Neuer Straßenname in Flensburg: Bismarck hat ausgedient!

Die Bismarckstraße in Flensburg gehört zu den wichtigsten Verkehrsadern der Stadt. Doch schon seit längerem ist die Namensgebung der Magistrale zwischen Lautrupsbachbrücke und Hafermarkt in der Kritik gewesen. Nun erhält sie ab 1. September mit dem neuen Namen Straße der Demokratie einen modernen und zukunftsgerichteten Bezug.

Aus der Flensburger Linksfraktion heißt es dazu: „Straßenumbenennungen sind eine komplizierte Sache, denn sie sind für die Stadt und die dort lebenden Menschen mit finanziellen Kosten verbunden, und manche Anwohner*innen möchten auch nicht gern mit der Gewohnheit brechen. Aber in diesem Falle begrüßen wir die Umbenennung und finden auch, dass die Gesamtkosten von fast 90.000 Euro gerechtfertigt sind.“

Die Person Otto von Bismarcks hatte immer wieder die Gemüter erhitzt, weil er für einige als „Macher“ der Reichseinheit von 1871 eine positive Bedeutung hat, für andere jedoch als Mitbetreiber dreier preußischer Kriege – gegen Dänemark 1864, Österreich 1866 und Frankreich 1870/71 – sowie wegen seines autoritären Regierungsstils als erster Reichskanzler, darunter auch das Verbot der Sozialdemokratie („Sozialistengesetz“), als öffentliche Identifikationsfigur in einer modernen Zeit nicht mehr tragbar erscheint.

In einer Pressemitteilung schreibt die Linksfraktion dazu: „Straßennamen sollten einen positiven Sinnbezug haben und nicht wie im Falle der Bismarckstraße Militarismus, Kriegstreiberei und die ideologische Verfolgung ganzer Bevölkerungsschichten, in diesem Fall besonders der demokratischen Arbeiterbewegung, verkörpern. Spätestens in der aktuellen Zeit, in der wir uns gegen Kriege und autoritäre Herrscher stellen, hat der zackige Herr Bismarck ausgedient. Mit dem neuen Namen Straße der Demokratie wird zugleich endlich das wieder gut gemacht, was im Namen des preußisch geprägten Nationalismus, Militarismus und Imperialismus mit viel Leid nicht nur in der Kaiserzeit, sondern mit zwei fürchterlichen Weltkriegen im 20. Jahrhundert in den Abgrund getrieben wurde!“

Die Tilgung des Namens Bismarck, so heißt es weiter, sei zugleich ein überfälliger Bruch mit einem erzreaktionären Geschichtsverständnis, zumal Flensburg wegen seiner Zugehörigkeit zum dänischen Gesamtstaat bis 1864 keinerlei preußischer Traditionen bedürfe. – „Mit dem neuen Straßennamen geht unsere Stadt aber auch eine Verpflichtung ein, denn die Wahrung der Demokratie, die durch die neoliberalen Exzesse der letzten Jahrzehnte sehr geschwächt ist, muss oberstes Ziel allen politischen und gesellschaftlichen Handelns sein. Ohne soziale Gerechtigkeit kann eine moderne Demokratie nicht glaubhaft existieren! – Wenn wir nun auch Bismarcks Ehrenbürgerstatus aus der Stadtgeschichte streichen würden, wären wir sehr zufrieden“, meint die Linksfraktion abschließend.

Nachtrag – Die Stadtblog-Redaktion zu den Tücken des 1. April:

Das war ja kaum zu glauben. Kaum war diese Meldung auch in den sozialen Netzwerken gepostet, konnte man bei einigen Kommentaren den Eindruck gewinnen, dass der menschlichen Dummheit keine Grenzen gesetzt sind. Wer sich ein bischen auskennt, hätte sofort gewusst, dass es sich hierbei um einen frechen Aprilscherz handelt. Andererseits war das wie ein Stich ins Wespennest, dokumentierten etliche Kommentare, wie schwer sich auch viele Flensburger damit tun, die deutsche Geschichte und die Rolle ihrer „Staatsmänner“ kritisch zu reflektieren. 

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Veröffentlicht am 1. April 2022, in Bürgerbeteiligung, Bildung, Daten und Zahlen, Flensburg News, Rat & Ausschüsse, Soziales, Stadtplanung. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 3 Kommentare.

  1. Ich freue mich dann schon mal auf den „Hering der Demokratie“

    Die Tilgung des Namens Bismarck auf neuen Straßenschildern ändert aber nichts am Vorhandensein der Geschichte! Konsequenterweise müssten die Schulbücher geändert werden oder die jetzigen Bismarcktürme in „Turm der Demokratie“ umbenannt?
    Was ist mit Generalfeldmarschall von Wrangel, Teilnehmer am deutsch-dänischen Krieg 1864 (Wrangelstraße) was mit Straßennamen Hindenburg oder Friedrich-Ebert? Alles keine Helden im Sinn der Gegenwart.
    Bismarck steht auch für die Einrichtung von schmalen Renten für die vielen kriegsverletzten Männer, die dem damaligen Soldatenheldenmythos zum Opfer fielen. Und in den wir schon wieder neu sehenden Auges reinrauschen.

    Richtig war, dass in den Nach-DDR Zeiten Straßenschilder, die als Beispiel, den Namen „Straße Erich Honecker“ trugen, ersetzt wurden, will ich aber nicht vergleichen mit dieser sinnlosen Umbenennung.

    Offensichtlich wurden diese 90.000 Tsd, EUR im Rat der Stadt Flensburg entschieden, die Freude bei Herrn Grimminger auslöst.
    Hurra, wir haben’s ja, oder? Wie viele Armutsrenten hätte man mit einem einmaligen Betrag erhöhen oder wie viele Stromsperren ausgleichen können?
    Ob die teure Umbenennung den Bismarckstraßen-Anwohnern irgendwie sinnvoll erscheint, glaube ich auf keinen Fall.
    Vergeudetes Geld und verlorene Zeit.

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  2. 😊Aber wär mal ´n Ding, genauso wie Moltke Str., Wrangel und Roonstr. Diese Typen aus der düstersten Zeit des preußischen Militarismus, die als Namensgeber für Flensburger Straßen herhalten mussten, und sich vor allem in den Kriegen gegen Frankreich und Dänemark ihre blutigen Meriten verdienten, nein Danke.

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