Archiv für den Tag 14. Juli 2022
SSW zum 100 Tage-Programm der Landesregierung: 100 Tage prüfen und evaluieren
Zum 100 Tage-Programm der schwarz-grünen Landesregierung erklärt der Vorsitzende der SSW-Fraktion im Landtag, Lars Harms:
Dass die Landesregierung versucht sich einen dynamischen Anstrich zu verpassen, ist angesichts des Sommerlochs nachvollziehbar. Und über viele der Ziele im Regierungsprogramm für die ersten 100 Tage dürfte auch gar keine Uneinigkeit bestehen.
Fachkräfteschlüssel verbessern, Gleichstellung in öffentlichen Unternehmen, Planungsbeschleunigung, ein Förderprogramm für erneuerbare Energien: Wer will das alles nicht?
Dennoch liest sich das Programm eher ernüchternd, besteht es doch im Wesentlichen aus Prüfaufträgen, Evaluierungen und Berichtsankündigungen. Für ein Parteienbündnis, das frisch ins Kabinett gewechselt ist, hätte das noch angehen können. Für zwei Parteien, die ins sechste Regierungsjahr durchstarten, ist es dann doch etwas unambitioniert. Zumal viele der angekündigten Maßnahmen schon längst hätten umgesetzt werden können.
Ein Wohnraumschutzgesetz etwa hatte der SSW bereits 2021 vorgelegt – Jamaika lehnte es ab. Auch eine Impfkampagne hatten wir bereits in der letzten Legislaturperiode gefordert; besser noch ein Impfregister, um die analoge Zettelwirtschaft zwischen den Gesundheitsbehörden endlich zu beenden.
Über die interkulturelle Öffnung des öffentlichen Dienstes und bessere Bleibeperspektiven reden wir seit Jahren. Die dafür erforderlichen Verfahren und Leitfäden hätten längst auf dem Tisch liegen können.
Deutlich weniger Tempo wünsche ich mir hingegen bei den schwarz-grünen Plänen zur Einschränkung der Parteienvielfalt in den Kommunalparlamenten. Was man hierzu im Koalitionsvertrag lesen kann, wirkt weder ausgegoren noch vertrauenerweckend. Wenn wir auch in Zukunft wollen, dass Menschen sich ehrenamtlich in der Politik engagieren, dann sollten wir mehr politische Vielfalt ermöglichen und nicht weniger.
Denn die Zeiten ideologischer Parteienblöcke sind vorbei. Und das ist auch gut so.
Badewasserqualität an den Flensburger Stränden ausgezeichnet – Wassertemperatur 17 °C
Flensburg. Die Gesundheitsdienste teilen mit:
Die Flensburger Badestellen Ostseebad und Solitüde werden auch in diesem Jahr wieder von den städtischen Gesundheitsdiensten nach der Badegewässerverordnung überwacht. Vierzehntägig erfolgen Beprobungen zur Feststellung der Badewasserqualität.
Probenahme am 12. Juli 2022
Solitüde:
Ergebnis: ausgezeichnete Badewasserqualität
Wassertemperatur: 17 °C
Probenahme am 12. Juli 2022
Ostseebad:
Ergebnis: ausgezeichnete Badewasserqualität
Wassertemperatur: 17 °C
Für weitere Fragen wenden Sie sich bitte an die Gesundheitsdienste
unter Telefon 85 2600 bzw. per E-Mail:
Gesundheitsdienste@Flensburg.de
Bahnhofswald Flensburg: Investoren lassen geschütztes Quellbiotop wegbaggern und planieren
Rechtswidrig Fakten schaffen für das Hotelprojekt?
Ein Beitrag von Jörg Pepmeyer mit Fotos von Claus Kühne, Günter Strempel, Helmreich Eberlein und Bernd Schütt
Als geradezu dreist bezeichnen UmweltaktivistInnen den Versuch der Investoren Jan Duschkewitz und Ralf Hansen im Bahnhofswald für ihr geplantes Hotelprojekt Fakten zu schaffen. Die ließen heute von einem Abbruchunternehmen die letzten Reste des geschützten Quellbiotops im Bahnhofswald zusammenschieben und abbaggern, um die Fläche anschließend mit Sand aufzufüllen und zu planieren. Jan Duschkewitz ließ es sich nicht nehmen, persönlich anwesend zu sein und beaufsichtigte die Arbeiten. Offensichtlich wähnten sich die Investoren bei ihrem Vorgehen sicher. Das, obwohl es noch einen Rechtsstreit und Verfahren zum naturrechtlichen Status des Geländes zwischen ihnen, der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel und dem BUND gibt, das noch gar nicht entschieden ist.
Der naturrechtliche Status der Quelle ist jedoch nicht umstritten. Die war nämlich mitsamt dem dazugehörigen Biotop vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) Anfang August 2020 kartiert und unter gesetzlichen Biotopschutz gestellt. Das alles fiel heute nun der kompletten Zerstörung anheim. Viele UmweltaktivistInnen sind entsetzt. Sie sprechen unisono davon, dass die Investoren Fakten schaffen wollen, nach dem Motto: Wo keine Quelle mehr ist, gibt es auch keinen rechtsverbindlichen Schutz mehr. Das erinnere irgendwie an die Mafia und Sizilien.
Nachtrag und Berichtigung vom 16.7.2022: Ursprünglich hieß es im folgenden Absatz „Unverständlich sei ebenso, so die UmweltschützerInnen, warum die untere Naturschutzbehörde in Flensburg heute vormittag diese Aktion nicht gestoppt hat. Die Behörde ist direkt beim Rathaus angesiedelt und Oberbürgermeisterin Simone Lange hätte jederzeit angesichts der Rechtslage einen Stopp der Aktion von den Investoren einfordern können. Hat sie aber offensichtlich nicht getan.“ Diese Darstellung sei nach Informationen aus dem Rathaus so nicht richtig, Mitarbeiter der UNB hätten nach persönlicher Begutachtung am Bauplatz die Bauarbeiten am Donnerstagmittag sofort gestoppt. Mehr dazu in dem Stadtblog-Beitrag vom 16.7.2022: Bahnhofswald Flensburg: Stadt verfügt Stopp der Bauarbeiten
Und selbst Julian Heldt, Chefredakteur des Flensburger Tageblatts, hat augenscheinlich nicht verstanden, worum es in der Sache eigentlich geht und schreibt auf shz.de vom „Baubeginn“ für das Hotelprojekt. Nur die Abbaggerung und Sandauffüllung hat mit den eigentlichen Gründungsarbeiten oder „Baubeginn“ für den zukünftigen Baukörper gar nichts zu tun. Offensichtlich ging es den Investoren vor allem darum, das Ganze möglichst schnell abzuwickeln und mit dem Sand des Vergessens zuzudecken. Da kann man dann der Presse ja auch ein paar Märchen auftischen. Und wenn die nicht nachrecherchiert und der Wahrheit auf den Grund geht, umso besser.
Julian Heldt machte dann in seinem Kommentar endgültig klar, wo er steht. Überschwenglich lobte er die Investoren und machte sich völlig distanzlos zum Propagandisten ihrer Interessen. Dazu passte auch, dass er ihren heute erfolgten Rechtsverstoß mit der Aufgrabung und Zerstörung des geschützten Quellbiotops natürlich nicht zum Thema machte. Besonders bemerkenswert vor allem deshalb, weil Julian Heldt in seiner Berichterstattung über die Besetzung des Bahnhofswalds mehrmals die daran Beteiligten für ihre Rechtsübertretungen außerordentlich hart angegangen war. Ledidglich in seinem Bericht erwähnte er nur kurz und oberflächlich, dass es noch einen Rechtsstreit zwischen der BI und den Investoren gäbe.
Der dürfte angesichts der heutigen Aktion wieder an Fahrt aufnehmen, denn die SprecherInnen der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel haben mit großer Empörung auf die Vorkommnisse von heute Vormittag reagiert und kündigten bereits an, gegen Jan Duschkewitz und Ralf Hansen rechtlich vorzugehen. Sie werden sich dahingehend auch mit dem BUND SH absprechen und vereinbaren. Ebenso wird daran gedacht mit neuen Protestaktionen den Widerstand gegen das Hotelprojekt zu verstärken. Damit dürfte das Thema sicherlich auch im Mittelpunkt der Debatten anlässlich der bevorstehenden OB-Wahl stehen.
Mahnwache:
An jedem Donnerstag von 14 – 17 Uhr hält die BI Bahnhofsviertel Flensburg Mahnwache am Flensburger Bahnhofswald.

Abschließende Begutachtung durch Jan Duschkewitz und Mitarbeiter der Abbruchfirma – Foto: Claus Kühne

Ehemaliges Quellgebiet und Biotop im Bahnhofswald. Ursprünglich führte sogar eine Bach durch das Gebiet, der später verrohrt wurde. Nach Ansicht der Stadt Flensburg nicht schützenswert. Das sah das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) vollkommen anders. – Foto: Dr. Helmreich Eberlein

Nach der Rodung: Aus der Quelle in der Mitte des Rodungs-Fotos tritt weiterhin Wasser aus und läuft in dem dunkelbraunen Streifen bis auf den Postparkplatz. Wer will, kann auf das Bild zwei Mal klicken, um es zu vergrößern und die Baumstümpfe zählen…. – Foto: Bernd Schütt 24.02.2021
In dem beschlossenen Bebauungsplan „Hauptpost 303“ findet diese Quelle keine Berücksichtigung. Vor der entscheidenden Ratsversammlung am 25.06.20 wiesen Vertreter*innen der BI nachdrücklich auf dieses Feuchtbiotop hin, aber die Verwaltung wiegelte ab, man sprach sinngemäß von einer „Pfütze“ und gab sich gelassen. Das sah dann Anfang August 2020 das Landesamt völlig anders:
Flensburger Bahnhofswald: Landesamt stellt Quelle unter Biotopschutz
Zur Geschichte der Quelle und des Bachs im Bahnhofswald: Bahnhofswald: Zeitzeugen bestätigen Existenz von Bach und Quellen
unter: https://akopol.wordpress.com/2020/07/11/bahnhofswald-zeitzeugen-bestaetigen-existenz-von-bach-und-quellen/
Zum gleichen Thema auch den Beitrag vom 18.06.2020: Feuchtgebiet und Quellen im Bahnhofswald: Mögliches Aus für den B-Plan Hauptpost und das Hotelprojekt? unter: https://akopol.wordpress.com/2020/06/18/feuchtgebiet-und-quellen-im-bahnhofswald-moegliches-aus-b-plan-hotelprojekt/
Siehe auch den Beitrag vom vom 30.07.2020: Flensburger Bahnhofswald: Mit Falschinformationen die Öffentlichkeit hinters Licht führen
unter: https://akopol.wordpress.com/2020/07/30/flensburger-bahnhofswald-mit-falschinformationen-die-oeffentlichkeit-hinters-licht-fuehren/
Klimabegehren: Infoveranstaltung am 18. Juli auf dem Südermarkt
Aktionswoche des Klimabegehren vom 18. bis 23. Juli in Flensburg
Ihr wollt euch noch mal ganz in Ruhe erklären lassen, was das Klimabegehren ist und wofür wir Unterschriften sammeln? Dann kommt zu unserer Infoveranstaltung im Rahmen der Aktionswoche!
18. Juli, 17 Uhr, Südermarkt
Wir freuen uns auf euch!
Die Veranstaltung ist Teil unserer Aktionswoche anlässlich des Besuches vom Omnibus für direkte Demokratie.
Das gesamte Programm findet ihr hier
Neues Wohnquartier Schwarzenbachtal: Erster Kaufvertrag mit Investor geschlosen
Insgesamt werden vier Wohnhöfe mit ca. 480 Wohnungen errichtet
Flensburg. Das künftige ca. 7 ha große Wohnquartier Schwarzenbachtal in der Neustadt ist rund einen Kilometer von der Innenstadt Flensburgs entfernt. Das Gebiet war gekennzeichnet durch eine Konversionsfläche der Bundeswehr, die in 2017 aufgegeben wurde, sowie mindergenutzte Gewerbeflächen. Die Grundstücke konnten sukzessive erworben und ins Sanierungssondervermögen überführt werden.
Im Jahr 2016 wurde ein städtebaulicher und freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb durchgeführt. Der hieraus hervorgegangene Städtebauliche Entwurf der Planergemeinschaft
Zastrow & Zastrow aus Kiel sowie kessler.krämer Landschaftsarchitekten aus Flensburg wurde zum Bebauungsplan Nr. 289 „Schwarzental“ hin entwickelt, der seit Dezember 2017 rechtskräftig ist.
Die Freilegung des ca. 7 ha großen Areals begann im Jahr 2019 und wurde im Frühjahr 2022 abgeschlossen. Bis auf die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude in der Meiereistraße 4 wurden alle Gebäude abgebrochen. Die Grundstücke wurden, soweit technisch möglich, von vorgefundenen Altlasten freigemacht und Kampfmittelsondierungen vorgenommen.
Es bestehen Überlegungen, dass unter Denkmalschutz stehende Verwaltungsgebäude des ehemaligen Bundeswehrdienstleistungszentrums ggf. in Teilen zu seniorengerechtem Wohnen umzuplanen. Die gegenüberliegende Werkstatthalle könnte eine Nutzung als Quartierscafé in Verbindung mit dem künftigen Quartiersplatz erfahren.

Beurkundung Grundstück Schwarzenbachtal: Markus Pahl (Geschäftsführer IHR Sanierungsträger, links) und Torsten Koch (Geschäftsführer Bauplan Nord, rechts) unterschreiben den Kaufvertrag für das Grundstück Schwarzenbachtal unter den Augen des Notars Dr. Max Wellenreuther – Copyright: Stadt Flensburg
Insgesamt werden vier Wohnhöfe mit ca. 480 Wohnungen errichtet. Der westlich des Wohnquartiers liegende Spielplatz, der über die Straße Schwarzental zugänglich ist und mit der Eckenerstraße abschließt, erhält neue attraktive und barrierefreie Spielgeräte und -flächen. Eine Promenade zwischen der Spielplatzfläche und dem neuen Wohnquartier schafft Aufenthaltsqualitäten und lädt zum Verweilen ein.
Mit neuer Gestaltung und Wegeerschließung wird das künftige Wohnquartier mit dem bestehenden Umfeld vernetzt. Alle öffentlichen Verkehrsflächen sind im „Shared Space“ konzipiert. Die Höfe 1 und 2 werden über eine Mischverkehrsfläche erschlossen, die u-förmig die Meierei- und die Amselstraße verbindet. Die Höfe 3 und 4 erschließt der neue Herbert-Marxen-Weg, eine Stichstraße, die vom Junkerhohlweg bis zum Wendeplatz am Hof 3 führt. Auch die im Zusammenhang mit dem neuen Wohnquartier umgestaltete Stiftstraße erhält einen Wendeplatz. Beide Wendeplätze erfüllen sowohl Verkehrs- wie Aufenthalts- und Spielfunktionen.
Der Auftrag für den Bau der Erschließungsstraßen und öffentlichen Freiflächen des Wohngebiets ist mittlerweile erteilt. Die Planung der öffentlichen Verkehrsflächen erfolgte durch das Planungsbüro Merkel Ingenieur Consult, Kiel und die Planungen der öffentlichen Freiflächen durch die Landschaftsplaner kessler.krämer aus Flensburg.
Die Wohnbebauung beinhaltet 120 Wohnungen nach den Kriterien des sozialen Wohnungsbaus und setzt eine Mischung von öffentlich geförderten, frei-finanzierten Mietwohnungen sowie Eigentumswohnungen unterschiedlicher Größen um. Vier private Investoren wurden bereits vor Auslobung des Realisierungswettbewerbs ausgewählt und haben seither die Planung und Umsetzung der Maßnahmen begleitet. Am 12.07.2022 ist der erste Kaufvertrag mit dem in Flensburg ansässigem Unternehmen Bauplan Nord geschlossen worden.
Ein Kurz-Kommentar von Jörg Pepmeyer
Nur 25% Sozialwohnungen? Ursprünglich gab es einen Beschluss der Kommunalpolitiker, dass der Anteil von Sozialwohnungen bei Neubauvorhaben mindestens 30% sein soll. Alles Pustekuchen…
SSW-MdB Stefan Seidler setzt sich für deutsche Minderheit in Polen ein
„Dass die Stundenzahl für den deutschen Sprachunterricht der deutschen Minderheit in Polen durch die dortige Regierung von drei auf eine gekürzt werden, entspricht nicht den europäischen Werten von Schutz und Anerkennung der nationalen Minderheiten“, so der Bundestagsabgeordnete Stefan Seidler (SSW), der selbst einer nationalen Minderheit angehört.
„Darum hat der Parlamentskreis Minderheiten im Deutschen Bundestag als überfraktionelle Vereinigung ein Schreiben an das polnische Parlament aufgesetzt, in welchem wir die politischen Vertreter darum bitten, die Verordnung zu überdenken. Als Vorsitzender des Parlamentskreises ist es mir wichtig, dass wir mit Warschau in einen Dialog eintreten und gemeinsam eine Lösung finden. Das Erlernen der Sprache ist das zentrale Fundament der kulturellen Identität und Entwicklung und sollte daher gerade bei Minderheiten gefördert werden – so wie es europäische Abkommen vorsehen.“
Der Parlamentskreis Minderheiten setzt sich zum Ziel, mit den Vertreterinnen und Vertretern der vier autochthonen Minderheiten in Deutschland zu reden anstatt über sie. Ihre Sichtbarkeit in der öffentlichen und besonders der parlamentarischen Debatte soll erhöht werden.
Seidler selbst vertritt im Bundestag mit seinem SSW-Mandat die dänische und friesische Minderheit. Deshalb macht er sich im Bundestag auch für andere Minderheiten in Europa besonders stark.
Sozialverbände klagen gegen Grundsicherung
- VdK-Präsidentin: „Anhebung der Regelsätze Anfang des Jahres um drei Euro war aus unserer Sicht verfassungswidrig“
- SoVD-Präsident: „Bundesregierung verletzt Pflicht, das Existenzminimum zu sichern“
Angesichts explodierender Teuerungsraten klagen der Sozialverband VdK und der Sozialverband Deutschland (SoVD) gemeinsam gegen die Anpassung der Regelsätze für sieben Millionen Menschen, die Grundsicherung im Alter und Hartz IV beziehen. „Die Bundesregierung verstößt mit der Anhebung um drei und für Kinder sogar nur um zwei Euro Anfang des Jahres gegen ihren verfassungsmäßigen Auftrag, das Existenzminimum zeitnah sicherzustellen“, sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele. „Daran ändern auch die einmaligen Entlastungszahlungen sowie die zusätzlichen 20 Euro im Monat für Kinder in Grundsicherung nichts. Sie verpuffen angesichts der steigenden Kosten“, sagt SoVD-Präsident Adolf Bauer.
Beide Verbände wollen daher nun in Musterstreitverfahren bis vor das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ziehen. Dieses soll klären, ob der Gesetzgeber seine Pflicht verletzt, auf Preissteigerungen zeitnah zu reagieren. Sie berufen sich dabei auf zwei Urteile aus 2010 und 2014. Dort heißt es unter anderem: „Ist eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen nicht auszuschließen, darf der Gesetzgeber dabei nicht auf die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen warten.“ (BVerfG 23.7.2014 – 1 BvL 10/12 ua, Rn. 144). Das aber, so die beiden Sozialverbände, habe die Bundesregierung getan, als sie die Regelsätze für die Grundsicherung im Alter und Hartz IV Anfang des Jahres um nur 0,76 Prozent angehoben hat. Zu dieser Zeit stieg die Inflationsrate bereits seit Monaten und lag damals bei knapp fünf Prozent. Inzwischen ist sie auf fast acht Prozent (7,6 Prozent im Juni) gestiegen. „Die Bundesregierung verstößt damit gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts“, kritisiert Bauer.
Die Regelsatzerhöhung um drei Euro ergab sich aus der niedrigen Preisentwicklung von Juni 2020 bis Juli 2021. Damals hatte die Bundesregierung pandemiebedingt die Mehrwertsteuer reduziert. „Schon damals war allen klar, dass diese Anpassung die tatsächliche Preisentwicklung nicht deckt“, sagt Bentele. Eile sei daher nun geboten, betont Bauer: „Inzwischen sind die Kosten für fast alle Produkte des täglichen Lebens aber auch für Energie derart gestiegen, dass das Existenzminimum mit den Regelsätzen nicht mehr gesichert ist.“
Beide Verbände legen nun für ausgewählte Musterklägerinnen und Musterkläger Rechtsmittel ein, um eine höchstrichterliche Klärung zu erreichen.