Stadtsanierung in Flensburg: Leserbrief zum Abriss von Wohnungen auf Duburg
Am 15. April 2016 erschien im Flensburger Tageblatt zum Abriss von Wohnungen in der Burgstraße ein Beitrag von Holger Ohlsen Drohender Abriss im Stadtteil Duburg : Flensburg: Stadtsanierung macht Wohnraum platt unter: http://www.shz.de/lokales/flensburger-tageblatt/flensburg-stadtsanierung-macht-wohnraum-platt-id13266896.html
Dazu ein bemerkenswerter Leserbrief von Hans-Peter Thun und Talesia Thun, Anwohner der Bergstraße auf Duburg, den wir untenstehend dokumentieren:
Frustriert und resigniert
Zu „Stadtsanierung macht Wohnraum platt“ vom 15. April
Wir müssen leider Herrn Pepmeyer Recht geben. Die Angst geht hier auf Duburg seit einiger Zeit um.
1. Ein Nachbar und ich waren im letzten Jahr auf einer Infoveranstaltung betreffs dieses Themas. Wir sprachen dazu die Ängste der Menschen hier an. Unsere Fragen wurden nur unzureichend beantwortet und zuletzt wurden wir gebeten, nicht weiter zu fragen, es würde den zeitlichen Rahmen sprengen und sie würden jetzt gerne die Pläne und Projekte vorstellen. Wir fühlten uns missverstanden und nicht ernst genommen. So etwas trägt nicht dazu bei, die Menschen zu beruhigen.
2. Zur Situation der Hinterhäuser: Die meisten Mieter leben bewusst im Hinterhaus. Hier hat man seine Ruhe, Autolärm hört man fast gar nicht und auch andere Geräuschkulissen nur in abgeschwächter Lautstärke. Auch von Vertretern und ähnlichen wird man seltener belästigt. Dass diese Häuser angeblich zu wenig „belichtet und belüftet“ sind, stört nur die Stadt, aber nicht die Mieter. Was heißt es denn außerdem, dass diese kleinen Wohnungen nicht mehr zeitgemäß sind? Die Stadt sollte sich darüber im Klaren sein, dass wir uns keine „zeitgemäßen“ Wohnungen leisten können, mal davon abgesehen, dass wir gerne hier leben.
3. Zum Thema Hinterhöfe, Schuppen, etc: Bei einigen Anlagen sollen mehrere kleine Höfe zu einem großen Hof vereinigt werden. Auch das ist ein großes Schreckgespenst. Ich habe schon mit vielen Mietern hier im Viertel gesprochen. Alle sind entsetzt und finden diesen Plan ganz fürchterlich, dass ihre kleinen „Oasen“ zerstört werden sollen. Unser Hof ist zum Glück nicht davon betroffen. Bei uns gibt es aber den Plan, dass unser Schuppen abgerissen werden soll. Das Dach müsste erneuert werden. Es soll aber ganz weg, ohne Ersatz. Wir brauchen den Schuppen jedoch für unsere Mülltonnen, Fahrräder, Gartengeräte, etc. Unsere Vermieterin hat sich bei der Stadt nach dem Grund dafür erkundigt. Die Antwort war, dass von oben aus der Luft eine offene Fläche zusehen sein sollte. Eine blödsinnigere Begründung habe ich noch nicht gehört und ich frage mich, ob der Anblick von Mülltonnen, Fahrrädern, etc. wirklich schöner ist. Außerdem ist für uns Mieter ein weiterer Nachteil damit verbunden. Im Sommer sitzen wir Nachbarn gerne mal auf eine Tasse Kaffee zusammen und auch zum Wäschetrocknen nutzen wir den Hof. Bei offenstehenden, stinkenden Mülltonnen können wir das vergessen.
4. Nicht nur ich möchte von der Stadt wissen, was aus uns werden soll. Es wird doch früher oder später so kommen, dass für uns kleinen Leute hier kein Platz mehr ist, egal was uns von offizieller Seite beteuert wird. Viele hier im Viertel sind frustriert und haben resigniert, weil sie das Gefühl haben, dass es der Stadt nur darum geht, ihre hochtrabenden Pläne umzusetzen und es keinen interessiert, was die Menschen, die hier leben, wirklich wollen und brauchen. Spätestens dann, wenn einzelne Wohnungen oder Häuser saniert werden, gehen doch die Mieten hoch, sodass es für uns unmöglich ist, hier zu bleiben. Dieser Stadtteil wird auf unsere Kosten kaputt saniert. Dass dabei auch bestehende, funktionierende Nachbarschaften zerstört werden, kommt noch dazu.
Hans-Peter Thun,
Talesia Thun,
Bergstraße, Flensburg
Zum Abriss der Wohungen auf Duburg auch ein AKOPOL-Beitrag vom 16.4.2016 Zerstörung von Wohnraum im Flensburger Stadtteil Duburg – Sanierung ausschließlich für Spekulanten und Investoren? unter: https://akopol.wordpress.com/2016/04/16/zerstoerung-von-wohnraum-im-flensburger-stadtteil-duburg-sanierung-ausschliesslich-fuer-spekulanten-und-investoren/
Mehr zum Thema Wohnungsbau und fehlendem Wohnraum in Flensburg
6.000 (!) Wohnungen, müssten bis 2023 neu gebaut werden, um den steigenden Bedarf in Flensburg abzudecken. D. h. pro Jahr etwa 850 Wohnungen. Und um den Verlust der Wohnungen abzudecken, die in den kommenden Jahren aus der Sozialbindung herausfallen, müsste der Anteil der Sozialwohnungen beim Neubau mindestens 25% betragen. Kaum vorstellbar beim derzeitigen Bautempo
Dazu auch ein Beitrag von Holger Ohlsen vom 26. Oktober 2015 im Flensburger Tageblatt
Zu wenig günstiger Wohnraum : Es fehlen 1000 Wohnungen in Flensburg unter: http://www.shz.de/lokales/flensburger-tageblatt/es-fehlen-1000-wohnungen-in-flensburg-id11043281.html
Zum gleichen Thema auch ein AKOPOL-Beitrag mit Daten, Zahlen und Fakten vom 20.01.2016: Am Bedarf vorbeigebaut: Flensburg braucht eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft! unter:
https://akopol.wordpress.com/2016/01/20/am-bedarf-vorbeigebaut-flensburg-braucht-eine-kommunale-wohnungsbaugesellschaft/
Veröffentlicht am 3. Mai 2016, in Daten und Zahlen, Flensburg News, Rat & Ausschüsse, Stadtplanung. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 13 Kommentare.
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