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Ästhetischer Schiffbruch am Flensburger Hafen-Ostufer – Leserbrief von Roland Kolb
Nachdem es vor kurzem ein Farbattentat auf das am Ostufer des Flensburger Hafens stehende Investorenprojekt „Klarschiff“ gegeben hat, ist die öffentliche Debatte um die profitmaximierende Verschandelung der Stadtsilhouette wieder entbrannt. Aus diesem Grund möchten wir den untenstehenden Leserbrief von Roland Kolb in der heutigen Flensborg Avis der interessierten Öffentlichkeit nicht vorenthalten.
Die Stadt wird immer hässlicher
Læserbrev
Roland Kolb, Flensburg (red@fla.de)
torsdag, 22. aug 2013
Den mutigen Artikel (Ugerevyen) über Klarschiff kann man nicht genug loben. Das Haus ist richtig pottenhässlich – grobschlächtig, in sich nicht stimmig (welches Schiff hat denn einen senkrechten Bug und ein eingefallenes Heck?) und vor allem: Es passt ganz und gar nicht in das Flensburger Stadtbild (das die kleinkammerige Senkrechte bevorzugt) mit seinen Betonungen der waagerechten Bänder. Und das Alles an der bislang recht einheitlichen östlichen Wasserfront, an einem Paradeplatz! Da fragt man sich, wer denn hier versagt hat. Ein Architekt will immer das anschauliche, ansprechende Bauwerk, dafür ist er ausgebildet! Der Investor eines solchen Hauses schielt selbstverständlich nach seiner Rendite; er drückt die Baukosten, wo immer es geht. (Dabei werden für Objekte am Wasser bekanntlichermaßen Liebhaberpreise bezahlt, er hätte das eigentlich nicht nötig!) Normalerweise siegt der Investor – aus den bekannten Gründen. Vielleicht gibt es indessen noch einen weiteren Grund dafür, dass Klarschiff so aussieht, wie es da steht. Es liegt ja auf demselben Gebiet, das der Investor für einen unmöglichen, das Flensburger Stadtbild wahrlich zerstörenden 20 geschossigen Hotelturm ausersehen hatte. Da haben ihm die hiesigen Politiker einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Vielleicht wollte der Investor nun einmal absichtlich ein hässliches Gebäude an die Stelle des Hotels setzen. Nach dem Motto »Da könnt Ihr mal sehen, wenn ich nicht meinen Willen kriege die nächsten 100 Jahre, könnt Ihr Euch am Ergebnis freuen!«
Dem Vernehmen nach will der Investor selbst in dem Haus wohnen. So stand es in einer bedeutenden Zeitung dieser Stadt. Das hat für ihn auch was Positives. Er wird in die Lage versetzt, seinen Freundeskreis besser zu beurteilen. Die Schmeichler werden seine Wohnung loben, die Ehrlichen werden ihn fragen, warum er in diesem unsäglichen Kasten wohnt, ob er das nötig habe? Hat er wohl, denn er hält sein Haus für gelungen, so stand es in der bekannten Flensburger Zeitung. Wir lernen daraus, dass man über Geschmack nicht streiten kann. Was aber feststeht, das ist die Gier des Investors, der stets das Investment im Hinterkopf hat; und so wird – wenn keiner aufpasst – die Stadt Flensburg immer hässlicher.
Nun doch eine Industrieansiedlung an der Flensburger Harniskaispitze?
Produktion von Luftschiffen: Neuanfang mit innovativem und seriösem Unternehmensprojekt an der Harniskaispitze
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Nach dem Scheitern des Tycoon/Highship-Projekts überschlagen sich derzeit die Ereignisse im Flensburger Rathaus. Es soll nämlich, so wurde von hochrangigen Vertretern der Verwaltung vertraulich mitgeteilt, ein Unternehmen geben, das gestützt von einer kapitalstarken und global agierenden Investorengruppe am Hafenostufer (sprich Klarschiff) einen Anlegeplatz für Luftschiffe bauen und einen ständigen Linienverkehr mit den dänischen Inseln organisieren will. Nicht nur das, die Luftschiffe sollen ebenso auf dem bald frei werdenden Gelände an der Harniskaispitze zusammengebaut und weltweit vertrieben werden.
Gleichzeitig sollen bei einem Investitionsvolumen von derzeit 46,3 Mio. Euro mindestens 135 hochqualifizierte Arbeitsplätze in dem neuen Maintenance- und Facility-Center an der Harniskaispitze entstehen. Dort soll ebenso die Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Unternehmens angesiedelt und ein Schulungscenter für die Luftschiffpiloten gebaut werden. Das Land stehe dem Vorhaben ohne Vorbehalte positiv gegenüber, teilte ein Sprecher der WTSH und des schleswig-holsteinischen Wirtschaftsministeriums mit, die die Verhandlungen zwischen dem Unternehmen und der Stadt Flensburg derzeit begleiten. Üppige Fördermittel im Falle der Ansiedlung des Unternehmens in Flensburg seien aus Kiel ebenso in Aussicht gestellt worden.
Stadt und Land hätten umfangreiche Recherchen über das Projekt, das Unternehmen und die Investoren angestellt. Das Konzept sei bereits technisch umgesetzt und ausgereift und kein Fake, wie im Falle der Firma Highship. Ebenso hätten das Unternehmen und die Investoren einen überzeugenden Nachweis ihrer Liquidität und Kapitalausstattung beibringen können. Ein Debakel, wie zuletzt mit Tycoon/Highship werde es daher nicht geben, heißt es aus dem Flensburger Rathaus.
Mehr zu dem innovativen Konzept des neuen Vorhabens an der Harniskaispitze unter: http://www.kanarenexpress.com/1000003/1000050/0/39315/aktuelles.html
Dieser Artikel wurde uns dankenswerterweise von der Redaktion des Grubenhundes bzw. Klaus Eisenzahn zur Verfügung gestellt und findet sich in der heutigen Flensburg-Ausgabe „Der Grubenhund“ auf S. 1
Niemals aufgeben! – Offener Brief der IG Ostufer an die Flensburger Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Öffentlichkeit
,,Klarschiff“‘ wächst in den Flensburger Himmel…
Ein Mahnmal an Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Öffentlichkeit
. IG Ostufer, im Januar 2012
Wie ein Krebsgeschwür im historischen Stadtbild wächst der monströse Neubau „Klarschiff“ Tag für Tag höher und zeigt Flensburgern und Besuchern der Stadt das klägliche Versagen aller Verantwortlichen auf.
Trotz der Proteste vieler Tausend Bürger, trotz der Vorschläge aller Stadtdenker, entgegen den Meinungen und Warnungen zahlreicher Fachleute, blieb die Stadt stur bei ihrer verheerenden Planung.
Jetzt sieht auch der Dümmste, was dieser modernistische und völlig unpassende, überdimensionierte Luxuswohnbau für die (touristische) Zukunft unserer Stadt bedeutet:
Die Zerstörung des historischen Stadtpanoramas, um das uns andere Städte bisher beneideten und das der Stadtdenker Prof. Kähler als würdig für den Eintrag als Weltkulturerbe befand.
Die Vernichtung des natürlichen Ufers im Zentrum der Stadt, das mit seiner Flora und Fauna als beliebter Treffpunkt für erholungssuchende Bürger und zahllose Touristen überaus populär war.
Die Errichtung von Teilen des ersten Geschosses zeigt schon heute, wie sehr der Bau in das Stadtbild eingreift
Schon verschwinden die alten, schönen Bürgerhäuser des Ostufers hinter dem Betonbau.
Die Sichtachse vom Ballastkai zur Westseite des Hafens wird aus vielen Blickrichtungen so unterbrochen, dass wohl mit dem Wachsen des Gebäudes das historische Panorama weitgehend verschwinden wird.
Mindestens genauso schwer, wenn nicht schwerer wiegt der Verlust des über 6000 qm großen Areals, die der Bau verschlingt und damit für die Nutzung im Tourismus und als Naherholungspark für die Bürger verloren ging
Hier hat die Stadt eine Jahrhundertchance vertan, diesen grünen Bereich in bester Südlage zu einer touristischen Perle zu entwickeln, wie es Bürger seit Jahren fordem und die IG—Ostufer in vielen Vorschlägen unterbreitete.
Geradezu zerstörerisch auf die Tourismuspläne der Stadt (Kapitänsweg rund um den Hafen) wirkt sich schon heute der Abriss des fast 100jährigen, gut erhaltenen Kailagerhauses aus, auf dessen Grund jetzt „Klarschiff“ entsteht
Die IG-Ostufer hatte bereits detaillierte Pläne für die Umgestaltung der traditionsreichen Flugzeughalle mit ihrem prägnanten Tonnendach – einschließlich ihrem Umfeld — entwickelt Diese hätte sich harmonisch in unser Hafenpanorama eingefügt. Sie sahen eine Markt-Mehrzweckhalle mit gastronomischen Einrichtungen vor. In ihr sollten maritime Veranstaltungen, Märkte, Konzerte und andere kulturelle Events stattfinden, um so einen touristischen „Frequenzbringer“ für den gesamten Hafen und unsere Stadt aufzubauen.
Es ist zu befürchten, dass auch die kläglichen Reste am Ostufer (Hafenspitze bis ca Fischereiverein) angesichts klammer Stadtkassen ebenfalls ,,vermarktet“ werden und damit der Bürger dann dort vollständig ausgesperrt ist
Deshalb unsere Forderung und Bitte an die Verantwortlichen in der Verwaltung und Politik:
Schluss mit dem Ausverkauf der Grundstücke – Das Ostufer gehört(e) allen Bürgern!
Reinhard Thomas