Stadtwerke Flensburg: Zwei Schritte vor, einer zurück

AKOPOL-Fraktion fordert mehr Transparenz und Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Stadtwerke-Strategiedebatte!

Es ist schon erstaunlich, während Maik Render als neuer Chef der Stadtwerke die Altlasten seines Vorgängers mit Riesenschritten erfolgreich entsorgt und die strategische Neuausrichtung des kommunalen Energieversorgers vorantreibt, haben andere Akteure nichts Besseres zu tun, als die Stadtwerke in der Öffentlichkeit wieder blass aussehen zu lassen. Geradezu peinlich ist die auch durch Zutun des Aufsichtsratsvorsitzenden der Stadtwerke, Rolf Helgert, erfolgte Anzeige gegen Unbekannt wegen Geheimnisverrat. Die hatten namentlich der Flensburger Oberbürgermeister Simon Faber und Maik Render in der ersten Juli-Woche bei den zuständigen Justizbehörden eingereicht, um das Durchsickern interner Stadtwerke-Informationen an die Öffentlichkeit und die Medien zu stoppen. Besonders klug und förderlich für das Ansehen der Stadtwerke und der Beteiligten war das aber nicht. Denn das Echo hierzu in der Tagespresse war geradewegs vernichtend. (1)

Nicht nur Helgert, der bei der öffentlichen Berichterstattung über die internen Vorgänge bei den Stadtwerken keine besonders gute Figur machte, erhofft sich aber damit wohl mehr Ruhe an der Heimat-Front. Jetzt sollen, so wünscht man sich, staatsanwaltliche Ermittlungen folgen, um den sogenannten Whistleblowern auf die Schliche zu kommen, die den öffentlichen Medien interne Informationen über die Stadtwerke zuspielten, die man in der Gesellschafterversammlung und dem Aufsichtsrat lieber unter der Decke gehalten hätte. Und es soll vor allem ein klares Signal an die Öffentlichkeit gesendet werden, das shz-Redakteur Holger Ohlsen in seinem Standpunkt folgendermaßen kommentierte: „Insofern ist die Anzeige gegen Unbekannt – weil die Erfolgsaussicht gen Null tendiert – weniger eine klare Ansage als eine klare Aussage: Weiter so! Mit Intransparenz.“

Helgerts hilfloser Umgang mit Kritikern der jahrelangen Misswirtschaft bei den Stadtwerken gipfelte konsequenterweise auf der letzten Ratsversammlung denn auch in persönlichen Angriffen gegen AKOPOL-Ratsherr Jörg Pepmeyer. Der hatte nämlich noch mal den Verlust der Stadtwerke aus dem Jahr 2009 von 2,65 Mio. Euro zum Anlass genommen, um auf die eigenartige Öffentlichkeitspolitik des ehemaligen Stadtwerke-Vorstandes um Matthias Wolfskeil und des Aufsichtsrates hinzuweisen. Helgert warf daraufhin Jörg Pepmeyer vor, dass dessen Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen und er die Flensburger Bevölkerung belügen würde. Dumm für Helgert, dass beide Geschäftsberichte der Stadtwerke Flensburg aus dem Jahr 2010 und 2009 den von Pepmeyer genannten Verlust bestätigen, so heißt es in der Gewinn- und Verlustrechnung  (G & V) auf S. 54 des Geschäftsberichtes 2009 der Stadtwerke (Konzern) unter Position 21. Jahresfehlbetrag/-überschuss 2009 in EUR:2.654.819,08 und in der Bilanz der Stadtwerke (Konzern) heißt es sogar auf S. 53 des Geschäftsberichtes unter Position IV. Jahresfehlbetrag/Bilanzgewinn 2009 in EUR:2.814.752,23. Somit ist der in der Stadtwerke-Bilanz ausgewiesene Verlust sogar noch um 160.000 Euro höher. (2)

Was aber viel schwerer wiegt, ist die Tatsache, dass mehrheitlich die Mitglieder der seit einigen Monaten tagenden Stadtwerke-Strategie-Arbeitsgruppe offensichtlich eine Heidenangst davor haben, Vertreter der AKOPOL-Fraktion an den Beratungen der Arbeitsgruppe zu beteiligen. Während überraschenderweise der Fraktionsvorsitzende der CDU, Dr. Frank Markus Döring und Meike Bruhns, Fraktionsvorsitzende der FDP, wie aber auch Oberbürgermeister Simon Faber sich für eine Beteiligung von AKOPOL stark machten, wird vor allem von den Vertretern des SSW, der SPD und der WIF ohne auch nur ansatzweise eine plausible Erklärung anzubieten, weiterhin gemauert. Pikanterweise ist dieses Vorgehen noch nicht mal durch die Kommunalverfassung abgedeckt. So ist diese Arbeitsgruppe nur ein rein informelles Gremium, das keinerlei institutionelle oder Beschlussrechte hat, sondern nur Empfehlungen abgeben kann. Derartige Arbeitsgruppen gibt es auch in anderen Zusammenhängen der Flensburger Kommunalpolitik. Dort ist die AKOPOL-Fraktion jedoch überall vertreten. Anders ausgedrückt, man sperrt die AKOPOL-Fraktion ohne jede rechtliche Grundlage willkürlich aus den Beratungen der Stadtwerke-Arbeitsgruppe aus.

Besonders ärgerlich ist daran, dass ausgerechnet Erika Vollmer, WIF-Fraktionschefin und Hauptausschuss-Vorsitzende auf der letzten Hauptausschuss-Sitzung vor den Sommerferien dieses undemokratische und verfassungsrechtlich zweifelhafte Vorgehen vehement verteidigte.

Ebenso wenig ist von einer weiteren öffentlichen Debatte die Rede. Die Forderung von AKOPOL, auch die BürgerInnen der Stadt in diese Debatte und die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen, wird geradezu ignoriert. So sollen am 22.8.2011 die Ergebnisse der Arbeitsgruppe auf einer interfraktionellen Sitzung vorgestellt werden. Gleichzeitig soll aber auch eine bereits zum gleichen Thema von der Arbeitsgruppe vorbereitete Ratsvorlage vorgestellt und diskutiert werden, die jedoch den Mitgliedern der Rats-Fraktionen offiziell erst am 19. August zugänglich gemacht wird, während die Mitglieder der Arbeitsgruppe und die Fraktionsvorsitzenden von SSW, CDU, SPD, WiF, DIE LINKE, Grünen und FDP vorab darüber verfügen werden. Bereits am 1. September soll dann auf der Ratssitzung per Ratsbeschluss die künftige strategische Ausrichtung der Stadtwerke festgelegt werden.

Damit wird es definitiv nicht möglich sein, die interessierte Öffentlichkeit noch mal an der Debatte und Entscheidungsfindung zur strategischen Neuausrichtung der Stadtwerke  zu beteiligen oder sie vor dem entscheidenden Ratsbeschluss umfänglich zu informieren. Tatsächlich werden damit auch alle Chancen für eine öffentliche und demokratische Debatte zur unternehmerischen und energiewirtschaftlichen Zukunft der  Stadtwerke vertan. Ganz davon abgesehen, dass man innerhalb von noch nicht mal 11 Tagen in den Fraktionen kaum eine qualifizierte Debatte über die von der Arbeitsgruppe vorgeschlagene Strategiekonzeption wird führen können.

Die AKOPOL-Fraktion wird deshalb auf der Ratssitzung am 1. September für die bereits angekündigte Stadtwerke-Beschlussvorlage 1. Lesung beantragen. Wir werden ebenso wenig einer Ratsvorlage zustimmen, an deren vorbereitenden Beratungsprozess wir nicht umfänglich beteiligt wurden und die offenbar im Hauruck-Verfahren ohne eine öffentliche Debatte durchgepeitscht werden soll. Wir fordern weiterhin, die BürgerInnen dieser Stadt mindestens im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung umfänglich zu informieren.

Jörg Pepmeyer AKOPOL-Fraktion

(Siehe hierzu ebenfalls auf shz-online vom 12.7.2011: Akopol: „Das ist Fraktionsmobbing“ unter: http://www.shz.de/nachrichten/lokales/flensburger-tageblatt/artikeldetails/browse/1/article/218/akopol-das-ist-fraktionsmobbing.html )

(1) Mehr zur Anzeige gegen Unbekannt auf  shz-online vom 8.7.2011: http://www.shz.de/artikel/article//faber-render-und-die-whistleblower.html bzw. der Beitrag untenstehend:

Faber, Render und die Whistleblower – Anzeige gegen Unbekannt: Oberbürgermeister und Stadtwerke-Direktor wollen Nachrichten-Leck stopfen

von Holger Ohlsen

Es ist eine klare Ansage, wenn der Oberbürgermeister und der Geschäftsführer der Stadtwerke gegen die Kontrollgremien des kommunalen Unternehmens Strafanzeige erstatten. Irgendwo im Aufsichtsrat oder in der Gesellschafterversammlung gibt es ein Leck, aus dem Informationen an die Öffentlichkeit dringen, die man lieber unter dem Deckel halten möchte. In dem dieser Anzeige zu Grunde liegenden Fall geht es um Informationen über die seltsame Doppelfunktion des Walter Baar. Der war sowohl Leitender Angestellter an der Batteriestraße als auch externer Dienstleister. Und das hat ihm neben einem fürstlichen Manager-Salär von täglich 1250 Euro auch noch Millionenaufträge in die Bücher gespült. Nicht nur die Personalie Baar drang durch dieses Leck nach außen. Details über das jetzt gerade mit Millionenverlusten abgeschriebene Ventspils-Projekt waren ein nicht minder großes Ärgernis für die Verwalter der öffentlich so gern als „Bürgerkraftwerk“ gepriesenen Stadtwerke. Nur so erfuhr die Öffentlichkeit, was keiner ihrer gewählten Vertreter öffentlich gesagt hätte. Der damalige Oberbürgermeister nicht und der damalige Stadtwerke-Geschäftsführer schon gar nicht. Wie man die Kieler Kommunalaufsicht austrickste zum Beispiel, obwohl die in einem – nur intern erhältlichen Papier – eindringlich vor dem Abenteuer gewarnt hatte. Oder wie sich der Aufsichtsrat der Aufsichtspflicht für das undurchschaubare und mit großen Risiken behaftete Geflecht von Stadtwerke-Ausgründungen per Mehrheitsbeschluss entledigte. Ärgerlich daran war nicht, dass durch die Veröffentlichung den Stadtwerken irgendein Schaden entstanden wäre. Ärgerlich daran war, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entstand, dass die gewählten Vertreter mit der Kontrolle komplexer Strukturen – mal ganz vorsichtig gesagt – reichlich überfordert waren.

Menschen, die aus Gewissensgründen Nichtöffentliches öffentlich machen, heißen „Whistleblower“. Sie sind Bestandteil der demokratischen Informationskultur und in einigen Staaten sogar vor Verfolgung geschützt. Man hätte also den Ärger über ein notwendiges Übel schlucken und zur Tagesordnung übergehen können. Hat man aber nicht. Insofern ist die Anzeige gegen Unbekannt – weil die Erfolgsaussicht gen Null tendiert – weniger eine klare Ansage als eine klare Aussage: Weiter so! Mit Intransparenz.

(2) Stadtwerke Flensburg: GB 2009, S. 53, Bilanz Stadtwerke Konzern unter Position IV. Jahresfehlbetrag/Bilanzgewinn 2009 in EUR: -2.814.752,23 Vorjahr in EUR: 1.821.881,30

Und ebenfalls im GB 2009, S. 54, Stadtwerke Konzern Gewinn- und Verlustrechnung unter Position 21. Jahresfehlbetrag/-überschuss 2009 in EUR: -2.654.819,08 Vorjahr: 4.970.045,83 Euro

Sinnigerweise wurde im GB 2009 der Stadtwerke die letzte Position in der G & V unter Position 24. Konzernbilanzgewinn für das Jahr 2009 nicht ausgefüllt, es findet sich einfach nur ein leeres grünes Feld!

Das entspricht natürlich nicht den allgemeinen Regeln bei der Veröffentlichung der Bilanz kommunaler Unternehmen und wurde im Geschäftsbericht 2010 dann auch schleunigst geändert. So heißt es nun im GB 2010 auf S. 50 Gewinn- und Verlustrechnung Stadtwerke Konzern unter Position 26. Konzernbilanzgewinn: 2010 in EUR 4.766.374,27 Vorjahr in EUR -2.814.752,23

Auch die Ergebnisse der Tochtergesellschaften und Beteiligungen der Stadtwerke wurden auf S. 51 im GB 2010 diesmal transparent und klar dargestellt.

Zu den Geschäftsberichten 2009 und 2010 der Stadtwerke geht es hier: GB2009 und  GB2010

Über akopol

Netzwerk für mehr Öffentlichkeit, Transparenz und Demokratie in Flensburg

Veröffentlicht am 10. Juli 2011 in Bürgerbeteiligung, Flensburg News, Stadtwerke, Stadtwerke Flensburg, Wirtschaft und mit , , getaggt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 2 Kommentare.

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