4.081 Menschen ohne Beschäftigung, 272 weniger als im Vormonat – Arbeitslosenquote durch verdeckte Arbeitslosigkeit aber in Flensburg deutlich höher
Zahl der Flensburger SGB II-Regelleistungsberechtigten („Hartz IV“) sinkt im September um 128 auf 11.430 Personen
Arbeitsmarkt:
Im Stadtgebiet Flensburg sank die Zahl der Arbeitslosen nach Angaben der Agentur für Arbeit Flensburg im Berichtsmonat September 2018 im Vergleich zum Vormonat um 272 (-6,2 Prozent) auf 4.081 Personen.
Im Vorjahresvergleich sank die Zahl der Arbeitslosen um 328 (-7,4 Prozent).
Die offizielle Arbeitslosenquote für den September 2018 lag damit bei 7,8 Prozent (Vormonat 8,3 Prozent, September 2017: 8,7 Prozent)
Entwicklung des Arbeitsmarktes im Agenturbezirk Flensburg

Quelle: Bundesagentur für Arbeit / Agentur für Arbeit Flensburg
Arbeitslosigkeit in Flensburg nach Rechtskreisen:
• SGB III: 1.171 (-89) Personen = 2,2 Prozent, Vormonat 2,4 Prozent, Vorjahresmonat 2,5 Prozent
• SGB II: 2.909 (-183) Personen = 5,6 Prozent, Vormonat 5,9 Prozent, Vorjahresmonat 6,2 Prozent
Arbeitskräftenachfrage:
19 offene Stellen mehr als im Vormonat – 16 weniger als im September 2017

Freie Arbeitsstellen in Flensburg / Quelle: Agentur für Arbeit Flbg.
Im September 2018 waren 848 freie Stellen gemeldet. Die Nachfrage nach Personal in der Stadt Flensburg lag damit im September leicht unter dem Niveau des Vorjahresmonats (-16), stieg aber gegenüber dem Vormonat August (+19). Seit Jahresbeginn wurden dem gemeinsamen Arbeitgeberservice der Arbeitsagenturen Flensburg und des Jobcenters Flensburg insgesamt 2.054 sozialversicherungspflichtige Stellen angezeigt.
Besonders hoch ist die Nachfrage nach Arbeitskräften bei den sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen, im Handel und im Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Gastgewerbe.
Unterbeschäftigung: Tatsächliche Arbeitslosenquote in Flensburg aufgrund der verdeckten Arbeitslosigkeit bei rund 12 Prozent
Die genannten Arbeitslosenzahlen der Flensburger Arbeitsagentur beeinhalten jedoch nicht die Menschen, die sich in der verdeckten Arbeitslosigkeit oder sog. „Unterbeschäftigung“ befinden. In der Unterbeschäftigung werden zusätzlich zu den registrierten Arbeitslosen auch die Personen abgebildet, die nicht als arbeitslos gelten, weil sie Teilnehmer an einer Maßnahme der Arbeitsmarktpolitik oder in einem arbeitsmarktbedingten Sonderstatus sind. Diese Personen werden zur Unterbeschäftigung gerechnet, weil sie für Menschen stehen, denen ein reguläres Beschäftigungsverhältnis fehlt.
Es wird unterstellt, dass ohne den Einsatz dieser Maßnahmen bzw. ohne die Zuweisung zu einem Sonderstatus die Arbeitslosigkeit entsprechend höher ausfallen würde. Mit dem Konzept der Unterbeschäftigung werden Defizite an regulärer Beschäftigung umfassender erfasst und realwirtschaftlich bedingte Einflüsse auf den Arbeitsmarkt besser erkannt. Zudem können die direkten Auswirkungen der Arbeitsmarktpolitik auf die Arbeitslosenzahlen nachvollzogen werden. Leider gibt es nur Zahlen zur Unterbeschäftigung für den gesamten Agenturbezirk. Insofern muss für das Flensburger Stadtgebiet von diesen Zahlen ausgehend die tatsächliche Arbeitslosenquote entsprechend hochgerechnet bzw. geschätzt werden.
Komponenten der Unterbeschäftigung: Zahlen für den gesamten Agenturbezirk Flensburg
Für den gesamten Agenturbezirk Flensburg, also mit den Geschäftsstellenbezirken Flensburg, Husum, Kappeln, Niebüll, Schleswig, Westerland und Tönning, ergibt sich im September 2018 eine Zahl von 13.670 Arbeitslosen (Vormonat 14.427), zuzüglich der Unterbeschäftigung sind es jedoch 18.249 (Vormonat 18.732). Das sind noch einmal zusätzlich 4.579 Arbeitslose.
Nicht inbegriffen bei der Berechnung der offiziellen Arbeitslosenzahlen und -quote sind aber auch die Arbeitslosen, die aufgrund von Alter, Krankheit oder sonstigen Gründen als nicht mehr vermittelbar gelten und/oder vorzeitig zwangsverrentet wurden und/oder in den SGB-XII-Leistungsbereich fallen.
Arbeitsuchende:
Nicht enthalten sind ebenso die erwerbsfähigen Arbeitslosen, die nicht im Leistungsbezug des ALG I oder II stehen, keinen Rechtsanspruch darauf haben oder auf Inanspruchnahme derartiger Leistungen verzichten und sich dennoch als arbeitsuchend gemeldet haben. Zur Gruppe der Arbeitsuchenden gehören neben den offiziell registrierten Arbeitslosen auch 1-Euro-Jobber sowie Teilnehmer staatlich finanzierter Weiterbildungs- oder Trainingsmaßnahmen. Arbeitsuchende sind gemäß § 15 Satz 2 SGB III Personen, die nach einer Beschäftigung als Arbeitnehmer suchen.
Es ist zu beachten, dass die Zahl der Arbeitsuchenden neben den Arbeitslosen auch Erwerbstätige beeinhaltet, die in einem regulären Beschäftigungsverhältnis stehen oder eine selbständige Tätigkeit ausüben können. Es gehören dazu auch versicherungspflichtig beschäftigte Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, und die sich nach § 38 SGB III spätestens 3 Monate vor der Beendigung bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden müssen. Erfahren sie erst später von der Beendigung, müssen sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes arbeitssuchend melden. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen hat die Arbeitsuchendmeldung mindestens drei Monate vor Fristablauf zu erfolgen. Leider wird in der untenstehenden Aufstellung der Arbeitsagentur nicht genau dargestellt, wie viele von den Arbeitsuchenden in einem regulären Beschäftigungsverhältnis stehen und wie viele nicht. Allgemeine Schätzungen zur Zahl der Nichtleistungsempfänger bei den erwerbslosen Arbeitsuchenden bzw. ihrem Anteil: „Arbeitslosigkeit ohne Arbeitslosengeld – Jede vierte arbeitslose Person im Versicherungssystem ist betroffen“ finden sich hier: arbeitsmarkt-aktuell-04-2014-1
Sie alle gelten nicht als arbeitslos im eigentlichen Sinne und werden somit bei der Berechnung der Arbeitslosenquote nicht berücksichtigt.
Dazu die Zahl der Arbeitsuchenden im Geschäftsstellenbereich Flensburg, der die Stadt Flensburg und Randgemeinden umfasst:
Eckwerte des Arbeitsmarktes für den Geschäftsstellenbereich Flensburg – Arbeitsuchende
Die Zahl der Arbeitsuchenden im Geschäftstellenbereich Flensburg sinkt im September leicht um 219 (-1,9%) auf 11.112 Personen.
Das sind zur Zahl der gemeldeten Arbeitslosen von 6.059 im Geschäftsstellenbereich Flensburg noch mal 5.053 Personen zusätzlich (siehe Arbeitsmarktreport der Agentur für Arbeit Flensburg, September 2018, S. 18).
Damit dürfte auch die eigentliche Zahl der „Arbeitslosen“ in Flensburg im September 2018 nicht 4.081 betragen haben, sondern lag hochgerechnet bei mehr als 6.000 Personen und die tatsächliche Arbeitslosenquote weiterhin bei rund 12 Prozent.
Nur geringer Rückgang der Zahl der Arbeitsuchenden im Agenturbezirk
Für den gesamten Agenturbezirk Flensburg, also mit den Geschäftsstellenbezirken Flensburg, Husum, Kappeln, Niebüll, Schleswig, Westerland und Tönning, lag im September 2018 die Zahl der Arbeitsuchenden inklusive der statistisch registrierten Arbeitslosen bei 24.566 Personen und damit um 293 (-1,2%) unter der vom August 2018 mit 24.859 Personen (siehe Arbeitsmarktreport der Agentur für Arbeit Flensburg, September 2018 S. 5). Dies sind im Vergleich zu den für den Agenturbezirk offiziell gemeldeten Arbeitslosenzahl von 13.670 aber immer noch 10.896 Personen zusätzlich. Darunter fallen ebenfalls wieder die Arbeitslosen, deren Arbeitslosengeld I ausgelaufen ist, die keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II nach dem SGB II haben oder die auf Inanspruchnahme derartiger Leistungen verzichten. Sie gelten daher ebenso nicht als arbeitslos im eigentlichen Sinne und tauchen in der Arbeitslosenstatistik nicht auf.
Und die von der Agentur für den September 2018 offiziell gemeldete Arbeitslosenquote liegt im gesamten Agenturbezirk Flensburg bei 5,4 Prozent. (Vorjahr 6,3 Prozent, Vormonat 5,7 Prozent). Diese Quote dürfte aber angesichts der vorangegangenen Erläuterungen ebenso erheblich höher liegen
Eckwerte des Arbeitsmarktes für den Agenturbezirk Flensburg – Arbeitsuchende
Die September-Zahlen des Jobcenter Flensburg
Die Zahl der SGB II-Bedarfsgemeinschaften sinkt um 79
Die Zahl der Regelleistungsberechtigten (Hartz IV) sinkt um 128
Das Jobcenter Flensburg betreute im September 2018 2.909 arbeitslose Flensburger (Empfänger von Arbeitslosengeld II); das sind 183 Personen weniger als im Vormonat (- 5,9%) bzw. 244 Personen (-7,7%) weniger als im Vorjahresmonat und der geringste Wert seit Bestehen des Jobcenters (2005).
Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften fiel im September im Vergleich zum Vormonat um 79 auf 6.562 (- 1,2%) und im Vergleich zum Vorjahresmonat um 95 (-1,4%).
Die Zahl der Regelleistungsberechtigten fiel im Vergleich zum Vormonat um 128 auf 11.430 (-1,1%), im Vergleich zum Vorjahresmonat fielen sie um 57 (-0,5%).

Quelle: Jobcenter Flensburg
Zum politischen Streit um die Schönung der Arbeitslosenzahlen in Schleswig-Holstein auch ein Beitrag von Till H. Lorenz vom 3.10.2016 auf shz.de:
Arbeitsagentur in SH : So viele Menschen sind in Schleswig-Holstein wirklich arbeitslos
Tausende Erwerbslose werden aus der Statistik der Arbeitsagentur herausgerechnet – weil die Politik es so möchte.
unter: http://www.shz.de/deutschland-welt/wirtschaft/so-viele-menschen-sind-in-schleswig-holstein-wirklich-arbeitslos-id14995576.html
Zum Thema verdeckte Arbeitslosigkeit und „Stille Reserve“ ein Beitrag auf Spiegel-Online vom 01.03.2017: Statistiktricks – So wird die Arbeitslosigkeit schöngerechnet
Zeichnet die offizielle Statistik ein geschöntes Bild vom Arbeitsmarkt? Tatsächlich gelten viele nicht als arbeitslos, obwohl sie Arbeit suchen. Verschwiegen werden sie nicht – aber man muss nach ihnen suchen. Unter: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/arbeitslosenstatistik-so-hoch-ist-die-verdeckte-arbeitslosigkeit-a-1133354.html
Ein Beitrag des ZDF vom 2.11.2017: Eine Million Arbeitslose mehr – Wie die Arbeitslosenzahl schöngerechnet wird
Der Arbeitsmarkt entwickelt sich freundlich. Seit Jahren sinkt die Zahl der Arbeitslosen. Doch viele Arbeitslose werden gar nicht mitgezählt. Unter https://www.zdf.de/nachrichten/heute/arbeitslose-wer-in-der-statistik-nicht-beruecksichtigt-wird-100.html
Und zum gleichen Thema ein Beitrag von correktiv.org vom 31. Mai 2017:
Warum eine Million Arbeitslose in der offiziellen Statistik nicht sichtbar sind
Die am Dienstag vorgestellte Arbeitslosenzahl ist um mindestens eine Million zu niedrig. Die geschönte Zahl kommt durch mehrere Gesetzesänderungen zu Stande. Sogar die Bundesagentur für Arbeit spricht sich für eine neue Berechnungsgrundlage aus, damit die offizielle Arbeitslosenzahl mehr der Wirklichkeit entspricht
https://correctiv.org/recherchen/arbeit/artikel/2017/05/31/zeit-fuer-die-echte-arbeitslosenzahl/
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