Archiv für den Tag 14. Juli 2021

Kostenfalle Katzenkauf: Schleswig-Holsteinerin verliert 2.000 Euro an Fake-Tierhändler im Internet

Tipps und Hinweise der Verbraucherzentrale Schlesig-Holstein

Wer sich ein Haustier wünscht, wird im Internet schnell fündig. Das Geschäft mit Tieren blüht. Ob ein echter Zuchtbetrieb oder eine Betrugsmasche dahintersteckt, ist auf Internetseiten nicht leicht zu erkennen. Fotos können kopiert und Angebote frei erfunden sein. Wie der Trick mit dem Tierhandel im Netz funktioniert, zeigt ein aktuelles Beispiel einer Schleswig-Holsteinerin, die bei der Suche nach einer Katze mehr als 2.000 Euro verloren und bis heute kein Tier bekommen hat.

Ein kleines Kätzchen als Hausgenosse, gesund, geimpft und geeignet für Allergiker – das wünscht sich eine Tierfreundin aus Schleswig-Holstein. Auf einer Internetseite findet sie scheinbar genau das richtige: Die Seite preist „gesunde Kätzchen von den besten Züchtern Deutschlands“ an, inklusive Beratung, Impfung, Behandlung gegen Würmer und Flöhe, mit Gesundheitsgarantie. Dazu gibt es Fotos von flauschigen Katzenwelpen mit Steckbrief.

Statt Kätzchen kommen Flugdaten und eine hohe Geldforderung an

Auf Nachfrage erhält die Interessentin per Mail einige Daten zu ihrer Traumkatze. Sie soll 400 Euro anzahlen. Abholen kann sie das Katzenbaby angeblich wegen Corona nicht, es soll aus Flensburg geliefert werden. Nach der Anzahlung kommt ein Kaufvertrag sowie die Aufforderung, vor dem Liefertermin den Restbetrag von 500 Euro zu überweisen.
Am Tag der versprochenen Lieferung wartet sie vergeblich. Statt Kätzchen kommen plötzlich Flugdaten mit einer neuen Ankunftszeit per WhatsApp an. Angeblich soll das Tier nun aus Stuttgart eingeflogen werden. Auch dieser Termin verstreicht. Auf Nachfrage erklärt der Händler, dass der Transport an einer nicht passenden Box gescheitert sei. Die Kundin soll ein Verwarngeld und eine neue Box bezahlen, insgesamt 1.280 Euro. Sie wird skeptisch und verlangt Beweisfotos vom Kätzchen am Flughafen. Tatsächlich kommen Fotos und diverse weitere Nachrichten vom Händler an. Aus Sorge um das Tier schiebt die Katzenfreundin ihre Bedenken beiseite und überweist auch noch den letzten Betrag. Die Katze ist bis heute nicht angekommen.

Verbraucherzentrale rät vom Tierkauf im Internet ab

„In letzter Zeit erreichen uns häufiger Beschwerden über unseriöse und skrupellose Tierhändler. In diesem Fall liegt sogar der Verdacht nahe, dass Angebot und Handel nur vorgetäuscht sind“, sagt Kerstin Heidt, Juristin bei der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. „Vermutlich gibt es die angebotenen Katzen nicht und der Kontakt dient nur dazu, Interessierte zur Zahlung zu bewegen.“ Die Verbraucherzentrale rät deshalb grundsätzlich davon ab, Tiere im Internet zu kaufen. Ein Warnzeichen für solche Betrugsmaschen können die geforderten Bezahlmethoden sein. „Überweisungen im Voraus oder Bargeldtransfers sind in solchen Fällen riskant. Wenn das Tier nicht ankommt, ist das Geld weg“, warnt die Juristin. Wer ein Haus-tier kauft, holt es am besten selbst ab und zahlt bei der Übergabe.

Tipps für den Katzenkauf

  • Bei seriösen Züchtern kann man Katzenwelpen und Muttertier in ihrer Umgebung kennen lernen, sich die Tierhaltung ansehen und eine Katze selbst aussuchen. Sie beschränken sich auf wenige Tiere und Rassen.
  • Gute Züchter und Vermittler geben ein Tier nicht einfach so aus der Hand. Sie führen ausführliche Vermittlungsgespräche mit den Interessenten und informieren über Verantwortung und laufende Kosten für ein Tier.
  • Beim Umzug ins neue Zuhause sollte eine Katze mindestens 12 Wochen alt sein. Tiere aus dem Ausland müssen mindestens 15 Wochen alt sein. Der Händler muss einen EU-Heimtierausweis und ein tierärztliches Gesundheitszeugnis vorlegen, die Katze muss nachweislich einen Mikrochip tragen.
  • Wer die hohen Kosten für eine Katze vom Züchter nicht zahlen kann oder will, wird vielleicht im örtlichen Tierheim fündig. Dort warten viele Tiere auf ein neues Zuhause und es gibt eine ausführliche Beratung.

Wer den Verdacht hat, an einen illegalen Tierhändler geraten zu sein, sollte sich an die Polizei wenden. Grundsätzlich bedeutet die Anschaffung einer Katze oder eines Hundes eine Entscheidung für viele Jahre und will gut überlegt sein. Neben Fragen der Haltung und Betreuung spielen auch die Finanzen eine Rolle. Für Futter und Zubehör, Impfungen sowie Behandlungen beim Tierarzt fallen für eine Katze laufende Kosten an, die sich auf mindestens 700 Euro pro Jahr summieren.

#aussteigen am 11. September: Radsternfahrt und Großdemonstration anlässlich der IAA

Berlin / Frankfurt a. M. / München: Unter dem Motto #aussteigen demonstriert am 11. September 2021 in München ein breites Aktionsbündnis aus ADFC, Attac, BUND, Campact, Deutscher Umwelthilfe (DUH), Greenpeace, NaturFreunde Deutschlands und VCD gegen grüne Täuschungsmanöver der Automobilindustrie und für eine echte Mobilitätswende. Geplant sind eine große Fußgängerdemo und eine Fahrradsternfahrt mit 17 Demozügen aus dem Münchner Umland zur zentralen Kundgebung in der Innenstadt. Erwartet werden zehntausende Teilnehmende aus ganz Deutschland.

Das Aktionsbündnis kritisiert: „Kurz vor der Bundestagswahl will sich die Autolobby bei der IAA einen grünen Anstrich geben. Dabei verdienen BMW, Volkswagen, Daimler und Co. nach wie vor ihr Geld mit viel zu dicken Autos, die das Leben in den Städten ersticken. Und als ob es die Klimakrise nicht gäbe, steckt in den meisten immer noch ein Verbrenner drin. Das wollen wir nicht akzeptieren! Statt Alibi-Präsentationen müssen die Autokonzerne ihre komplette Produktion umstellen auf kleinere, klimafreundliche Fahrzeuge. Diesen Umstieg muss die nächste Bundesregierung mit einer Verkehrspolitik beschleunigen, die konsequent auf Rad-, Fuß- und öffentlichen Verkehr setzt. Dazu gehört auch die Halbierung des Autoverkehrs.“

Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der DUH, sagt: „Verkehrs- und Wirtschaftspolitik in Deutschland bedienen schon viel zu lange einzig die Interessen der Automobilwirtschaft. Das Ergebnis sehen und spüren wir tagtäglich: Verstopfte Städte mindern die Lebensqualität, Lärm und Abgase machen die Menschen krank, für Autos gemachte Straßen werden zur Gefahr für Rad- und Fußverkehr. Noch dazu ist der Verkehr der einzige Sektor, der bislang keinen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Das ist ein Schlag ins Gesicht für die kommenden Generationen. Hier gibt es nur eins: Aussteigen – und zwar aus dem Verbrennermotor bis 2025!“

Unter dem Motto #aussteigen fordert das Bündnis konkret:

  • Faire Verteilung des öffentlichen Raums mit Vorrang für Fuß-, Rad- und öffentlichen Verkehr
  • Gut ausgebauter, bezahlbarer ÖPNV, für alle und immer
  • Halbierung des Autoverkehrs und Klimaneutralität im Verkehr bis 2035
  • Sofortiger Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor, keine Plug-in-Hybride und großen E-SUV
  • Sofortiger Stopp der Planung und des Baus von neuen Autobahnen und Bundesstraßen
  • Eine generelle Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h auf Autobahnen, 80 km/h außerorts und eine Regelgeschwindigkeit 30 km/h innerorts

Geplanter Ablauf der Demo:

Die Fahrraddemo wird sich aus allen Himmelsrichtungen sternförmig auf München zubewegen. Für Eltern mit kleineren Kindern gibt es eine extra Familienroute. Fußgängerinnen und Fußgänger bilden in der Innenstadt einen eigenen Protestzug. Die Demonstrationen enden mit einer gemeinsamen Kundgebung im Zentrum. Die Veranstalter planen, einen Teil der Sternfahrt über Autobahnen und den Mittleren Ring zu führen. Die entsprechenden Abschnitte werden dann zeitweise für den Autoverkehr gesperrt.

Weitere Informationen und Updates sowie den geplanten Routenverlauf gibt es auf http://www.iaa-demo.de.

Über das Bündnis:

Das Aktionsbündnis aus Allgemeinem Deutschen Fahrrad-Club e.V. (ADFC), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND), Campact, Deutscher Umwelthilfe (DUH), Greenpeace, NaturFreunde Deutschlands und dem ökologischen Verkehrsclub VCD hatte sich bereits 2019 zum friedlichen Protest gegen die letzte in Frankfurt stattfindende IAA zusammengefunden. Neu dabei ist in diesem Jahr das globalisierungskritische Netzwerk Attac. Das Bündnis der Umwelt- und Verkehrsverbände fordert eine echte Mobilitätswende mit deutlich reduziertem Autoverkehr und viel mehr Fuß-, Rad- und öffentlichem Verkehr.

Breites Bündnis fordert Bekenntnis aller demokratischen Parteien für ein Tempolimit in den ersten 100 Tagen ihrer möglichen Regierungsarbeit

  • Umweltverbände, Gewerkschaft der Polizei NRW und Verkehrssicherheitsverbände fordern generelles Tempolimit
  • Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen und Nachschärfung der Regelungen außer- und innerorts
  • Deutschland muss bei Klimaschutz und Verkehrssicherheit an europäische Nachbarländer anschlussfähig werden

Berlin, 13.7.2021: Ein breites gesellschaftliches Bündnis betont die Notwendigkeit eines generellen Tempolimits und einer Verschärfung der bestehenden Regelungen für mehr Umwelt- und Klimaschutz sowie zur Verbesserung der Sicherheit im Verkehr. Seit dem Start des Bündnisses aus Umwelt- und Verkehrsverbänden sowie der Gewerkschaft der Polizei NRW im April 2019 hat sich die amtierende Bundesregierung mit ihrer Blockadehaltung gegen ein Tempolimit zunehmend ins Abseits gestellt. Deshalb erneuern die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die Gewerkschaft der Polizei NRW, der ökologische Verkehrsclub VCD, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Changing Cities ihre Forderungen nach einem generellen Tempolimit auf Autobahnen, einer Absenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts auf 80 km/h und der Einführung einer Regelgeschwindigkeit von 30 km/h innerstädtisch. Alle demokratischen Parteien müssen sich schon jetzt für die Einführung eines generellen Tempolimits innerhalb der ersten 100 Tage ihrer möglichen Regierungsarbeit aussprechen, fordert das Bündnis.

„Mit einem strikt kontrollierten Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen, Tempo 80 außerorts und Tempo 30 in der Stadt lassen sich bis 2034 insgesamt bis zu 100 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Das wegweisende und von uns mit erstrittene Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts erhöht den Druck auf die neu gewählte Bundesregierung, diese ohne großen Aufwand umsetzbare Einzelmaßnahme mit dem höchsten CO2-Einsparpotential zu beschließen. Die Einhaltung des Tempolimits kann zudem durch die streckenbezogene Section Control sichergestellt werden“, sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

„Wer die Zahl der schwerverletzten und getöteten Verkehrsunfallopfer senken will, kommt an einem Tempolimit auf der Autobahn nicht vorbei. Gerade für Polizei- und Rettungskräfte, aber auch für andere, die auf der Autobahn arbeiten müssen, sind Geschwindigkeiten über 130 km/h lebensgefährlich. Ein Tempolimit auf der Autobahn würde darüber hinaus die Zahl der Verkehrstoten auf der Autobahn um voraussichtlich 20 Prozent senken. Konsequent überwachte Geschwindigkeitsreduktionen sind deshalb nicht nur die wirksamste Einzelmaßnahme, um die Zahl der Verkehrsunfallopfer zu reduzieren, die wir haben. Alle anderen denkbaren Maßnahmen sind auch teurer und weniger effizient“, sagt Michael Mertens, Gewerkschaft der Polizei NRW.

„Klimaschutz und Verkehrssicherheit müssen das Credo aller Regelungen im Straßenverkehr werden. Die Absenkung der auf Bundes-, Landes,- und Kreisstraßen zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h bewirkt beides. Die Zahl der gefährlichen Überholmanöver von Autofahrenden und die damit verbundenen energie- und schadstoffintensiven Beschleunigungen werden deutlich verringert. Zudem trägt eine Verringerung der Geschwindigkeiten dazu bei, dass Fahrradfahrende auf Straßen ohne Radweg weniger gefährdet werden. So wird das Radfahren auf dem Land attraktiver“, so Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND.

„Niedrigere Geschwindigkeiten senken den CO2-Ausstoß massiv und könnten tausende Leben retten. Trotzdem kämpft die Raser-Lobby gegen sicherere Autobahnen und die Politik macht es durch Nichtstun den Kommunen unnötig schwer, Tempo 30 einzuführen. Dabei sehen wir in Paris, in Brüssel oder Oslo, wie einfach es gehen könnte. Unsere Verkehrspolitik ist vollkommen veraltet. Wir brauchen endlich eine integrierte Planung für unsere Mobilität, die Klimaschutz und Verkehrssicherheit zu Leitzielen macht, an denen sich auch Kommunen orientieren können. Kurz: Ein Bundesmobilitätsgesetz, das nicht das Auto, sondern den Menschen in den Mittelpunkt stellt“, sagt Kerstin Haarmann, Bundesvorsitzende des VCD.

„Tempo 130 auf Autobahnen bedeutet mehr Sicherheit für Autofahrende. Tempo 80 auf Landstraßen bedeutet noch mehr Sicherheit für Autofahrende, aber auch für Radfahrende. Tempo 30 in Städten rettet das Leben von Fußgängerinnen und Fußgängern und Radfahrenden. Es ist evident, dass eine Mehrheit der Bevölkerung diese Maßnahmen begrüßt. Einige wenige fühlen sich frei, wenn sie sich in einem Auto rasend schnell fortbewegen können, alle anderen wünschen sich mehr Sicherheit im öffentlichen Straßenraum – denn erst dann können sich alle frei bewegen“, erklärt Ragnhild Sørensen, Sprecherin von Changing Cities.

Hintergrund:

In den letzten Monaten haben zahlreiche Nachbarländer ihre Geschwindigkeitsregelungen zum Schutz von Klima, Umwelt und Menschenleben nachgeschärft. Die Niederlande haben 2020 ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen tagsüber eingeführt; in Frankreich wurde Tempo 30 in 200 Städten und in Spanien 2021 sogar flächendeckend Tempo 30 innerstädtisch zur Regel. Die Unfallzahlen sanken in den französischen Städten um 70 Prozent. Eine erstmals seit den 90er Jahren aktualisierte Studie des Umweltbundesamts Anfang 2020 belegt die schnell umzusetzende Klimawirksamkeit des Tempolimits auf Autobahnen. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO fordert Tempo 30 innerstädtisch. Wichtige Akteure wie der Deutsche Verkehrssicherheitsrat sprechen sich mittlerweile für ein Tempolimit auf Autobahnen aus. Der ADAC hat seine jahrzehntelange Abwehr gegen ein Tempolimit aufgrund einer Mitgliederumfrage aufgegeben. Deutschland ist das einzige Industrieland ohne ein generelles Tempolimit auf Autobahnen.

Verbändebündnis fordert: Für Müllflut verantwortliche Unternehmen müssen Plastiksteuer zahlen, nicht Steuerzahlerinnen und Steuerzahler

  • Bürgerinnen und Bürger müssen seit 2021 für nicht recyclingfähigen Plastikmüll der Verpackungsindustrie aufkommen
  • Bundesregierung überweist 1,3 Milliarden Euro Steuergeld ohne jede Lenkungswirkung für den Umweltschutz nach Brüssel
  • Bündnis fordert in offenem Brief: Plastiksteuer soll gestaffelt nach Recyclingfähigkeit und Rezyklatgehalt bei der Inverkehrbringung erhoben werden – Neuplastik muss zwei Euro pro Kilo kosten

Berlin: Die für den Kunststoffmüll verantwortlichen Unternehmen müssen die Plastiksteuer zahlen. Dies fordert das Bündnis aus gesellschaftlichen Gruppen „Wege aus der Plastikkrise“ in einem offenen Brief an die demokratischen Parteien im Bundestag. Allein in 2021 überweist die Bundesregierung rund 1,3 Milliarden Euro Steuergeld nach Brüssel, anstatt die Verursacher unökologischer, nicht recyclingfähiger Verpackungen in die Pflicht zu nehmen. Dabei sollte die Plastiksteuer die Recyclingfähigkeit von Verpackungen verbessern und den Einsatz von Recyclingmaterial erleichtern.

Seit dem 1. Januar 2021 müssen alle EU-Mitgliedsstaaten eine Abgabe von 80 Cent pro Kilogramm nicht recycelter Plastikverpackungen an die EU abführen. Die einzelnen Staaten können dabei selbst entscheiden, wie sie die Plastiksteuer ausgestalten. Das Verbändebündnis fordert, die Plastiksteuer bei der Inverkehrbringung von Verpackungen zu erheben. Die Bemessung der Steuer sollte an den Rezyklatanteil von Plastikverpackungen gekoppelt sein und die Recyclingfähigkeit miteinbeziehen. Hersteller von recyclingfähigen Verpackungen mit wenig Neumaterial sollten durch Abschläge begünstigt werden. Für den Einsatz von Neumaterial sollten zwei Euro pro Kilogramm Kunststoff gezahlt werden, damit unnötiges Plastik sich nicht mehr rechnet. Nur so entfaltet die Plastiksteuer ihre ökologische Wirkung.

Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH): „Die Bundesregierung hat ein Herz für die Kunststoffindustrie. Anders ist nicht zu erklären, dass sie aktuell den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern bei der Plastiksteuer in die Tasche greift und nicht die Verursacher zahlen lässt. Die aktuelle Umsetzung der Plastiksteuer ist eine Bankrotterklärung an den Umwelt- und Klimaschutz. Eine konsequente Plastiksteuer in Höhe von zwei Euro pro Kilo Neumaterial könnte die Herstellung unnötiger Kunststoffe effektiv eindämmen und das Recycling voranbringen. Statt milliardenschwerer Geschenke an die Plastikindustrie müssen klimaschädliche Einweg-Verpackungen endlich einen Preis bekommen.“

Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand von Greenpeace Deutschland: „In der Klimakrise darf man nicht länger Plastikverpackungen und damit fossile Rohstoffe verbrennen. Das ist unsinnig und widerspricht dem Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts. Für die Herstellung von Einweg-Verpackungen, die sich nur noch zum Verbrennen eignen, sind die Unternehmen verantwortlich, nicht die Verbraucherinnen und Verbraucher. Die nächste Bundesregierung muss dafür sorgen, dass die Verpackungsindustrie die Plastiksteuer zahlt. Nur dann kann sie wirken und die Unternehmen dazu bringen, die Menge an Einwegverpackungen erheblich zu verringern.“

Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „Die Plastiksteuer soll diejenigen Verpackungshersteller belohnen, die Recyclingmaterial einsetzen oder gut recyclebare Verpackungen anbieten. Nur dann können Kunststoffe Teil einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft sein. 2019 wurden immer noch viel zu viel, nämlich fast 40 Prozent der im Gelben Sack gesammelten Kunststoffverpackungen, schlichtweg verbrannt. Vorbildliche Unternehmen, die für neue Produkte nachweisbar Kunststoffe einsetzen, die zuvor im Gelben Sack gesammelt wurden, sollten finanziell entlastet werden. Zudem müssen Hersteller auf Verbundmaterialien sowie schädliche Farb- oder Zusatzstoffe verzichten. Denn nur dann ist es möglich, die eingesetzten Materialien auch wirklich zurückzugewinnen.“

Hintergrund:

Das Bündnis „Wege aus der Plastikkrise: Forderungen der deutschen Zivilgesellschaft” ist ein Zusammenschluss verschiedener zivilgesellschaftlicher Organisationen, die sich gemeinsam für die Lösung der Plastikkrise stark machen. Dazu gehören: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Deutsche Umwelthilfe (DUH), Greenpeace, Heinrich-Böll-Stiftung, Health and Environment Justice Support (HEJSupport), Surfrider Foundation Germany, Women Engage for a Common Future (WECF) und Zero Waste Kiel.

Links:

Busverkehr in Flensburg: Tickets werden teurer

VCD: Preiserhöhung falsches Signal für eine Mobilitätswende

Ein Beitrag der VCD Ortsgruppe Flensburg

Der öffentliche Verkehr ist enorm wichtig für die Klimaziele und zur Verkehrsentlastung. Doch in Flensburg werden die Fahrpreise ab 1. August 2021 um rund 5 Prozent steigen. 5 Euro für ein Ticket in die Innenstadt und zurück – das dürfte kaum zusätzliche Fahrgäste in die Busse locken. „Der öffentliche Verkehr muss nicht kostenlos sein, aber für alle bezahlbar!“, fordert der VCD.

Positiv: Verbesserung des Angebots

Auf der positiven Seite: AktivBus stellt grundsätzlich ein attraktives Verkehrsangebot in Flensburg bereit. Ab Spätsommer soll es auf den Linien 1, 2, 3, 4, 7 und 10 insbesondere am Abend Angebotsverbesserungen durch eine Verlängerung des Hauptverkehrszeit-Taktes geben.

Wo bleiben Sozialticket und kostenlose Schülerbeförderung?

Auf der anderen Seite: Ab August 2021 steigen die Preise über alle Fahrkartenarten um rund 5 Prozent an. Das trifft besonders Haushalte mit niedrigem Einkommen hart. Flensburg liegt sowieso im untersten Bereich, was das Pro-Kopf-Einkommen betrifft (Platz 387 von 401 . Wikipedia – mehr), und gerade die sind durch Corona besonders betroffen.
Im Gegensatz dazu wurden zum Beispiel in Kiel letztes Jahr sowohl das Angebot ausgeweitet als auch die Preise gesenkt: Die Einzelfahrt kostet dort statt 2,70 Euro nur noch 2,40 Euro.

Gleichzeitig wird in Flensburg über die Einführung eines Sozialtickets seit Jahren diskutiert, geschehen ist bisher nichts. Während die Schülerbeförderung im Landkreis Schleswig-Flensburg generell kostenlos ist, sollen Schüler und Auszubildende in Flensburg künftig 35 Euro zahlen.

Schnupperangebote attraktiv gestalten

Durchaus umstritten ist auch die jüngste Entscheidung des Flensburger Rates, am 4. Freitag im Monat bis August 2022 das Busfahren kostenlos zu machen. Geschätzte Kosten dafür: 160.000 Euro.
Prinzipiell sind Schnupperangebote eine gute Sache. Doch diese Maßnahmen dürfte eher zu Frust bei Zeitkartenbesitzer:innen führen, ganz zu schweigen von dem seltsamen Datum. Da hätte es sicherlich bessere Möglichkeiten gegeben, um neue Fahrgäste zu gewinnen.

Kommentar:
Preiserhöhung falsches Signal für eine Mobilitätswende

  

Flensburger Buspreise: 2013 konnte man noch für 4 Euro zum Einkaufen in die Innenstadt und wieder zurück fahren. Ab 2021 ist es 25 Prozent teurer: 5,00 Euro kostet nun die Fahrt hin und zurück. Für eine Mobilitätswende ist das ein falsches Signal.

Verständlich, wer sagt: Da fahre ich lieber mit dem Auto. Denn die Parkgebühren sind auf deutlich niedrigerem Niveau. Für 1,70 Euro darf man auf öffentlichem Grund eine Stunde lang sein Auto abstellen. Oder man parkt einfach kostenlos: auf einem Anwohnerparkplatz, im Halteverbot oder in der Norderstraße bei der Marienkirche – kontrolliert ja sowieso niemand.

Pkw verursacht Kosten, Busverkehr Einnahmen

Dass hier ein Missverhältnis besteht, ist allgemein einsichtig. In einer Kommune finanziert jede:r Bürger:in den Pkw-Verkehr mit durchschnittlich 150 Euro pro Jahr mit. Denn die Kosten – Unterhalt und Bau von Parkplätzen, Straßenreinigung, Straßenbeleuchtung und Entwässerung, Mehraufwendungen bei Feuerwehr, Polizei, Grünflächenämtern und städtischen Bauhöfen – sind nicht einmal zur Hälfte gedeckt.

Der Pkw-Verkehr erfordert Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur und ihren Unterhalt, bringt aber den Kommunen keine unmittelbaren Einnahmen. Im Gegensatz zum ÖPNV: Wer Bus fährt, kommt für einen großen Teil der Kosten selbst auf.

  • VCD: Versteckte Subventionen des Autoverkehrs – mehr
  • Universität Kassel: “Der Autoverkehr kostet die Kommunen das Dreifache des ÖPNV” – mehr

Busverkehr: Nachhaltige Finanzierungsinstrumente schaffen

Paul Hemkentokrax, Geschäftsführer von Aktiv Bus, wünscht sich eine ehrliche Diskussion über die zukünftige Finanzierung des ÖPNV und nachhaltige Finanzierungsinstrumente (Flensburger Tageblatt, 07.07.2021 – mehr). Dem ist nichts hinzuzufügen.

VCD-Position:
“ÖPNV muss nicht kostenlos sein, aber für alle bezahlbar!”

Der VCD setzt sich für Kostenwahrheit im Verkehr ein. Die Kosten, die ein Verkehrsträger verursacht, sollen diesem auch weitestgehend angelastet werden. Dazu zählen Betriebskosten, Kosten für Bau und Unterhalt der Verkehrsinfrastruktur, aber auch externe Kosten, wie Umweltschäden, Gesundheitsausgaben, Lärmbelastungen und Unfälle.
Der notwendige Verkehr muss von umweltbelastenden auf umweltschonende Verkehrsmittel verlagert und Antriebe und Fahrzeuge müssen effizienter werden (VCD-Positionspapier: “Bus und Bahn für alle bezahlbar”, s.u.).

Ein leistungsstarker und bezahlbarer ÖPNV ist für den VCD ein elementarer Baustein der Verkehrswende. Nulltarif für Bus und Bahn muss nicht sein. Denn:

  • Ticketverkäufe decken heute durchschnittlich drei Viertel der Betriebskosten des ÖPNV. Auf diese Finanzierungssäule sollte nicht einfach verzichtet werden, wenn das Angebot deutlich verbessert werden soll.
  • Bei pauschalen Preisermäßigungen wechseln vor allem Fußgänger:innen und Radfahrer:innen zum ÖPNV, nicht aber die Autofahrer:innen. Um diese zum Umstieg zu bewegen, darf die Pkw-Fahrt nicht der bequemste Weg sein. Dafür braucht es – neben einem hochwertigen öffentlichen Verkehr – neue Gesamtkonzepte: Weniger und teurere Parkplätze und Auto-Fahrspuren, die zu Busspuren und Fahrradstreifen umgewidmet werden.
  • Gleichzeitig müssen Länder und Kommunen aber auch den Menschen ohne oder mit sehr geringem Einkommen Mobilität in ihrer Region ermöglichen.

Weiterlesen

  • VCD-Positionspapier: “Bus und Bahn für alle bezahlbar” (Juli 2012). PDF-Datei – mehr
  • VCD Hintergrund: “ÖPNV zum Nulltarif – Möglichkeiten und Grenzen”. PDF-Datei – mehr
  • Deutscher Bundestag, Wissenschaftlicher Dienst: “Kostenloser öffentlicher Personennahverkehr in Deutschland” (28.01.2020). PDF-Datei – mehr
    Inhalt: Modellprojekte in Deutschland und ihre Verläufe, Übersicht zu Untersuchungen und Stellungnahmen.
  • Wikipedia: “Tarifsystem im Öffentlichen Personenverkehr” – mehr
    Lesenswerte Zusammenstellung mit vielen Beispielen
  • IGES: “Gutachten: Mobilitätspass” (19.11.2020). PDF-Datei – mehr
    Ein Mobilitätspass ist ein “Bürgerticket”, ähnlich dem Semesterticket. Alle Bürger:innen zahlen einen überschaubaren Betrag und haben Anrecht auf kostenlose Mobilität.

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