Ein Beitrag von Julia Born
Nein, es ist gar nicht der Motor! Ab 30 Stundenkilometern hört man bei PKW vor allem den Reifenlärm. Reifen sind laut, weil sie – mangels Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen – in Deutschland mindestens Tempo 200 aushalten müssen.
Dies und mehr konnte man erfahren am 12. Februar 2020 bei dem hörenswerten Vortrag “Verkehrslärm – Ursachen, Wirkungen, Minderungspotentiale” von Christian Popp, Beiratsvorsitzendem der Lärmkontor GmbH (mehr) und bundesweit tätigem Fachmann. Popp informierte unter Anderem über die Folgen von Verkehrslärm, den Verlauf der Lärmaktionsplanung in Flensburg und die Möglichkeiten, Verkehrslärm zu reduzieren.
Die Veranstaltung fand statt im Technischen Rathaus an der Schützenkuhle. Eingeladen hatte Frau Takla-Zehrfeld, Fachbereichsleiterin Stadtentwicklung und Klimaschutz der Stadt Flensburg.
Worum geht es bei der Lärmaktionsplanung?
Die Lärmaktionsplanung ist ein von der EU vorgegebener Prozess mit dem Ziel, Gesundheitsgefährdungen zu vermeiden und Lärmbelästigungen zu mindern und langfristig abzustellen.
“Die Lärmaktionspläne enthalten konkrete Maßnahmen zur Lärmminderung, die möglichst umfassend realisiert werden sollen. Die Lärmaktionsplanung liegt in der Verantwortung der Gemeinden oder der nach Landesrecht zuständigen Behörden. … Die Öffentlichkeit kann an der Lärmaktionsplanung aktiv mitwirken” (Umweltbundesamt: Lärmaktionsplanung – mehr).
Wie läuft die Lärmaktionsplanung ab?
Der Ablauf umfasst, so Popp, folgende Schritte:
- Lärmkartierung, Analyse der Lärm- und Konfliktsituationen und der vorhandenen Planungen
- Erstellung von Maßnahmenkonzepten unter Mitwirkung der Öffentlichkeit
- Aktionsplan: Analysen von Kosten und Wirkungen, Erstellung eines Maßnahmenkatalogs
- Umsetzung
- Dokumentation: Weitergabe und Veröffentlichung des Lärmaktionsplans
(vgl. “LAI-Hinweisezur Lärmaktionsplanung”, 09. März 2017, S. 9. PDF-Datei – mehr)
Die Bevölkerung muss dabei über Aktivitäten und Ergebnisse informiert und bei der Erstellung der Aktionspläne einbezogen werden.
Die Lärmkontor GmbH arbeitet hierbei zusammen mit dem Flensburger Amt für Stadtentwicklung und Klimaschutz.
Beteiligung der Öffentlichkeit im März: Internetseite und Workshop
Der Vortrag war der Einstieg in die Beteiligung der Öffentlichkeit an dem Prozess der Lärmaktionsplanung.
Der erste Schritt – Kartierung des Umgebungslärms – wurden bereits durchgeführt. Zugrunde liegen die Daten der Verkehrszählung 2015. Für die Lärmbestimmung werden sogenannte Mittelungspegel errechnet. Dabei werden Schallpegelspitzen, die besonders belastend sind, höher gewichtet als der Hintergrundlärm.
In einem zweiten Schritt wird dann die Öffentlichkeit über Aktivitäten und Ergebnisse informiert und soll bei der Erstellung der Aktionspläne mitwirken.
In Flensburg soll dazu zwischen dem 1. bis zum 31. März 2020 eine Internetseite freigeschaltet werden und ebenfalls noch im März ein Workshop für die Öffentlichkeit stattfinden. Sobald bekannt, wird der Termin hier veröffentlicht.
Umsetzung: In der Hand der Ratsversammlung
Die Umsetzung der Lärmaktionsplanung schließlich liegt in der Hand der Ratsversammlung. Denn Grenzwerte wurden weder von der Bundesregierung noch vom Land Schleswig-Holstein festgelegt. Die Schwelle fürs Eingreifen, so Popp, liege aus fachlicher Sicht bei 65 Dezibel am Tag und 55 Dezibel in der Nacht. Man wird sehen, wie die Fraktionen mit den Vorschlägen der Bürger*innen umgehen.
Wie kann man Verkehrslärm vermindern?
Um Lärmbelastung zu reduzieren, so Popp, gibt es nicht die eine Lösung, sondern es gilt, die Wirkung von verschiedenen Stellschrauben zu nutzen. Dafür gibt es eine Fülle von Maßnahmen, dazu gehören:
- Reduzierung und Bündelung der Verkehrsmengen
- Reduzierung des LKW-Anteils
- Reduzierung der Geschwindigkeit
- Verkehrsberuhigung und gleichmäßigerer Verkehrsfluss
- Förderung lärmarmer Verkehrsmittel (Umweltverbund)
- Sanierung der Straßenoberfläche und lärmarme Fahrbahnbeläge
- Abschirmung vom Lärm durch verschiedene Baumaßnahmen
- Leisere Fahrzeuge und Reifen
Eine gute Übersicht über die möglichen Maßnahmen bietet die Veröffentlichung “Mach’s leiser. Das Handbuch. Lärmminderung für Kommunen leichtgemacht. Maßnahmen und Bürgermitwirkung”, S. 14-17. (Herausgeber: Ökolöwe Umweltbund Leipzig e.V. Redaktion: UmweltBundesamt.) PDF-Datei: mehr
Weiterlesen:
- SWR: Diese 5 Dinge sollten Sie über Verkehrslärm wissen – mehr
- Umweltbundesamt: Lärmaktionsplanung
Umfassende Zusammenstellung mit vielen Dokumentationen – mehr