Krankenhausneubau in Flensburg – Gesundheitsexperten und Politiker drücken auf´s Tempo

Krankenausneubau als ÖPP-Projekt?

Die Debatte um den Bau eines neuen Krankenhauses in Flensburg hat mächtig Fahrt aufgenommen. Dokumentiert wurde das vor allem durch eine außerordentlich gut besuchte, öffentliche Diskussionsveranstaltung mit dem Titel „Krankenhaus-Dialog“ am 9. Mai in der Bürgerhalle des Flensburger Rathauses. Unter Leitung von Carsten Kock diskutierten Flensburgs Oberbürgermeisterin Simone Lange, die Vorstandsmitglieder des Diako- und des Franziskus-Krankenhauses, Martin Wilde und Klaus Deitmaring sowie Susanne Seemann, als Vertreterin des Gesundheitsministeriums in Kiel, aber auch ehemalige leitende Mitarbeiter des Diako-Krankenhauses und Kommunalpolitiker  über die aktuelle Situation der beiden Krankenhäuser. Besonders die weitere Entwicklung der Krankenhäuser, die vor allem durch die beengte Situation an den  innerstädtischen Standorten eingeschränkt wird, war Thema der umfänglichen und ebenso stark interessengeleiteten Debatte. Dabei unterstützten fast alle RednerInnen die Idee des Neubaus eines Zentral-Klinkums auf der „grünen Wiese“. Siehe hierzu auch den Beitrag des shz vom 10.5.: Diako und Franziskus Flensburg : „Schnell ein Grundstück finden“ unter: https://www.shz.de/lokales/flensburger-tageblatt/schnell-ein-grundstueck-finden-id16781781.html

Weniger klar war den Diskutanten, mit welchen Kosten und Anforderungen der Neubau eines Großklinikums in Flensburg verbunden wäre. Dazu auch  der Beitrag des shz vom 11.5.: Diako und Franziskus Flensburg : „Ein Klinikneubau kostet 220 bis 230 Millionen Euro“ unter: https://www.shz.de/lokales/flensburger-tageblatt/ein-klinikneubau-kostet-220-bis-230-millionen-euro-id16788251.html

Mittlerweile haben auch die politischen Parteien und Gremien reagiert, gab es auf der letzten Ratsversammlung am Donnerstag mehrere Beschlüsse hinsichtlich der Prüfung und Machbarkeit eines Krankenhausneubaus sowie der Suche nach dafür in Frage kommenden Grundstücken. Dazu auch der Beitrag des shz vom 12.5.2017: Diako und Franziskus Flensburg : Bis November soll der Standort stehen unter: https://www.shz.de/lokales/flensburger-tageblatt/bis-november-soll-der-standort-stehen-id16801706.html

Somit wird der mögliche Krankenhausneubau auch in den nächsten Monaten die kommunalpolitische Debatte und Agenda bestimmen. Dass man die Probleme, die damit verbunden sind, auf keinen Fall aus den Augen verlieren sollte, damit beschäftigt sich der

Kommentar von Jörg Pepmeyer

Krankenhausneubau in Flensburg: Warten auf den Weihnachtsmann

Es ist schon erstaunlich, wie in Flensburg immer mal wieder versucht wird, sich in Großstadt zu üben. Nun steht der Bau eines neuen und modernen Krankenhauses als Ersatz für das Diako- und des Franziskus-Krankenhauses auf der Agenda. Dabei geraten die Proportionen gelegentlich aus dem Blickfeld, wollen sich einige Kommunalpolitiker mit solch einem Projekt offensichtlich auch ein Denkmal für die Ewigkeit setzen.

Natürlich ist die Situation der beiden Krankenhäuser an ihren innerstädtischen Standorten nicht befriedigend. Nur was steht einem Krankenhausneubau außerhalb der Stadt, auf der “grünen Wiese” entgegen? Ein neues Krankenhaus in Flensburg würde voraussichtlich mit bisher geschätzten 220-230 Millionen Euro Kosten und einer möglichen Förderungsrückzahlung und Abschreibungen beider Krankenhäuser von mindestens 82 Millionen zu Buche schlagen. Und noch fehlt ein entsprechendes Grundstück. Wer bezahlt das alles? Selbst wenn DIAKO und MALTESER das Geld zusammenbekommen, wo bitte wollen sie bauen? Flensburg verfügt über derartig wenig baureife Flächen, die zudem dem Wohnungsbau vorbehalten bleiben sollen, dass man sich unwillkürlich fragt, wie soll das gehen? Es verwundert ebenso, dass nun wieder der Flughafen Schäferhaus und das umgebende Gelände in´s Gespräch gebracht werden. Vor Jahren hatte man hinsichtlich der Prüfung möglicher Flächen für den Wohnungsbau im Planungsausschuss auch dieses Areal mitsamt Flughafen im Blick. Nur hieß es damals, dass das aus Gründen des Naturschutzes und baurechtlicher Vorgaben nicht gehen würde.

Zudem wäre auch ein Krankenhausneubau mit einem umfänglichen Planungsverfahren behaftet. Wenn dort BürgerInnen planungsrechtliche Einwände erheben, kann sich der Neubau immens verzögern. Gleichzeitig ist die Vorlaufzeit für solche Projekte im Schnitt 4-5 Jahre, gelegentlich kann es auch länger dauern. Bis zur Fertigstellung des neuen Krankenhauses könnten so gut und gerne 8-10 Jahre in´s Land gehen. An der Situation der beiden Flensburger Krankenhäuser würde sich somit unmittelbar nichts ändern. Aber bis das neue Klinikum steht, müssen Lösungen für den Weiterbetrieb und die Funktionsfähigkeit der beiden alten Krankenhäuser gefunden werden.
Um hier nicht missverstanden zu werden, natürlich wäre der Bau eines neuen Krankenhauses angesichts der derzeitigen Situation sinnvoll. Wenn er bezahlbar ist, und wenn die notwendigen Flächen nicht auf Kosten des Wohnungsbaus in Flensburg gehen. Allerdings stellt sich die Frage, warum die Kranken zukünftig an den Stadtrand verlagert werden sollen.

Und im Übrigen ist die mögliche Entscheidung für einen Neubau keine für eine wirklich bessere Gesundheitsversorgung, sondern in allererster Linie eine, um die ökonomische Effizienz zu erhöhen. Da stehen die Menschen erst mal hinten an. Und anzunehmen ist, dass das neue Krankenhaus eine völlig andere Betreiberstruktur bekommt, mit dem Einstieg privater Investoren, z. B. im Rahmen eines ÖPP-Projektes. Denn bei einem derartig hohem Investitionsvolumen werden das die jetzigen Träger und Betreiber finanziell nicht alleine schaffen. Nur dann erwarten die privaten Investoren eine ordentliche Rendite, die der Krankenhausbetrieb entsprechnd erwirtschaften muss. Somit bleibt die Sorge, dass wir es zukünftig mit einem, an der städtischen Peripherie gelegenen,  durch und durch rationalisierten Großklinikum zu tun haben werden. Sozusagen als Teil der profitorientierten Gesundheitsindustrie. Ob das dann eine wirkliche Verbesserung für die Flensburger Bevölkerung, Patienten und Beschäftigten der Krankenhäuser wäre, bleibt zu bezweifeln.

Abschließend bleibt festzustellen: Vielen Beteiligten ist offenbar nicht klar, auf was sie sich da möglicherweise einlassen. Es hat ein ähnliches und nicht nur finanziell und planungsrechtlich komplexes Projekt mit einem derartigen Bau- und Investitionsvolumen noch nie in Flensburg gegeben. Trotz der Begeisterung wäre ein nüchterner Blick hilfreich, um die möglichen Probleme besser einschätzen zu können. Auch wenn viele Argumente für einen Neubau sprechen, darf das nicht dazu führen, dass  der angedachte Klinik-Neubau möglicherweise zu einem gesundheitspolitischen, planerischen und finanziellen Fiasko wird.

Und offensichtlich haben viele schon vergessen, dass die DIAKO eine entsprechende Ideenskizze bereits 2014 vorgestellt hat. Und es wäre erheblich preiswerter. Warum diesen Faden nicht wieder aufnehmen? Dazu der Beitrag aus dem Flensburger Tageblatt vom 4.1.2014:
Ideenskizze für Krankenhaus : Flensburger Diako plant Abriss und Neubau unter:
https://www.svz.de/lokales/flensburger-tageblatt/flensburger-diako-plant-abriss-und-neubau-id5336681.html

Dabei ist das Konzept der DIAKO mehr oder weniger Leitschnur auch der jetzigen Baumaßnahmen und Ausbaupläne. Und dafür gab es auch den Förderbescheid Ende April. Siehe dazu auch den Beitrag des shz vom 22. April 2017:
Förderbescheid für Diako flensburg : Albig: „Es ist der beste Weg“
Ministerpräsident bringt Förderbescheid und lobt die Entscheidung der Krankenhausträger, sich auf bestehendem Grund zu erneuern unter:
https://www.shz.de/lokales/flensburger-tageblatt/albig-es-ist-der-beste-weg-id16641466.html

Zum möglichen Krankenhausneubau auch der Beitrag in der Flensborg Avis vom 12.5.2017: Flensborg drømmer om supersygehus
I Flensborg er diskussionen om et nyt supersygehuse i udkanten af Flensborg bluset op igen. Et enigt byråd vil nu undersøge, hvor sygehuset kan placeres. unter:
http://www.fla.de/wp/dailys/flensborg-droemmer-om-supersygehus/

Zur Suche nach einem geeignten Grundstück auch der shz-Beitrag vom 26.5.2017:  Krankenhaus Planung Flensburg : Klinik-Grundstück – Die Suche beginnt unter:  https://www.shz.de/lokales/flensburger-tageblatt/klinik-grundstueck-die-suche-beginnt-id16905206.html

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Netzwerk für mehr Öffentlichkeit, Transparenz und Demokratie in Flensburg

Veröffentlicht am 12. Mai 2017 in Bürgerbeteiligung, Daten und Zahlen, Flensburg News, Rat & Ausschüsse, Soziales, Stadtplanung, Wirtschaft und mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , getaggt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 6 Kommentare.

  1. Rolf Schlicht

    Hallo Jörg Pepmeyer, Ihr Beitrag ist grundsolide geschrieben. Eine nachvollziehbar chronologische Zusammenfassung auf dem Weg zum Zentralklinikum der Flensburger Krankenhäuser Diako und Malteser. Im Nachhinein (?) lässt sich immer gut reden und debattieren. Ich glaube, dass die Mehrzahl der Bürger sich aus Erfahrung oft an die weise Redewendung von Goethe „..allein mir fehlt der Glaube..“ erinnert hat?!
    Gemischte Gefühle immerfort ..
    Leider wiederholen sich diese und andere Planungsfehler bei öffentlichen Bauvorhaben stets und ständig – überall. Spontan fällt mir dazu ein, dass die jeweiligen Denkprozesse
    zumeist zu sehr auf den politischen Entscheidungsträger konzentriert sind. Die Außenwirkung und der Erfolgsdruck werden dann ab sofort „unkontrolliert“ in der öffentliche Meinungsvielfalt breit getreten – und geschürt. Und dann beginnt das Rennen
    um die Gunst der Wähler und das persönliche Image. Und es schleichen sich vermutlich auf dem weiteren Weg viele, viele Ungenauigkeiten ein, die zuhauf aus Ungereimtheiten bestehen und die Qualität des Vorhabens irgendwann in Frage stellen.
    Letztendlich sollte über die Zusammensetzung des Planungsstabes (des inneren und äußeren Zirkels) nachgedacht werden, damit ein kurzer
    Dienstweg mit kurzen Informationswegen gepflegt wird.

    MfG
    Rolf Schlicht

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  2. Hallo,
    die aktuellen Tendenzen des zukünftigen KH-Standorts Peelwatt würde von der Presse (shz) nicht kritisch hinterfragt.
    Wie sieht es z. B. mit der Kleingarten-Kolonie aus? Wird die Fläche benötigt? Muss wieder eine Kolonie weichen? Falls nicht, wird der Erholungsfaktor im Garten durch Sirenenlärm sowieso unmöglich…
    Jörg Pepmeyer, wie ist ihre Einschätzung/ihr Wissensstand dazu?
    Gruß
    GF

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    • Hallo,

      leider haben Sie ja nicht mit Klarnamen geschrieben, sondern nur mit GF. Höflicher wäre es natürlich, wenn ich wüsste, wem ich jetzt diese Antwort schreibe. Aber kommen wir zu Ihrer Frage. Natürlich ist der angedachte Standort Peelwatt für das neue Krankenhaus extrem unglücklich gewählt. Zumal wir zu meiner Zeit als Ratsherr, das auch schon für Wohnbebauung in´s Auge gefasst hatten. Und zu den Kleingärten gab es ja auch heute einen Bericht im Flensburger Tageblatt, insbesondere zur Mummschen Koppel aber auch generell zum Problem, dass Kleingärten einer zukünftigen Wohnbebauung weichen sollen. Das Konzept, was dahinter steckt ist klar, hier sollen vorrangig die ökonomischen Interessen der privaten Grundstückseigentümer und der Bau- und Immobilienwirtschaft in Flensburg befriedigt werden. Dabei bleibt allerdings der Bau von preiswerten Wohnungen für die Bevölkerungsgruppe, die nur über unterdurchschnittliche Einkommen verfügt, auf der Strecke. Als ungenierter Sachwalter dieser Interessen fungiert offensichtlich auch Herr Dr. Schroeders von der städtischen Planungsabteilung. Und Herr Schroeders interpretiert in diesem Zusammenhang die Realität der Kleingartenauslastung und –belegung da auf seine sehr eigene Weise. Ich halte ebenso den Bau eines neuen Krankenhauses auf der grünen Wiese bzw. am Peelwatt für Unsinn. Es gibt ein Konzept der DIAKO zum weiteren Ausbau der Krankenhäuser auf den alten Standorten, siehe auch die Links zu entsprechenden Artikeln des Flensburger Tageblatts in meinem AKOPOL-Beitrag. Das sollte weiterhin umgesetzt werden, zumal es dafür auch schon fast 83 Mio. Euro Fördermittel vom Land gab bzw. gibt. Flächen, wie Peelwatt sollten weiterhin für Kleingärten und den Wohnungsbau vorbehalten werden. Und auch hinsichtlich des zukünftigen Wachstums der Stadt habe ich meine Zweifel. Derzeit befinden wir uns noch in einer Niedrigzinsphase, sollte die aber in absehbarer Zukunft enden, wird zumindest der Eigenheimbau erheblich zurückgehen und mit ihm die Nachfrage nach dafür geeigneten Baugrundstücken. Vorrang sollte insofern der Bau von Mehrgeschosswohnungen haben, der Ausbau der Krankenhäuser an den bisherigen Standorten und eine faire Lösung für die Kleingärtner.

      Mit freundlichen Grüßen
      Jörg Pepmeyer

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