Fragen zur Zukunft unserer Stadt – Scharfe Kritik auf Podiumsdiskussion an der Planungspolitik der Stadt Flensburg

Das idyllische Bild vom Flensburger Hafenufer täuscht: Auf der Veranstaltung am Donnerstag wurde außerordentlich kritisch über die Zukunft der Stadt und aktuelle Planungsvorhaben diskutiert. – Foto: Jörg Pepmeyer

Am Donnerstag hatte die Flensburger Initiative „Unser Raum im Quartier“ (URIQ) zu einer Podiumsdiskussion mit Fishbowl in die Aula der Duborg-Skolen eingeladen. Rund 100 Interessierte diskutierten unter Moderation von Wulf Dau-Schmidt, der als selbstständiger Stadtentwickler in Kiel arbeitet, mit Stephan Kleinschmidt, Dezernent für Projektkoordination, Dialog und Image der Stadt Flensburg, Andreas Kemper, Publizist und Soziologe, Cordelia Feuerhake, die in verschiedenen Initiativen und im Vorstand des lokalen Verschönerungsvereins tätig ist, sowie Victoria Claußen, Kunststudentin an der EUF, zum Thema Stadtentwicklung in Flensburg.

Im Mittelpunkt der Vorträge stand dabei die Verfügbarkeit und Nutzung des Stadtraums durch die Bürger:innen unter verschiedenen Fragestellungen: Geht Stadtentwicklung uns alle etwas an? Welchen Stadtraum wünschen wir uns und welcher entsteht in Wirklichkeit aktuell? Wer hat die Möglichkeit sich an der Entwicklung zu beteiligen und welche Faktoren beeinflussen diese? Wie entsteht und wandelt sich der eigene städtische Lebensraum?

Deutlich wurde bei der anschließenden Fishbowl, dass viele Menschen mit dem derzeitigen Handeln von Politik und Verwaltung in Flensburg völlig unzufrieden sind. Vor allem Stephan Kleinschmidt bekam die geballte Kritik zahlreicher Anwesenden, darunter auch viele zivilgesellschaftliche Akteure sowie Mitglieder von Bürgerinitiativen, zu hören. Die gingen mit den städtischen Entscheidungen zur Luftschlossfabrik, dem Bahnhofswald, Bunnies Ranch und ebenso mit aktuellen Planungsvorhaben, wie z.B. am Ostufer scharf ins Gericht. Auch die Planung für das neue Zentralkrankenhaus und der ungelöste Konflikt um die Sicherstellung eines Angebots für Schwangerschaftsabbrüche im neuen Klinikum war Thema.

Der schwerwiegendste Vorwurf war jedoch, dass Stadt und Politik zunehmend unter Ausschluss der Öffentlichkeit wichtige Entscheidungen zur Zukunft der Stadt treffen und sich entgegen anderslautender Absprachen und Beschlüsse dem Druck finanzstarker Investoren ohne Not beugen würden. Stadtentwicklung und Stadtplanung würden damit privatisiert und den monetären Interessen einiger Weniger geopfert.

Zur Durchsetzung würden dabei rigoros Fakten geschaffen, Projekte und wichtige soziale Begegnungsorte, die diesen Interessen im Wege stehen, dem Erdboden gleichgemacht. Das Vorgehen der Stadt im Bahnhofstal, der Abriss der Vereinsanlagen und des Sportplatzes des ehemaligen VfB Nordmarks, die Vertreibung von Bunnies Ranch, wie auch die Abholzung des Bahnhofswalds seien völlig unnötig gewesen, betonten mehrfach Diskussionsteilnehmer:innen. Sie machten ebenso kein Hehl aus ihrer emotionalen Betroffenheit und tiefen Enttäuschung über die städtischen und politischen Entscheidungsträger:innen. Es fehle ihnen, so weiter die Kritik, der Mut und die Bereitschaft zu einem ehrlichen, ergebnisoffenen und kompromissbereiten Dialog mit der Bevölkerung.

So könne eine ökologische, demokratische, soziale und gemeinschaftsstiftende Entwicklung der Stadt nicht funktionieren. Gleichzeitig würden grundlegende demokratische Teilhaberechte ausgehebelt. Damit werde das Vertrauen in die Politik und Verwaltung zerstört, sinke die Bereitschaft der Bürger:innen sich ehrenamtlich für die Entwicklung der Stadt und in öffentlichen Beteiligungsverfahren zu engagieren, leiste dies der Resignation und der allgemeinen Politikverdrossenheit Vorschub, so die zusammenfassende Kritik.

Am Ende der Diskussion wirkte Stephan Kleinschmidt sehr angefasst, versprach aber in der Leitungskonferenz des Rathauses kommende Woche Bericht über die Veranstaltung und den massiv geäußerten Unmut zu erstatten. Gleichzeitig versprach er sich zukünftig weiteren öffentlichen Debatten zu stellen und regte an, eine weitere Veranstaltung im ähnlichen Format zu machen. Moderator Wulf Dau-Schmidt, der sich einen Abschluss der Debatte mit einem positiven Ausblick gewünscht hatte, konnte diese Idee nur unterstützen. Auch die Organisatoren der Veranstaltung zeigten sich bereit, den öffentlichen Diskurs in dieser Richtung weiterzuführen.

Weitere Informationen unter www.uriq.de und in den sozialen Medien.

URIQ ist eine Kooperation des Vereins Bunnies Ranch e. V., dem Kulturhaus und Veranstaltungsort Norder147, der Initiative Recht auf Stadt Flensburg und der Zwischenraumagentur Flensburg.

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Veröffentlicht am 11. Juni 2022, in Ökologie, Bürgerbeteiligung, Bildung, Flensburg News, Inklusion und Integration, Kultur, Soziales, Stadtplanung, Veranstaltungstipps. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. Hinterlasse einen Kommentar.

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