SGB II-Leistungsempfänger hat Anspruch auf Kostenerstattung der Brillenreparatur

Bundessozialgericht: Brillenreparatur gilt als Sonderbedarf

In einem auch für Flensburger Leistungsempfänger wichtigen Urteil hat das Bundessozialgericht in Kassel vor kurzem zugunsten eines SGB II („Hartz IV“)-Leistungsempfängers entschieden, dass die Kostenerstattung einer Brillenreparatur als Sonderbedarf gilt und nicht vom Regelbedarf im Rahmen der Grundsicherung abgedeckt wird. Somit müssen die Kosten für diesen Sonderbedarf vom Jobcenter extra übernommen werden.

Dazu aus dem „Terminbericht des BSG Nr. 49/17 zur Grundsicherung für Arbeitsuchende“ unter: https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA171005555&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

B 14 AS 4/17 R
SG Oldenburg – S 39 AS 1439/14
LSG Celle-Bremen – L 13 AS 92/15

Umstritten ist die Übernahme der Kosten für eine Brillenreparatur.
Der 1960 geborene Kläger stand im laufenden Bezug von Alg II. Am 03.06.2014 beantragte er beim beklagten Jobcenter die Übernahme der Kosten für die Einarbeitung eines Brillenglases unter Vorlage der Rechnung (Einarbeiten: 10 Euro, 1 Glas links: 65,50 Euro, Entspiegelung: 44 Euro, abzüglich 9,50 Euro, Gesamtpreis: 110 Euro). Der Antrag wurde abgelehnt, weil eine solche Reparatur durch den Regelbedarf abgedeckt sei und keinen unabweisbaren Bedarf darstelle.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht hat die Berufung zugelassen und den Beklagten verurteilt, dem Kläger die Kosten i.H.v. 66 Euro nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr 3, Satz 2 SGB II zu erstatten, weil die Brille ein therapeutisches Gerät sei. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen, weil medizinische Gründe für die Entspiegelung nicht ersichtlich seien. Mit der nur vom Beklagten eingelegten Revision rügt dieser eine Verletzung von § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II. Eine Brille sei kein therapeutisches Gerät im Sinne dieser Vorschrift.

Das BSG hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen.

Nach Auffassung des BSG hat der Kläger nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 2, Satz 2 SGB II einen Anspruch auf Übernahme der Kosten der Reparatur seiner Brille, wie das Landessozialgericht zu Recht erkannt hat. Der Sonderbedarf nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II ist eingeführt worden, um Bedarfe abzudecken, die nicht in die Ermittlung des Regelbedarfs eingeflossen sind (vgl BT-Drs. 17/3404, S. 102 f). Nicht in die Ermittlung des Regelbedarfs im Rahmen des RBEG 2011 eingeflossen sind die im Rahmen der zugrunde liegenden Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008 unter dem Code 0613090 erfassten „Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen“ (BT-Drs. 17/3404, S. 58, 140). Nach den Ausfüllhinweisen des Statistischen Bundesamts zur EVS 2008 fielen unter die Wendung „therapeutische Geräte und Ausrüstungen“ auch Brillen. Demgemäß wurde die Reparatur von Brillen im Rahmen der EVS 2008 in eine Rubrik eingetragen, die nicht in die Regelbedarfsermittlung eingeflossen ist und deren Bedarfe durch den Sonderbedarf nach § 24 Abs. 3 SGB II abgedeckt werden sollen.

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Veröffentlicht am 6. November 2017 in Bürgerbeteiligung, Daten und Zahlen, Flensburg News, Hartz IV und Bürgergeld, Soziales und mit , , , , , , , , , , , , , , , getaggt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 2 Kommentare.

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