Archiv für den Tag 22. Juli 2021
Interview: „Wer Lebensmittelverschwendung in den Griff bekommt, kann nur gewinnen“
Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein macht sich stark für Lebensmittelwertschätzung und gegen Nahrungsmittel im Müll. Das Ziel ist klar: Lebensmittelverschwendung halbieren. Welche Schritte es dafür braucht und warum Ramschkisten im Supermarkt nicht helfen, erklärt Selvihan Benda, Leiterin des Referates Lebensmittel & Ernährung.
Seit Jahren setzen sich die Verbraucherzentralen für eine nachhaltige, abfallarme und ressourcenschonende Ernährung sowie für mehr Wertschätzung von Lebensmitteln ein. Warum ist Lebensmittelverschwendung ein wichtiges Thema?

Zur Person: Selvihan Benda ist Ökotrophologin und seit über 12 Jahren bei der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein im Einsatz. Seit mehr als zwei Jahren leitet sie das Referat Lebensmittel & Ernährung. Die Lebensmittelverschwendung ist eines von vielen Themen, die sie gemeinsam mit ihren Kolleginnen bearbeitet.
Selvihan Benda:
„Jedes Jahr landen in Deutschland etwa 12 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Das ist ethisch nicht vertretbar und absolut klimaschädlich, weil es den Ausstoß von Treibhausgasen unnötig nach oben treibt. Wenn in privaten Haushalten nur halb so viele Lebensmittel im Müll landen würden, ließen sich sechs Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente einsparen. Deutschland hat sich deshalb im Zuge der 17 globalen nachhaltigen Entwicklungsziele (SDG: Sustainable Development Goals) der Vereinten Nationen verpflichtet, einen Beitrag zur Halbierung der weltweiten Lebensmittelverschwendung bis 2030 zu leisten.“
Wer ist für dieses Ausmaß an Verschwendung verantwortlich und was muss sich ändern?
„Die öffentliche Diskussion um Lebensmittelabfälle dreht sich meist um Verbraucherinnen und Verbraucher. Tatsächlich haben aber auch Landwirtschaft, Handel und Gastronomie einen großen Anteil. Unser Ziel ist, die Verschwendung von Lebensmitteln zu halbieren. Das geht nur, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen – also Politik, Wissenschaft, Landwirtschaft, Handel, Industrie, Gastronomie und Verbraucher.“
Wie kann so eine gemeinsame Anstrengung aussehen und welche Rolle spielt das Land Schleswig-Holstein dabei?
„Auf Bundesebene gibt es seit zwei Jahren die nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung. Die Initiative „Zu gut für die Tonne“ vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) läuft schon seit mehreren Jahren. Für die Umsetzung in Schleswig-Holstein brauchen wir eine verantwortliche Stelle, die alle Akteure im Land zusammenbringt. Mit unserem verbraucherpolitischen Klönschnack im April haben wir dafür einen Auftakt gegeben. Dabei haben alle Beteiligten betont, dass sie an einer Zusammenarbeit interessiert sind. Wir wünschen uns eine Plattform der Landesregierung für alle maßgeblichen Vertreter von Verbänden, Wirtschaft, Politik und Verwaltung sowie zivilgesellschaftlichen Gruppen und Wissenschaft. Das Ziel ist eine dauerhafte Kooperation und Entwicklung gemeinsamer Ansätze.“
Wo steht Schleswig-Holstein bei der nationalen Anstrengung gegen Lebensmittelverschwendung?
„Nicht dort, wo es stehen könnte. Bisher ist unklar, welche Lebensmittel in welchen Mengen im Müll landen und wo das Problem am größten ist. Wir brauchen deshalb eine Zusammenarbeit von Wissenschaft und Abfallwirtschaft, um die Gründe und Mengen der Lebensmittelverschwendung und -abfälle in Schleswig-Holstein zu erfassen. Diese Daten können helfen, die Problembereiche einzugrenzen und Lösungen zu entwickeln. Eine Veränderung der Konsumgewohnheiten wird erst sichtbar, wenn Daten dazu regelmäßig erfasst und verglichen werden. Nur so erfahren wir, wie verschiedene Gruppen damit umgehen – ob es bei Einkaufsgewohnheiten und Verwendung von Lebensmitteln zum Beispiel Unterschiede zwischen Stadt und Land gibt. Hier geht das Geographische Institut der Universität Kiel jetzt mit einem Forschungsprojekt voran.“
Gibt es also bisher in Schleswig-Holstein keine Maßnahmen, um Lebensmittelverschwendung zu bekämpfen?
„Doch, mehrere Initiativen engagieren sich hier für mehr Wertschätzung von Lebensmitteln. Was aber fehlt, ist eine gebündelte umfassende Darstellung, die Transparenz für Verbraucher schafft. 2012 und 2013 hat das Landwirtschaftsministerium in Schleswig-Holstein die Kampagne „bewusst einkaufen kann jeder.de“ mit diversen Akteuren umgesetzt und damit das Bewusstsein für einen nachhaltigen und wertschätzenden Umgang mit Lebensmitteln gestärkt. Eine Plattform zur Verstetigung der Inhalte und zum Austausch der Akteure fehlt seitdem. Um dieses wichtige Thema in der Gesellschaft zu verankern, sehen wir das Landwirtschaftsministerium in der Verantwortung, weitere Maßnahmen zu ergreifen. Diese sollten alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette einbeziehen und in die Pflicht nehmen – ebenso die Gastronomie, Außer-Haus-Angebote und Gemeinschaftsverpflegung.“
Wie steht es mit den Verbrauchern? Was würde sie motivieren, Lebensmittel besser zu verwenden?
„Im Alltag fehlen oft die richtigen Anreize. In der Gastronomie gibt es zum Beispiel erst wenige Angebote für kleine Portionen – und wenn, dann oft nur auf Nachfrage. Besser wäre es, in der Speisekarte darauf hinzuweisen. In Supermärkten fällt mir oft auf, dass Lebensmittel im Abverkauf regelrecht verramscht werden. Irgendwo versteckt steht eine unansehnliche Wühlkiste mit unsortierten Artikeln, deren Mindesthaltbarkeitsdatum abläuft. Es gibt kein gutes Gefühl, darin nach Angeboten zu suchen. Wertschätzung sieht anders aus. Außerdem sollte es mehr lose Ware und kleinere Verpackungen mit angemessenen Preisunterschieden zur größeren geben. Wenn zehn Brotscheiben nur 20 Cent mehr kosten als fünf, dann wird schnell zur größeren Verpackung gegriffen. Der Preis sollte nicht zum Kauf des Vorteilspacks verleiten.“
Was bringt es Verbraucherinnen und Verbrauchern, wenn sie Lebensmittelverschwendung vermeiden?
„Ich denke, niemand fühlt sich gut, wenn er oder sie verwelktes Gemüse und angeschimmelten Käse aus dem Kühlschrank räumen und wegschmeißen muss. Wer diese Probleme in den Griff bekommt, kann nur gewinnen. Und dabei ist eine umfassende Verbraucherbildung unabdingbar – mit Wissen rund um Lagerung, Herstellung und Weiterverwendung von Lebensmitteln. Planvoll einzukaufen und komplett zu verwenden, spart Geld, bringt mehr Ordnung und Sauberkeit in die Küche und verbessert die persönliche Ökobilanz.“
Zum Hintergrund:
In zehn Thesen hat die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein zusammengefasst, welche Schritte notwendig sind, um die Lebensmittelverschwendung zu halbieren.
Offene Impfaktionen im Impfzentrum Flensburg am 26. und 27. Juli
Impfstoff von Johnson&Johnson wird ohne Termin verimpft – solange der Vorrat reicht
Flensburg. Auch am Montag, den 26. und Dienstag, den 27. Juli können sich von 13 bis 17 Uhr Personen ab 18 Jahren ohne Anmeldung im Impfzentrum Flensburg, Twedter Mark 11, mit dem Impfstoff von Johnson&Johnson gegen eine Corona-Infektion impfen lassen. Der Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson ist bislang der erste COVID-19-Impfstoff, bei dem nur eine Impfdosis für einen umfassenden Schutz nötig ist. Bereits nach 14 Tagen nach der Impfung genießen Einwohnerinnen und Einwohner den vollen Impfschutz und gelten als vollständig geimpft. Dies wird sowohl im gelben Impfpass, als auch nach Scannen des QR-Codes auf dem Impfzertifikat in den Apps wie der Corona-Warn-App und der CovPass-App so angezeigt.
Mitzubringen sind nur ein Ausweisdokument und – wenn möglich – Impfausweis sowie ausgedruckte und ausgefüllte Dokumente für die Impfung mit einem Vektor-Impfstoff (siehe www.impfen-sh.de oder direkt https://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/VIII/_startseite/Artikel_2020/_Informationen_Impfzentren/Download-Dokumente.html). Die tatsächliche Verfügbarkeit und Wartezeiten vor Ort sind abhängig von der Inanspruchnahme der Sonderaktionen.
Schleswig-Holstein: Lockerungen im Hotel- und Gaststättenbereich sowie bei privaten und öffentlichen Veranstaltungen treten ab kommenden Montag in Kraft
Die Landesregierung hat sich auf die Eckpunkte für eine Neufassung der Corona-Bekämpfungsverordnung verständigt, die am Montag, 26. Juli, in Kraft treten wird.
Die bisherigen Kontaktbeschränkungen bei Ansammlungen und Zusammenkünften (maximal zehn Personen aus zehn Haushalten) werden angesichts der derzeitigen Infektionslage verändert: Künftig können sich bis zu 25 Personen treffen. Kinder unter 14 Jahren sowie Genesene und Geimpfte werden hierbei weiterhin nicht mitgezählt.
Die Rahmenbedingungen für Veranstaltungen werden, wie angekündigt, entsprechend dem Veranstaltungsstufenkonzept geändert. Die Begrenzung der Teilnehmerzahl bei Veranstaltungen mit Gruppenaktivität (Feste, Feiern, Empfänge usw.) wird aufgehoben; dies gilt auch für die Veranstaltungen mit Marktcharakter (unter den bereits bestehenden Auflagen wie der Quadratmeterbeschränkung und Mund-Nasen-Bedeckung in Innenbereichen) und Veranstaltungen mit Sitzungscharakter (es gelten aber weiterhin Auflagen wie max. Auslastung von 50 Prozent); Veranstaltungen mit Eventcharakter sind in Außenbereichen und unter strengen Auflagen zulässig (Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, Erstellung eines Hygienekonzepts mit Berücksichtigung der An- und Abreise, Kontaktdatenerhebung, Testpflichten, Genehmigung durch die zuständige Behörde, Einsatz von Ordnungskräften).
Auch bei Versammlungen werden die Teilnehmerbegrenzungen aufgehoben. Teilnehmerbegrenzungen entfallen ebenfalls für Gottesdienste.
Weitere Anpassungen:
- Die Testpflicht für Besuche von Gaststätten in Innenbereichen entfällt.
- Die Testpflicht bei Veranstaltungen mit Gruppenaktivität wird aufgehoben.
- Die verbliebenen Testpflichten für Sport sowie Angebote der Kinder und Jugendhilfe in Innenbereichen entfallen.
- Die bisherige Folgetestung bei Besuch eines Beherbergungsbetriebes entfällt.
- Die Maskenpflicht für Schiffsverkehre (ÖPNV wie touristisch) wird in den Außenbereichen aufgehoben.
Am 22. Juli soll die Neufassung der Verordnung beschlossen werden, am 26. Juli wird sie in Kraft treten.