Hotelprojekt: Die Märchenerzähler von Flensburg

Tatort ehemaliger Bahnhofswald am 16. Juli 2022: Die im Auftrag der Hotelinvestoren mit Sand aufgefüllte Fläche des am 14. Juli 2022 rechtswidrig vernichteten Quellbiotops. Rechts am Bildrand die vom Bagger zusammengeschobenen Reste der Biotop-Vegetation. Auf der linken Seite tritt weiterhin Wasser aus dem Boden aus, bildet tiefe Pfützen und fließt anschließend zum Parkplatz ab. – Archivfoto Jörg Pepmeyer

Anlässlich des bevorstehenden 2. Jahrestages der skandalösen Räumung des Bahnhofswalds, zu dem die BI Bahnhofsviertel bereits Aktionen plant, möchte die Stadtblog-Redaktion den geneigten Leser*innen zum Realitätscheck den anbiedernden Bettelbrief der JARA-Immobilien an die Mitglieder des Umwelt- und Planungsausschusses vom 13. Februar 2020 nochmal präsentieren.

Übrigens war die „Steigenberger Gruppe“, wie in dem Brief dargestellt, nicht angedachter Vertragspartner, sondern die Deutsche Hospitality, zu der zwar die Marke „Steigenberger“, aber ebenso auch die Marke „IntercityHotel“ gehört. Und von Anfang an war zumindest den Hotel-Investoren Ralf Hansen und Jan Duschkewitz klar, dass die neue Herberge am Bahnhof kein „Steigenberger“-Premiumhotel, sondern ein schnödes und langweiliges „IntercityHotel“ werden würde. Aber natürlich war der klangvolle Name Steigenberger der Köder, mit dem man die politischen Entscheider*innen und die Öffentlichkeit besseren Wissens für das Projekt und letztlich auch für die Abholzung des Bahnhofswalds gewinnen wollte. Selbst die Grünen spielten mit. Und bereits Wochen vor dem Briefdatum war die Deutsche Hospitality vom ägyptischen Tourismus-Unternehmer Hamed El-Chiaty („Iberotel“, „Sol y Mar“) für 700 Millionen Euro an den chinesischen Hotelbetreiber Huazhu verkauft worden. (Mehr dazu hier ) Aber diese Besitzverhältnisse vergaß man natürlich sinnvollerweise in dem untenstehenden Brief zu erwähnen.

Köstlich auch die folgende Verpflichtungserklärung: „Aufgrund unserer familiären Verwurzelung in Flensburg haben wir uns deshalb verpflichtet, die vierfache Anzahl der Bäume neu anzupflanzen, die für das Bauvorhaben entnommen werden müssen.“ Da muss ja irgendwo in Flensburg angesichts der im Bahnhofswald gefällten und massiv geschädigten Bäume ein richtig großer neuer Wald mit mehreren hundert Bäumen  enstanden sein. Wo, das entzieht sich leider der Kenntnis der Stadtblog-Redaktion und wir sind dankbar über jegliche Information und Dokumentation, am besten mit Fotos, hinsichtlich des neuen und großartigen Naturhabitats und seiner Bewohner*innen, wie seltene Fledermäuse, Vögel, Insekten und Amphibien. Vielleicht auch noch Reh, Fuchs, Has und Igel? (Nachtrag: Siehe dazu auch den Stadtblog-Beitrag  vom 7. Februar Öde Ausgleichsfläche mit krüppeligen Baumsetzlingen statt lebendiger Bahnhofswald)

Es ist ebensowenig anzunehmen, dass das Projekt unter den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der sich verschärfenden Krise im Immobiliensektor irgendwann noch realisiert wird. Nun ja, wenigstens besitzt JARA-Immobilien jetzt ein planiertes Grundstück, das sie – von wem war das bloß? – sehr günstig bekommen haben und mit dem sich wunderbar spekulieren lässt.

Da gibt es übrigens eine ähnliche Geschichte am Rathausplatz, wo ebenfalls ein Hotel angedacht war. Hilton, noch so ein klangvoller Name. Aber auch das war nur ein Märchen. Und wieder sitzt ein Investor auf einem Grundstück – von wem hatte er das bloß? – auf dem seit 10 Jahren nichts passiert, aber mit dem sich wunderbar spekulieren lässt.

Und das alles mit dem Segen der jeweils amtierenden OBs, der Verwaltung und williger Kommunalpolitiker*innen. Ein Schelm, der da Böses denkt….

Untenstehend nun der versprochene Bettelbrief von JARA-Immobilien an die Mitglieder des Umwelt- und Planungsausschusses vom 13.02.2020: 

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Veröffentlicht am 6. Februar 2023, in Flensburg News. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 5 Kommentare.

  1. Spätestens im Juni 2020 mit dem endgültigen Beschluss für das Hotel-Projekt durch den SUPA und die Ratsversammlung war angesichts der Corona-Krise klar, dass das Ganze auf völlig wackligen Füßen stand und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie langfristige, wirtschaftliche Folgen für Gastronomie und Hotellierie haben werden. Man hätte also abwarten können und es bestand überhaupt kein Anlass in dieser Eile dieses Projekt durch die politischen Gremien zu peitschen und im Februar 2021 den besetzten Wald polizeilich zu räumen und abzuholzen. Nicht umsonst hat die Deutsche Hospitality ihre Investitionsstrategie infolge der Corona-Krise grundlegend geändert. Nunmehr ist auch nicht ansatzweise ein Bau des geplanten Hotels in Aussicht, aber es sind unnötig vollendete Tatsachen sogar mit Rechtsbruch der Investoren geschaffen worden.

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    • Alfred Pietza

      MOIN !
      Gleiches befürchten wir für die aus dem Aufstellungsbeschluss „Baustoffhandel Nordstrasse“ der RV vom 01.12.2922 resultierenden Folgen für das Landschaftsschutzgebiet Blocksberg / Geschlossenheck.

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  2. Alfred Pietza

    … und mit der jetzt geplanten Zerstörung des Landschaftsschutzgebietes „Blocksberg / Geschlossenheck“ gibt es durch die Verlagerung der Fa. Jacob Cement aus dem sog. „Sanierungsgebiet Hafen Ost“ auf die derzeit noch landwirtschaflich genutzten, unmittelbar an das FFH-Naturschutzgebiet „Tweedter Feld“ angrenzenden, am östlichen Grünrand der Stadt gelegenen Flächen, eine Fortsetzung solcher „stadtplanerischer Utopien“ und „Investorenmärchen“ !
    Auch hier ist Widerstand von Nöten !

    Gefällt 1 Person

  1. Pingback: 2. Jahrestag der Räumung und Rodung am Bahnhofswald – Kundgebung und Aktion am 19. Februar in Flensburg | Stadtblog Flensburg

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