Kehrtwende in der Flensburger Wohnungsbaupolitik? Nichts anderes als propagandistische Weißwäscherei!
Am 27.11. erschien im Flensburger Tageblatt ein aufschlussreicher Beitrag von Joachim Pohl über die Bemühungen der Stadt Flensburg angesichts der sich zuspitzenden Wohnungsnot in der Stadt neue Mehrgeschosswohnungen anstatt Eigenheime zu bauen. Dabei wurde insbesondere der Leiter des Flensburger Planungabteilung, Dr. Peter Schroeders zitiert, der sogar eine Kehrtwende der Stadt bei der bisherigen Wohnungsbaupolitik andeutete und aktuell den Bau von 150-170 Mehrgeschosswohnungen in Groß-Tarup ankündigte. (Den Artikel gibt es unter dem Titel Mehrgeschossige Bauten – Mietwohnungen statt Eigenheime auf shz.de unter: http://www.shz.de/lokales/flensburger-tageblatt/mietwohnungen-statt-eigenheime-id11333491.html ) Zu diesem Zeitungsbeitrag und den Ausführungen von Dr. Peter Schroeders nun ein
Kommentar von Jörg Pepmeyer
Propagandistische Weißwäscherei!
Angesichts der desolaten Wohnungsituation will Herr Dr. Schroeders der Öffentlichkeit weismachen, dass es tatsächlich eine Kehrtwendung in der Wohnungsbaupolitik in Flensburg gibt. Das ist völliger Unsinn! Es ist nämlich interessant, dass er noch im Frühling 2013 entgegen der Forderung der AKOPOL-Fraktion vehement eine feste Quote von Sozialwohnungen beim Wohnungsneubau in Flensburg ablehnte. Er begründete dies damit, dass der „Markt“ in der Lage sei, die in der Zielgruppenorientierten Wohnungsmarktanalyse von 2013 geforderte Zahl von 6.000 Wohneinheiten mit einem Anteil von etwa 25% Sozialwohnungen bis 2025 zur Verfügung zu stellen. Dieses Versprechen von Herrn Dr. Schroeders hat der „Markt“ jedoch nicht ansatzweise eingehalten. Warum auch?
Beim Bautempo der letzten zwei, drei Jahre bräuchte man jedoch noch mehr als 15 Jahre, um die angepeilte und notwendige Anzahl von Wohnungen in Flensburg fertig zu stellen. Viel zu lang, um der schon jetzt akuten Wohnungsnot in Flensburg Herr zu werden. Nun sollen in Groß-Tarup anstatt Eigenheimen möglicherweise 150-170 Mehrgeschosswohnungen gebaut werden. Der rechnerische Vorteil ist gering und wie viele Sozialwohnungen konkret darunter sein sollen, darauf mochte oder konnte sich Dr. Schroeders nicht festlegen. Andererseits brüstete sich der SBV als gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft in der Ausgabe des Flensburger Tageblattes vom 27.11. mit der Fertigstellung von Edel-Mietwohnungen am Wasserturm, bei denen die Quadratmeter-Miete bei 9 Euro kalt liegt. Unbezahlbar für Menschen mit kleineren und selbst durchschnittlichen Einkommen in Flensburg. Ärgerlich, dass dafür sogar ehemals in städtischem Besitz befindliche Bauflächen zur Verfügung gestellt wurden.
Was soll also diese propagandistische Weißwäscherei von Herrn Dr. Schroeders? Offensichtlich scheuen sich die Verwaltung und die Kommunalpolitiker den Investoren und Akteuren aus der Bau- und Wohnungswirtschaft wirklich auf die Füße zu treten und mehr Engagement im Wohnungsbau und eine feste Quote von Sozialwohnungen zu verlangen. Ausgerechnet die Flensburger SPD hat zudem maßgeblich dazu beigetragen, dass ein in dieser Hinsicht wirklich sinnvoller Antrag der LINKEN zur Gründung einer neuen kommunalen Wohnungsbaugesellschaft vor kurzem im Hauptausschuss von der Mehrheit der Ausschussmitglieder auf die lange Bank geschoben wurde. Lediglich die WiF unterstützte das Anliegen der LINKEN
Pointiert ausgedrückt könnte man daraus schlussfolgern, dass die Kommunalpolitiker mehrheitlich ein offensichtliches Interesse an der Zuspitzung sozialer Konflikte in Flensburg haben und zwar zugunsten privatwirtschaftlicher Interessengruppen. Wenn dem so ist, sollten sie sich aber nicht wundern, wenn nicht nur die von Wohnungsnot betroffenen Menschen in dieser Stadt ihnen bei der nächsten Kommunalwahl die Rote Karte zeigen und auch sonst ihren Widerstand gegen eine derartig verlogene Politik organisieren.
Zur Begründung des Antrages der LINKEN ein AKOPOL-Beitrag vom 23.10.2015 DIE LINKE in Flensburg beantragt Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft unter https://akopol.wordpress.com/2015/10/23/die-linke-in-flensburg-beantragt-gruendung-einer-kommunalen-wohnungsbaugesellschaft/
Zum Antrag der LINKEN siehe auch den Beitrag auf shz.de von Joachim Pohl vom 22.11.2015 Steigende Zahl der Asylbewerber – Flensburg braucht 6000 neue Wohnungen unter http://www.shz.de/lokales/flensburger-tageblatt/flensburg-braucht-6000-neue-wohnungen-id11286831.html
Mehr zur Situation auf dem Flensburger Wohnungsmarkt auch
im AKOPOL-Beitrag vom 6.10.2015 Flensburg: Kommunale Wohnungsbaugesellschaft gründen! – Dramatische Situation auf dem Wohnungsmarkt zwingt zum Handeln unter: https://akopol.wordpress.com/2015/10/06/flensburg-kommunale-wohnungsbaugesellschaft-gruenden/
auf shz.de vom 6.10.2015 Kampf um bezahlbaren Wohnraum – Wohnungen in SH: Gemeinden suchen dringend Unterkünfte für Flüchtlinge unter http://www.shz.de/schleswig-holstein/wirtschaft/wohnungen-in-sh-gemeinden-suchen-dringend-unterkuenfte-fuer-fluechtlinge-id10884521.html
auf shz.de vom 03.04.2015 Ende der Mietpreisbindung – Flensburg: Sozialwohnungen werden knapp unter: http://www.shz.de/lokales/flensburger-tageblatt/flensburg-sozialwohnungen-werden-knapp-id6181621.html
sowie ein Beitrag in der taz vom 8.8.2015 Neugründung Wohnungsbaufirma – Dresden baut staatlich unter: http://www.taz.de/!5218576/
Dass angeblich die deutschen Bauvorschriften den Neubau von Sozialwohnungen extrem verteuern, ist nicht richtig. Es hat in Deutschland eher was damit zu tun, dass Investoren und Banken ordentlich am Wohnungsbau verdienen wollen. Wie es anders geht und warum es in Deutschland so ist, wie es ist, beschreibt ein taz-Artikel von Cristoph Villinger vom 11.11.2012 und nennt als Gegenbeispiel Salzburg:
Sozialer Wohnungsbau – 4,78 Euro pro Quadratmeter
In Deutschland gilt sozialer Wohnungsbau als zu teuer. Ein Modell aus Österreich zeigt, dass es geht: nachhaltig niedrige Mieten, ohne Banken, mit Balkon. Unter: http://www.taz.de/!5079802/
Wie man es von Anfang an richtig machen kann, zeigt der Beitrag auf tagesschau.de Vorbild “Wiener Modell” Suchst du noch oder wohnst du in Wien?
Wohnungsnot? Nicht in Wien. Die Stadt an der Donau ist der größte Immobilienbesitzer Europas und setzt seit Jahrzehnten auf soziales Wohnen. https://www.tagesschau.de/ausland/wohnen-in-wien-101.html
Ein ausführlicher Artikel zum sozialen Wohnungsbau in Wien auch in der Zeitschrift Brand Eins, Ausgabe 10/15 Sozialer Wohnungsbau – Wien, Du hast es besser
Österreichs Hauptstadt fördert seit fast hundert Jahren den sozialen Wohnungsbau. Die Ergebnisse können sich sehen lassen. unter: http://www.brandeins.de/archiv/2015/immobilien/wien-du-hast-es-besser/
Und dass das Wohnungsproblem in Flensburg nicht neu ist, zeigt der untenstehende AKOPOL-Beitrag vom 6.4.2013: Zielgruppenorientierte Wohnungsmarktanalyse Flensburg: Immer weniger Wohnungen für Menschen mit kleinen Einkommen Zukünftig dramatische Verschärfung der Situation auf dem Flensburger Wohnungsmarkt – Studie fordert mehr Engagement im sozialen Wohnungsbau unter: https://akopol.wordpress.com/2013/04/06/zielgruppenorientierte-wohnungsmarktanalyse-flensburg-immer-weniger-wohnungen-fur-menschen-mit-kleinen-einkommen/
Veröffentlicht am 28. November 2015, in Daten und Zahlen, Flensburg News, Rat & Ausschüsse, Stadtplanung, Wirtschaft. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 16 Kommentare.
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