Offener Brief von Jan Friedrich Lüth an die Politik zum Wirtschaftshafen Flensburg

„Wo ist das Problem?“

Offener Brief an die Politik zum Wirtschaftshafen Flensburg mit Bezug auf den Artikel im Lokalteil der Flensburger Nachrichten vom 22.02.2019, „Entscheidung steht: Der Wirtschaftshafen zieht um“.

Seit dem Weigel-Gutachten von 1999 hat die Stadtverwaltung Flensburg den bestehenden Betrieben des Wirtschaftshafens eine langfristige Verlängerung ihrer Pachtverträge (mindestens 15 Jahre) verweigert. Insbesondere davon betroffen waren die beiden Betreiber der beiden Silos. Sie haben daraufhin ihre wirtschaftlichen Aktivitäten im Wirtschaftshafen eingestellt, da ihnen damit die erforderliche langfristige Planungssicherheit zur Entwicklung ihrer Unternehmen verwehrt wurde. Die Folge war, dass der Hafenumsatz deutlich zurückging. Die einst aktiv genutzten Flächen wurden zur „Industriebrache“. Eben diese von der Verwaltung selbst herbeigeführte Entwicklung führt sie jetzt als Beweis dafür an, dass der Hafen nicht wirtschaftlich zu betreiben sei. Na und? – Wo ist das Problem?

Ende 2008 hat sich die Stadt entschlossen, mit einem Masterplan für den Flensburger Hafen eine Entwicklungsstrategie bis zum Jahr 2030 zu entwickeln. Dabei sollten die Bürger von Anfang an die Möglichkeit erhalten, „sich mit Ideen und Anregungen, aber auch mit Kritik einzubringen. Die Ergebnisse sollten als Grundlage zur Erstellung des „Masterplanes Flensburger Hafen“ dienen. Auf der Grundlage der Ergebnisse in den „Bürger-Workshops“ hat der Rat am 16.11.2010 in 1. Lesung dazu folgende Beschlüsse gefasst: Zitat:

„Das Gebiet am Osthafen ….. soll im Vorgriff auf den Masterplan Hafen der Hafenwirtschaft und dem maritimen Gewerbe vorbehalten bleiben. Diese Zieldarstellung soll in den Masterplan Hafen übernommen werden.
2. Auch künftig sollen keine planungsrechtlichen Veränderungen vorgenommen werden, aus
denen sich Nutzungen (z. B. Wohnen) ergeben, die das Hafengewerbe in seiner Funktion, Erhaltung oder Erweiterung gefährden.
3. Eine angemessene, ggf. langfristige Verlängerung der Miet- und Pachtverträge für die Liegenschaften der Stadt Flensburg oder ihrer Tochterunternehmen ist unter Berücksichtigung der
Investitionsinteressen der Nutzer und in Abhängigkeit von entsprechenden Investitionszusagen
zu ermöglichen.“ Damit hat der Rat dem Bürgerwillen entsprochen.
Heute heißt es: „Die Entscheidung steht: Der Wirtschaftshafen zieht um“. Na und? – Wo ist das Problem?

Die Flensburger Verwaltung hat die Fehlentwicklung des Flensburger Wirtschaftshafen durch eigenes Liegenschaftsmanagement bewusst herbeigeführt. Nun war es endlich möglich, dem Wirtschafthafen Ost den Stempel eines „städtebaulichen Missstandes“ aufzudrücken. Statt die Ergebnisse der Workshopreihe des Masterplanes Flensburger Hafen entsprechend dem Ratsbeschluss umzusetzen, haben Rat und Verwaltung beschlossen, den Wirtschaftshafen platt zu machen und zu einem städtebaulichen Sanierungsfall zu erklären. Die stärkste Antriebsfeder für diese 180-Grad-Kehrtwende war dabei die Aussicht auf Städtebaufördermittel der öffentlichen Hand. Es ist nur ein Deal: Öffentliche Fördermittel gegen Arbeitsplätze, die wegfallen. Na und? – Wo ist das Problem?

Der Beschluss des Rates am 28.02.2019 gibt der Verwaltung ein scharfes Schwert an die Hand. Denn die Einstufung des Gebietes „Hafen Ost“ als städtebauliches Sanierungsgebiet gibt der Verwaltung das Recht, in Eigentumsrechte und bestehende Miet- und Pachtverträge der Anlieger einzugreifen. Das wird aber nicht entschädigungslos gehen. In den Planspielen der Verwaltung existiert die Betriebseinrichtung der HaGe überhaupt nicht mehr. Auch das Betriebsgelände von Jacob Cement ist bereits für eine andere Nutzung verplant. „Man sei mit den Eigentümern im Gespräch“, heißt es dazu lapidar. Es ist derzeit völlig offen, ob und wann es mit diesen Eigentümern zu einer Einigung kommen wird. Und wenn es zu einer Einigung kommen sollte, dann wird diese für die Stadt nicht ohne Ausgleichszahlungen zu haben sein. Entsprechende Entschädigungszahlungen sind aber in der Kostenschätzung des Sanierungsvorhabens gar nicht enthalten. Damit ist weder von der Sache her, noch von der Finanzierbarkeit des Vorhabens her gesichert, dass die Sanierungsziele innerhalb der nächsten 15 Jahre erreichbar sind. Mit diesem Kriterium steht oder fällt die Rechtmäßigkeit der Sanierungssatzung. Heute von einem Jahrhundert-Projekt zu sprechen, ist deshalb völlig verfehlt. Lassen wir mal eine Null weg. In zehn Jahren stehen wir nach Normenkontrollklagen und anderen Gerichtsverfahren wieder bei Null. Der Wirtschaftshafen ist endgültig kaputt und das Bürgervertrauen verspielt. Na und? – Wo ist das Problem?

Flensburg, 26.02.2019

Jan Friedrich Lüth

Über akopol

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Veröffentlicht am 28. Februar 2019, in Bürgerbeteiligung, Daten und Zahlen, Flensburg News, Haushalt, Ostufer und Hafen, Rat & Ausschüsse, Soziales, Stadtplanung, Stadtwerke, Stadtwerke Flensburg, Wirtschaft. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 8 Kommentare.

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