrechtliche Status der Quelle ist jedoch nicht umstritten. Die war nämlich mitsamt dem dazugehörigen Biotop vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) Anfang August 2020 kartiert und unter gesetzlichen Biotopschutz gestellt. Das alles fiel heute nun der kompletten Zerstörung anheim. Viele UmweltaktivistInnen sind entsetzt. Sie sprechen unisono davon, dass die Investoren Fakten schaffen wollen, nach dem Motto: Wo keine Quelle mehr ist, gibt es auch keinen rechtsverbindlichen Schutz mehr. Das erinnere irgendwie an die Mafia und Sizilien.
Nachtrag und Berichtigung vom 16.7.2022: Ursprünglich hieß es im folgenden Absatz „Unverständlich sei ebenso, so die UmweltschützerInnen, warum die untere Naturschutzbehörde in Flensburg heute vormittag diese Aktion nicht gestoppt hat. Die Behörde ist direkt beim Rathaus angesiedelt und Oberbürgermeisterin Simone Lange hätte jederzeit angesichts der Rechtslage einen Stopp der Aktion von den Investoren einfordern können. Hat sie aber offensichtlich nicht getan.“ Diese Darstellung sei nach Informationen aus dem Rathaus so nicht richtig, Mitarbeiter der UNB hätten nach persönlicher Begutachtung am Bauplatz die Bauarbeiten am Donnerstagmittag sofort gestoppt. Mehr dazu in dem Stadtblog-Beitrag vom 16.7.2022: Bahnhofswald Flensburg: Stadt verfügt Stopp der Bauarbeiten
Und selbst Julian Heldt, Chefredakteur des Flensburger Tageblatts, hat augenscheinlich nicht verstanden, worum es in der Sache eigentlich geht und schreibt auf shz.de vom „Baubeginn“ für das Hotelprojekt. Nur die Abbaggerung und Sandauffüllung hat mit den eigentlichen Gründungsarbeiten oder „Baubeginn“ für den zukünftigen Baukörper gar nichts zu tun. Offensichtlich ging es den Investoren vor allem darum, das Ganze möglichst schnell abzuwickeln und mit dem Sand des Vergessens zuzudecken. Da kann man dann der Presse ja auch ein paar Märchen auftischen. Und wenn die nicht nachrecherchiert und der Wahrheit auf den Grund geht, umso besser.
Julian Heldt machte dann in seinem Kommentar endgültig klar, wo er steht. Überschwenglich lobte er die Investoren und machte sich völlig distanzlos zum Propagandisten ihrer Interessen. Dazu passte auch, dass er ihren heute erfolgten Rechtsverstoß mit der Aufgrabung und Zerstörung des geschützten Quellbiotops natürlich nicht zum Thema machte. Besonders bemerkenswert vor allem deshalb, weil Julian Heldt in seiner Berichterstattung über die Besetzung des Bahnhofswalds mehrmals die daran Beteiligten für ihre Rechtsübertretungen außerordentlich hart angegangen war. Ledidglich in seinem Bericht erwähnte er nur kurz und oberflächlich, dass es noch einen Rechtsstreit zwischen der BI und den Investoren gäbe.
Der dürfte angesichts der heutigen Aktion wieder an Fahrt aufnehmen, denn die SprecherInnen der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel haben mit großer Empörung auf die Vorkommnisse von heute Vormittag reagiert und kündigten bereits an, gegen Jan Duschkewitz und Ralf Hansen rechtlich vorzugehen. Sie werden sich dahingehend auch mit dem BUND SH absprechen und vereinbaren. Ebenso wird daran gedacht mit neuen Protestaktionen den Widerstand gegen das Hotelprojekt zu verstärken. Damit dürfte das Thema sicherlich auch im Mittelpunkt der Debatten anlässlich der bevorstehenden OB-Wahl stehen.
Mahnwache:
An jedem Donnerstag von 14 – 17 Uhr hält die BI Bahnhofsviertel Flensburg Mahnwache am Flensburger Bahnhofswald.

Abschließende Begutachtung durch Jan Duschkewitz und Mitarbeiter der Abbruchfirma – Foto: Claus Kühne

Ehemaliges Quellgebiet und Biotop im Bahnhofswald. Ursprünglich führte sogar eine Bach durch das Gebiet, der später verrohrt wurde. Nach Ansicht der Stadt Flensburg nicht schützenswert. Das sah das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) vollkommen anders. – Foto: Dr. Helmreich Eberlein

Nach der Rodung: Aus der Quelle in der Mitte des Rodungs-Fotos tritt weiterhin Wasser aus und läuft in dem dunkelbraunen Streifen bis auf den Postparkplatz. Wer will, kann auf das Bild zwei Mal klicken, um es zu vergrößern und die Baumstümpfe zählen…. – Foto: Bernd Schütt 24.02.2021
In dem beschlossenen Bebauungsplan „Hauptpost 303“ findet diese Quelle keine Berücksichtigung. Vor der entscheidenden Ratsversammlung am 25.06.20 wiesen Vertreter*innen der BI nachdrücklich auf dieses Feuchtbiotop hin, aber die Verwaltung wiegelte ab, man sprach sinngemäß von einer „Pfütze“ und gab sich gelassen. Das sah dann Anfang August 2020 das Landesamt völlig anders:
Flensburger Bahnhofswald: Landesamt stellt Quelle unter Biotopschutz
Zur Geschichte der Quelle und des Bachs im Bahnhofswald: Bahnhofswald: Zeitzeugen bestätigen Existenz von Bach und Quellen
unter: https://akopol.wordpress.com/2020/07/11/bahnhofswald-zeitzeugen-bestaetigen-existenz-von-bach-und-quellen/
Zum gleichen Thema auch den Beitrag vom 18.06.2020: Feuchtgebiet und Quellen im Bahnhofswald: Mögliches Aus für den B-Plan Hauptpost und das Hotelprojekt? unter: https://akopol.wordpress.com/2020/06/18/feuchtgebiet-und-quellen-im-bahnhofswald-moegliches-aus-b-plan-hotelprojekt/
Siehe auch den Beitrag vom vom 30.07.2020: Flensburger Bahnhofswald: Mit Falschinformationen die Öffentlichkeit hinters Licht führen
unter: https://akopol.wordpress.com/2020/07/30/flensburger-bahnhofswald-mit-falschinformationen-die-oeffentlichkeit-hinters-licht-fuehren/
Veröffentlicht am 14. Juli 2022 in Ökologie, Bahnhofsviertel, Bahnhofswald Flensburg, Bürgerbeteiligung, Daten und Zahlen, Flensburg News, Rat & Ausschüsse, Stadtplanung, Wirtschaft und mit Abholzung, Abstimmung, Bahnhof, Bahnhofsviertel, Bahnhofsviertel Flensburg, Bürgerinitiative Bahnhofsviertel Flensburg, Bebauungsplan, Bebauungsplan 303 Hauptpost, Entwurfs- und Auslegungsbeschluss, Feuchtbiotop, Flensburg, Hotel, Hotelprojekt, Jörg Pepmeyer, Offener Brief, Parkhaus, Pepmeyer, Quellen, Quellgebiet, Ratsversammlung, Umwelt- und Planungsausschuss, Wald getaggt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 8 Kommentare.
„Redakteure sind mit verantwortlich über was und auf welche Weise die Gesellschaft informiert wird und tragen dadurch eine hohe Verantwortung. Durch ihre Berichterstattung haben sie einen großen Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung.
Dabei müssen sie allerdings stets darauf achten, ihre Quellen und Informationen ausgiebig zu überprüfen und sich auf Fakten zu berufen“
(Aus Berufe-Lexikon, wie man Reporter wird)
Es gibt noch gute aber sehr rare Journalisten…
Und leider auch sehr schlechte Reporter bzw. minder gute Redakteure.
Und die verbreiten nur ihre Meinung oder nur die seines/ihres Arbeitgebers oder auch die Meinung ihres Parteibuches.
Für die öffentliche Meinungsbildung, siehe oben, sind sie aber überflüssig. Kann weg!
nur meine Meinung.
LikeLike
Ich bin komplett geschockt das solche Leute so agieren können..wie kann man so respektlos mit der Natur umgehen? Ihr werdet nie Glück haben mit diesen Hotel …das die Stadt Flensburg das zulässt ist unerträglich.
Antje Manzke
LikeLike
Pingback: Hotelprojekt: Die Märchenerzähler von Flensburg | Stadtblog Flensburg
Pingback: Verwaltungsgericht stoppt Bauarbeiten im Bahnhofswald Flensburg – Eilantrag des BUND erfolgreich! | Stadtblog Flensburg
Pingback: Leserbrief: „Erschreckend einseitig“ | Stadtblog Flensburg
Pingback: Bahnhofswald Flensburg: Stadt verfügt Stopp der Bauarbeiten | Stadtblog Flensburg
Pingback: DIE LINKE Flensburg fordert: Sofortiger Baustopp am Bahnhofswald! | Stadtblog Flensburg
Pingback: Bahnhofswald Flensburg: Plötzlich rollen die Bagger – BUND hält dagegen! | Stadtblog Flensburg